Einen für Corona-Zeiten grenzwertigen Füllstand wies der Sitzungssaal im Ochsenfurter Rathaus bei der jüngsten Sitzung des Bauausschusses auf. Mit der ungewöhnlich hohen Zahl an Zuhörern habe die Verwaltung nicht gerechnet, sagte Bürgermeister Peter Juks (UWG) auf Nachfrage. Der Grund war ein interessantes Thema auf der Tagesordnung: ein Bürgersolarpark in Darstadt.
Dieser wäre, wenn er denn kommt, "einer der ganz großen Bürgersolarparks in Bayern", wie Thomas Hager von der Traunsteiner Firma Max Solar GmbH in seinem Vortrag erläuterte. Insgesamt rund 85 Hektar könnten auf zwei Flächen nördlich und südlich von Darstadt mit Solarmodulen bebaut werden. Ein schlauer Internet-Rechner sagt, dass das 119 Fußballfeldern entspreche.
Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen
Noch ist bezüglich des Projektes nichts entschieden. Die Vorstellung im Bauausschuss diene allein der Information, betonte Juks. Auf der Tagesordnung standen deshalb gleich noch Informationen zu zwei weiteren, ähnlichen Projekten: Es ging um die Erweiterung der schon bestehenden Photovoltaikfläche bei Erlach, und ein neues Projekt zwischen Ochsenfurt und Hopferstadt.
Beim Darstadter Projekt handelt es sich um die Flächen von 13 Verpächtern, auf denen die Firma Max Solar aufgeständerte Module errichten möchte. Für die mit etwa 70 Hektar deutlich größere Nordfläche sind 176 000 Module vorgesehen, die 30 000 Haushalte mit Solarstrom versorgen könnten, rechnete Thomas Hager vor. Die rund 16 Hektar große Südfläche könne mit 36 200 Modulen immerhin noch 6000 Haushalte versorgen. Hager spricht von einer Investition in Höhe von 50 Millionen Euro.
"Wir übernehmen das Risiko der Planung, und Egis ist unser Kunde", so Thomas Hager. Seine Firma arbeitet als Generalunternehmer mit der Energiegenossenschaft Egis zusammen, deren Vertreter Pascal Lang das Konzept der Bürgerbeteiligung vorstellte. "Jeder kann Mitglied werden, eventuell auch die Stadt", so Lang. Insbesondere spricht er die Bürger vor Ort an, die finanziell von dem Solarpark profitieren können sollen. Ein Anteil sei für 150 Euro zu haben, maximal 1000 Anteile würden pro Interessent vergeben. Die Genossenschaft sei nicht aufkaufbar, versicherte Lang. Sie würde nach Fertigstellung den Solarpark als Betreiberin übernehmen.
Das Vorhaben spielt sich Thomas Hager zufolge komplett außerhalb der "EEG-Komfortzone" ab. Das heißt: Der erzeugte Strom erhält keine garantierte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), muss sich also auf dem freien Markt behaupten. Damit belaste das Projekt die von den Verbrauchern zu zahlende EEG-Umlage nicht und entspreche dem Ziel des Gesetzgebers, vom staatlich subventionierten Solarstrom weg zu kommen. Der ins Netz eingespeiste Strom aus Darstadt würde über einen Handelspartner wie beispielsweise die Stadtwerke Würzburg an der Börse verkauft, der Betreiber erhält dafür wiederum eine Vergütung.
Auch kritische Fragen
Thomas Hager sieht nur Positives an Photovoltaikanlagen: Die Gewerbesteuer zum Beispiel, die den jeweiligen Gemeinden zugute komme. Außerdem seien sie in trockenen Gegenden wie der hiesigen von Vorteil, weil sie ähnlich einem Wald den Boden beschatteten. Bei Starkregen andererseits helfe die Tatsache, dass der Boden nicht umgegraben werde und sich eine Grasnarbe bilde, wo Wasser besser versickern könne. Durch den Verzicht auf Düngung - es ist eine Beweidung durch Schafe vorgesehen - werde die Nitratbelastung des Grundwassers reduziert, sagte Hager. Solarparks, meint der Projektentwickler selbstbewusst, seien "Hotspots der Biodiversität".
Die Mitglieder des Bauausschusses hatten dennoch auch kritische Fragen: Ob denn eine solche Nutzung hochwertiger Böden keine Verschwendung sei, wollte Bert Eitscheberger (SPD) wissen, der die Größe des Projekts "erschreckend" findet. Thomas Hager verwies auch hier auf den aus seiner Sicht hohen ökologischen Wert von Solarparks. Außerdem sei damit zu rechnen, dass durch aufgelassene Biogasanlagen und den dadurch sinkenden Bedarf an Mais wieder mehr landwirtschaftliche Flächen "frei" würden. Iris Eisenmann-Tappe (Grüne) möchte sichergehen, dass Elemente der Landschaftspflege wie etwa Hecken berücksichtigt und nicht nur "Alibi-Streifen" angelegt werden.
Rund ein Viertel der Darstadter Flur
Rosa Behon (CSU) wollte unter anderem wissen, ob eine Blendwirkung durch die Solarmodule zu befürchten sei. Thomas Hager versicherte, moderne Module seien entspiegelt und eine Blendung ausgeschlossen. Außerdem werde ein Blendgutachten erstellt. Für Barsom Aktas (UWG) ist wichtig, dass die Bürger das Projekt akzeptieren. "Die Anwohner müssen damit leben", sagte Aktas.
Bürgermeister Juks meinte, aus Diskussionen über erneuerbare Energien herausgehört zu haben, dass viele Bürger so etwas grundsätzlich sehr befürworten, aber nicht unbedingt vor ihrer eigenen Haustüre. Auch er weiß, dass das Projekt groß ist. Es umfasse flächenmäßig immerhin rund ein Viertel der Darstadter Flur, sagte er nach der Sitzung im Gespräch mit der Redaktion.
Stadt will von der Gewerbesteuer profitieren
Juks möchte, bevor die Verwaltung die nächsten Schritte einleitet, daher schriftlich darüber informiert werden, wie genau die Bürgerbeteiligung vonstatten gehen soll. Außerdem will er sicherstellen, dass ein Teil der Wertschöpfung bei der Stadt bleibt, nämlich in Gestalt der Gewerbesteuer. Dazu sei es nötig, dass der Betreiber seinen Sitz in Ochsenfurt habe. Erst, wenn diese Informationen schwarz auf weiß vorliegen, sollen die nötige Änderung des Flächennutzungsplans und zu einem späteren Zeitpunkt der Bebauungsplan auf die Tagesordnung kommen.
Das gleiche Prozedere soll für die beiden anderen Projekte gelten, die vorgestellt wurden: Die Firma Suntec aus Wolkshausen hat auf Erlacher Gemarkung östlich der A7 schon einen 1,8 Hektar großen Solarpark errichtet und möchte diesen nun gemeindeübergreifend erweitern, auf einer Fläche von insgesamt 30 Hektar. Davon entfallen aber nur zehn Hektar auf Erlacher Gemarkung, der Rest liegt auf Kaltensondheimer Gebiet. Die Firma Ulrich Wittfeld Consulting aus Bad Kissingen schließlich hat für einen Solarpark eine 20 Hektar große Fläche zwischen Ochsenfurt und Hopferstadt ins Auge gefasst.