Ob Proberäume, Ateliers, Studios, Werksstätten, Aufführungs- oder Ausstellungsräume - es herrscht in der Stadt Raumbedarf für die freie Kulturszene. "Die Situation spitzt sich leider zu", stellte Kulturreferent Achim Könneke in der jüngsten Sitzung des Kulturbeirates - ein Gremium aus Kultur- und Bildungsvertretern sowie Stadtratsmitgliedern - fest. Anlass war eine Online-Umfrage, die der Dachverband Freier Kulturträger zum Platzbedarf unter Kulturschaffenden gestartet hat. Wie Vorsitzender Ralf Duggen erläuterte, fehlen demnach mindestens 11 000 Quadratmeter. Dazu gibt es allerdings noch keine Vergleichszahl genutzter Flächen, denn es handelte sich um einen Zwischenbericht zur Umfrage.
In Zusammenhang mit Raumproblemen in Sachen Kultur ist auch das Thema Posthalle am Bahnhofrelevant. Die Halle soll bekanntlich dem Bismarckquartier mit Wohnungs- und Bürobauten weichen, der Mietvertrag endet im März 2023. Das Ende ist zumindest planerisch absehbar. Rund 200 Veranstaltungen - überwiegend Konzerte - mit rund 200 000 Besuchern finden dort jährlich statt. Doch mit der Halle würden nicht nur deren Veranstaltungen wegfallen, sondern auch der kulturelle und gewerbliche Mikrokosmos, der sich in den vergangenen elf Jahren um den Hallenbetrieb entwickelt hat: unter anderem Ateliers, Studios, Spieleangebote wie 3D-Minigolf, Proberäume für über 50 lokale Bands sowie der Jugendkulturtreff "Immerhin".
Über 10 000 Unterschriften für den Fortbestand des Hallen-Projektes
Wie dieses Paket zu erhalten beziehungsweise anderswohin zu transferieren ist, war eine der vielen Fragen in der Runde, die zwar nicht zu beantworten war, aber wenigstens diskutiert wurde. Zumindest ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Situation. Denn bislang vermisste Posthallenbetreiber Joachim "Jojo" Schulz eine Diskussion über die Hallenzukunft in der Öffentlichkeit und im Rathaus. Um diesbezüglich Druck zu machen,läuft seit Anfang April die Online-Petition "Posthalle retten", die der Posthallen-Förderverein initiiert hat. Dessen Vorsitzender Csaba Béke informierte, dass mittlerweile über 10 000 für den Hallen-Erhalt, an welcher Stelle auch immer, unterschrieben haben - rund ein Drittel davon aus Würzburg.
Béke versuchte deutlich zu machen, welch überregionale Bedeutung das Hallenangebot habe und zudem auch ein Anreiz für Studenten sei, hierher zu ziehen. Auch wenn es dem Förderverein in erster Linie um den Fortbestand der Halle gehe, für den man die Unterstützung der Stadt brauche, wäre es schön, wenn sich an einem Alternativstandort wieder ein ähnliches Umfeld wie am Bahnhof ansiedeln könne.
OB Schuchardt: "Wir nehmen das Anliegen ernst"
Oberbürgermeister Christian Schuchardt zeigte sich beeindruckt, ob des Interesses von außerhalb, das die Zahlen der Online-Petition widerspiegeln und sagte: "Wir nehmen das Anliegen ernst." Wie man mit dem jetzigen Angebot der Halle und ihres Umfelds umgehe, müsse auch den Stadtrat beschäftigen.
Eine Patentlösung oder -Idee hatte der OB natürlich nicht parat, brachte als Alternativstandort aber immerhin das Areal der leer stehenden Faulenberg-Kaserne in der Nürnberger Straße ins Spiel - mit all seinen Fragezeichen. Denn dort wird auch über eine Wohnbebauung nachgedacht, was mit einem Hallenbetrieb zu Konflikten führen könnte. Und noch gehört das Gelände der Stadt nicht, das Rathaus verhandelt seit längerem mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über den Erwerb.
Die Frage städtischer Untersützung noch offen
Der OB ließ anklingen, dass er sich eine städtische Unterstützung für ein neues Posthallen-Projekt vorstellen könne, ohne konkreter zu werden. Zuvor müsste laut Kulturreferent Könneke erst eine Bestandsaufnahme erfolgen, geklärt werden, wer welche Konzepte für ein neues Posthallenprojekt entwickle und in welcher Form die Stadt dabei ist.
Dass sie den Fortbestand des Posthallen-Konzeptes - und das an einem zentralen Ort - unterstütze, mahnte Stadtheimatpfleger Hans Steidle eindringlich an: "Wir brauchen junge Leute, die hierher kommen. Den Verlust der Posthalle können wir uns kulturell nicht leisten." Fazit: Wie's ausschaut, gibt's noch viel Raum- und Gesprächsbedarf.