Eine Stunde Sendezeit bekam der CSU-Kreisverband Würzburg-Land von TV Mainfranken vergangenen Freitag zugestanden. Jetzt schreitet die Medienaufsicht ein, denn der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) liegen etliche Beschwerden vor.
In der Kritik steht ein von der Partei produzierter Beitrag über den wohl "größten Starkbieranstich Nordbayerns", wie CSU-Kreisvorsitzender und Landrat Thomas Eberth dem Fernsehpublikum erklärte. Eberth hat die Sendung, die zwischen 19 und 20 Uhr europaweit über Satellit ausgestrahlt wurde, moderiert.
Der Bayerische Journalistenverband ist "entsetzt". Die Landtags-SPD spricht von einer "Grenzüberschreitung" und die beiden Medienräte von Bündnis90/Die Grünen sind "irritiert", wie es in einem Schreiben der Landtagsabgeordneten Stefanie Schuhknecht und Max Deisenhofer an BLM-Präsident Siegfried Schneider heißt. "Als Mitglieder des Medienrates möchten wir an dieser Stelle klarstellen, dass wir es nicht gutheißen, wenn der bayerischen Medienaufsicht – einer unabhängigen Aufsichtsbehörde - eine Nähe zur CSU nachgesagt wird, die aufgrund der derzeitigen Sachlage auch schwer zu widerlegen ist." Der Chef der Aufsichtsbehörde war im Kabinett Stoiber Kultusminister und später Chef der Staatskanzlei.
Studioleiter Pesch: "Sendung wurde ordnungsgemäß beantragt"
Gibt es diese Nähe zur CSU? Hinter vorgehaltener Hand fragen sich manche Medienräte schon, wie ein Sender derart agieren und den Beitrag einer Partei so übernehmen und ausstrahlen kann. Dabei hat Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion und Vorsitzender des Unterbezirks Würzburg-Land, BLM-Präsident Schneider noch vor der Ausstrahlung des CSU-Beitrags darauf hingewiesen, dass medienrechtliche Vorschriften verletzt würden und gefordert, die Sendung zu untersagen.
Der BLM war dabei durchaus bewusst, um was es geht. "Wir haben die konkrete Ablaufplanung schriftlich vorab eingereicht und die gesamte Übertragung offiziell und ordnungsgemäß beantragt", sagt Daniel Pesch, Geschäftsführer und Studioleiter von TV Mainfranken. "Das von der SPD im Vorfeld der Ausstrahlung geforderte Ausstrahlungsverbot wäre einer Zensur gleichgekommen", sagt BLM-Pressesprecherin Stefanie Reger auf Nachfrage dieser Redaktion.
Dabei ging die Aufsichtsbehörde davon aus, dass die Sendung "in redaktioneller Verantwortung von TV Mainfranken aufgezeichnet" wurde und der Sender dabei "maßgeblichen Einfluss, wie beispielsweise auf die Ablaufplanung oder auf Schnitte" hatte. Dagegen spricht aber, dass der Beitrag über den CSU-Starkbieranstich nicht vom Lokalsender produziert wurde, sondern von der Partei selbst, die damit einen Profi beauftragt hat.
Sender schickte CSU-Stadträtin zur Aufzeichnung
Bei der externen Aufzeichnung vor Ort war dann auch keine Redakteurin des Senders, sondern Eventleiterin Claudia Adam, die bei TV Mainfranken für Marketing und Verkaufsplanung zuständig ist. Das Pikante dabei: Adam sitzt für die CSU-Fraktion im Würzburger Stadtrat, ist Fraktionsgeschäftsführerin und hat auf örtlicher Ebene viele Funktionen inne.
Ist hier überhaupt noch eine professionelle journalistische Objektivität gewährleistet? Auf Nachfrage sagt Adam: "Im Gegensatz zu manchen Journalisten arbeite ich neutral." Bei der Aufzeichnung des CSU-Beitrags sei sie in ihrer Funktion als Eventleiterin dabei gewesen. "Das heißt, dass ich für den Ablauf vor Ort zuständig war und von redaktioneller Seite her vorab ausführlich und ausreichend gebrieft wurde, um eben eventredaktionell eingreifen zu können, wenn es nötig ist." Und sie habe auch eingegriffen, beispielsweise, wenn die "Wortwahl nicht passend war" oder bei Wahlaufrufen.
Michael Busch, Vorsitzender des Bayerischen Journalistenverbandes und Mitglied des Medienrates, kann darüber nur den Kopf schütteln. "Unser Verband setzt sich sehr für die Glaubwürdigkeit im Journalismus ein. Und dann macht ein Medienhaus das mit einer Stunde Lapidarfernsehen kaputt." Das Beispiel zeige auch, dass der Versuch einer Partei, das mediale Geschehen zu beeinflussen, erfolgreich sein kann, so Busch. "Diese CSU-Verflechtung spricht nicht für unabhängigen Qualitätsjournalismus", sagt Martina Fehlner, SPD-Landtagsabgeordnete aus Aschaffenburg und ebenfalls im Medienrat.
Die Medienaufsicht nimmt sich den umstrittenen Beitrag jetzt noch einmal vor. Denn nach einer ersten Sichtung sind "Indizien (gestalterischer und zum Teil auch inhaltlicher Art) aufgefallen, die geeignet sein könnten, den Verdacht einer unzulässigen Themenplatzierung durch Dritte zu erregen", sagt BLM-Pressesprecherin Reger. Ein formales Prüfverfahren werde eingeleitet und der Sender bekomme Gelegenheit, sich zu äußern.
Fernsehsender ist für Werbeverstöße bei der Medienaufsicht bekannt
Es ist nicht das erste Mal, dass TV Mainfranken, vorher als tv touring bekannt, Ärger mit den Medienwächtern hat. "In den letzten zehn Jahren wurden bezüglich der Rundfunkprogramme tv touring Würzburg bzw. TV Mainfranken 16 Werbeaufsichtsverfahren eingeleitet. In neun Fällen wurden die Verstöße mit einem Bescheid beanstandet", so die BLM-Sprecherin.
Senderchef Daniel Pesch wehrt ab und sieht im CSU-Beitrag keine "unzulässige Themenplatzierung durch Dritte". Dafür hätte die CSU bezahlen müssen, "was ausdrücklich nicht der Fall ist". Der CSU-Kreisverband wollte ursprünglich für die "Werbeminuten" (Kreisvorsitzender Thomas Eberth) mehr als 2000 Euro bezahlen. Durch Recherchen dieser Redaktion wurde dies der BLM bekannt, sie hat daraufhin beim Sender nachgefragt, die Ausstrahlung stand sogar auf der Kippe. Für Pesch steht mittlerweile fest: "Diese Ausstrahlung war ein einmaliges Projekt, das ich nicht fortsetzen werde."
Der Medienrat will sich am 25. März mit dem umstrittenen Beitrag beschäftigen. Die Sitzung kann ab 13.30 Uhr unter www.blm.de live verfolgt werden.
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Also, liebe Journalisten, wenn mal wieder "Partei" ergriffen wird, dann legt auch Euer Wahlverhalten in den Artikeln/Kommentaren offen, dann kommt das nicht so peinlich rüber und es ist von vornherein klar warum ein Kommentar oder ein Artikel arg hinkt!
Ihr steht doch so auf Transparenz....
Ich finde die Gründe von Herrn Pesch nachvollziehbar.
Aber seis drum...entrüstet euch nur weiter....
Für beide war es Negativ-Werbung außer vielleicht was die CSU-Fanbase betrifft. Allerdings gibt es bei denen eh keine Wählerstimmen mehr zu gewinnen, höchstens zu verteidigen.
Bei Interviews passt man auf, dass man nicht zu tief bohrt.
Erheiternd auch das muntere Geplapper des Finanzexperten der Sparkasse.
Unter Journalismus fällt das alles nicht. Insofern ist das Hofieren der Staatspartei etwas, das ins Bild passt. Das war wie die ganze Partei sterbenslangweilig.
"Wir brauchen keine Opposition, wir sind schon Demokraten."
Hätte zwar keiner zugeschaut weil alle auf dem Parteitag waren, aber es wäre jeder zuzfrieden gewesen.
Das Thema wird, wie Kollege Fritz richtig schreibt, von der Aufsichtsbehörde BLM streng verfolgt und im Medienrat diskutiert. Falls daraus eine Strafe resultiert, muss ich diese akzeptieren - denn wenn ich über eine rote Ampel fahren würde, stünde ich dafür ja auch gerade.
Abschließend darf ich noch etwas zu den erwähnten Werbeverstößen sagen: solche Verfahren sind in der lokalen TV- und Rundfunkszene keine Seltenheit und auch kein Indiz für eine unseriöse Unternehmenskultur. Dieser Umstand legitimiert solche Verstöße natürlich nicht. Jedoch steckt in den allerwenigsten Fällen ein Vorsatz dahinter, sondern meist Unachtsamkeit. Selbstverständlich konzentrieren wir uns bei TV Mainfranken darauf, derlei Fehler nicht zu machen.
Herzlichen Dank für Ihre Zeit.
Daniel Pesch, TV Mainfranken
Dass die begleitende Mitarbeiterin für die CSU im Stadtrat sitzt, ist korrekt. Ich verstehe natürlich, wenn das einen irritierenden Eindruck erzeugt und Fragen aufkommen lässt. Festhalten möchte ich jedoch, dass an ihrer Neutralität im Beruf noch nie Zweifel bestanden haben. Zudem hat nicht diese Mitarbeiterin, sondern ein Redaktionsmitglied die Sendung vor der Ausstrahlung als letzte Instanz in Augenschein genommen und daher auch mehrere problematische Stellen heraus geschnitten.
Teil 3, Fortsetzung >>
Allerdings: von einer Spezlwirtschaft kann überhaupt keine Rede sein! Wer das Programm von TV Mainfranken verfolgt, kann sich von der Ausgewogenheit gerade in politischen und sozialen Themenbereichen täglich überzeugen. Hier möchte und muss ich meine Mitarbeitenden in Schutz nehmen, die ihrer Arbeit ebenso leidenschaftlich wie objektiv nachgehen. Ich selbst gehörte und gehöre übrigens keiner Partei als Mitglied an.
Teil 2, Fortsetzung >>
lieber Herr Kollege Fritz,
nach dem heutigen Bericht klinke ich (Daniel Pesch) mich gerne aktiv in die Diskussion ein. Darin werden manche Vorwürfe erhoben, zu denen ich vorab leider nicht befragt wurde. Zu anderen konnte ich mich zwar äußern, meine Antworten wurden aber nur verkürzt berücksichtigt. Umso erfreulicher, dass die Mainpost über ihre Kommentarfunktion direkte Stellungnahmen erlaubt. Leider ist die Zeichenzahl begrenzt, weshalb ich das Posting in mehrere Teile splitte.
Möglicherweise hat die gesamte Berichterstattung inzwischen mehr Werbung für die CSU erzeugt (es muss ja keine positive sein) als der von uns übertragene Starkbieranstich. Aber im Ernst: ich finde es gut und richtig, dass Thomas Fritz dieses Thema aufgreift. Davon lebt differenzierter Lokaljournalismus, und das meine ich nicht sarkastisch.
Teil 1, Fortsetzung >>
Weiter so!
Die CSU hat’s versucht und ist so bis jetzt damit durchgekommen. Wenn das nicht korrekt war, dann halt Rechnung und gleiches Recht für alle Parteien. Bauernschlau war die CSU schon immer, also eigentlich nix Neues, auch der Neid, aber den muss man sich auch erst verdienen.
Wie hoch wären die Einschaltquoten bei einen SPD, FDP oder Grünen Starkbieranstich?