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Würzburg
Corona: Wann gibt es die Impfung für Kinder - und ist sie sinnvoll?
Sollten auch die Jüngsten gegen Covid-19 geimpft werden? Erste klinische Studien mit Jugendlichen laufen. Kinderarzt Johannes Liese erklärt, was dafür, was dagegen spricht.
Wann können auch Kinder gegen Covid-19 geimpft werden? Experten rechnen mit den ersten zugelassenen Impfstoffen für Kinder und Jugendliche spätestens im nächsten Jahr (Symbolfoto).
Foto: Thinkstock | Wann können auch Kinder gegen Covid-19 geimpft werden? Experten rechnen mit den ersten zugelassenen Impfstoffen für Kinder und Jugendliche spätestens im nächsten Jahr (Symbolfoto).
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

Noch gibt es keinen zugelassenen Impfstoff für Kinder gegen das Coronavirus. Doch die ersten Pharmahersteller beginnen, junge Menschen in ihre laufenden klinischen Studien aufzunehmen. An einer aktuellen Studie mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer nehmen Probanden zwischen zwölf und 16 Jahren teil. Die grundsätzliche Frage: Sollten auch Kinder und Jugendliche geimpft werden, um nicht an Covid-19 zu erkranken? Das sagt Professor Johannes Liese, Leiter der Infektiologie und Immunologie an der Universitätskinderklinik in Würzburg.

Frage: Halten Sie es für sinnvoll, Kinder gegen das Coronavirus impfen zu lassen?

Johannes Liese: Ja, ich halte die Impfung für sinnvoll, sobald ein Impfstoff für Kinder zugelassen ist. Es gibt auch bei Kindern und Jugendlichen Komplikationen, wenn sie an Covid-19 erkranken. Sie sind zwar selten, aber es gibt sie.

Was sind das für Komplikationen?

Liese: Bei Kindern zwischen etwa fünf und 15 Jahren tritt weltweit immer häufiger das "multisystemische inflammatorische Syndrom" als Spätfolge von Covid-19 auf. Das ist eine schwere Entzündungserkrankung. Häufig betroffen sind der Magen-Darm-Trakt, das Herz, die Haut, die Leber oder das Gerinnungssystem. An die Universitätskinderklinik Würzburg haben wir vier Kinder, die daran erkrankt waren und jetzt noch zur Nachbetreuung kommen.

Werden diese Kinder wieder gesund?

Liese: Die Prognose ist in der Regel gut. Aber der Verlauf der Krankheit ist langwierig.

Ist die die britische Variante, die Mutation B.1.1.7., gefährlicher für Kinder als das ursprüngliche Coronavirus? 

Liese: Bezogen auf das Ansteckungsrisiko ja. Die Varianten des Coronavirus sind 30 bis 40 Prozent ansteckender. Natürlich hat das einen Effekt auf die Übertragung in Kindergärten und Schulen. Bei Reihentestungen in Kitas oder auch beim Screening an der Uniklinik waren kleine Kinder bisher extrem selten Corona-positiv: im Schnitt bei zwei oder drei von 1000 Tests. Das scheint sich gerade zu ändern. Es stecken sich mehr Schulkinder, aber auch mehr Kitakinder an als bisher.

Prof. Dr. med. Johannes G. Liese leitet den Bereich pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Kinderklinik der Uniklinik Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Prof. Dr. med. Johannes G. Liese leitet den Bereich pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Kinderklinik der Uniklinik Würzburg.
Erkranken die betroffenen Kinder auch schwerer?

Liese: Abgesehen von Einzelfällen: nein. Die meisten Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen verlaufen als leichter grippaler Infekt der oberen Atemwege oder sogar völlig symptomfrei.

Ist eine Impfung bei Kindern dann überhaupt gerechtfertigt, wenn das Risiko, schwer zu erkranken, für sie so gering ist?

Liese: Das Risiko ist ähnlich hoch wie bei den Masern: Hier kommt es in einem von 1000 Fällen zu einer schweren Hirnhautentzündung. Die schwere entzündliche Erkrankung nach Covid-19 tritt bisher etwa bei einem von 1000 bis 5000 Kindern auf. Das Risiko ist zwar gering. Wenn man aber davon ausgeht, dass zum Beispiel 100 000 Kinder eine Coronainfektion durchmachen, dann sind schon 20 bis 100 Kinder betroffen. Durch eine Impfung könnten wir dieses Risiko reduzieren.

Warum dauert es länger, bis ein Corona-Impfstoff für Kinder zugelassen wird?

Liese: Die Impfstoffe sind bei Erwachsenen auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit getestet worden. Sie müssen jetzt an jüngeren Altersgruppen überprüft werden. Im Moment laufen Studien mit Zwölf- bis 16-Jährigen. Danach kommen Grundschulkinder, dann Kindergartenkinder und zuletzt Krippenkinder an die Reihe.

Reagiert ein Kleinkind anders auf einen Impfstoff als ein Jugendlicher?

Liese: Bei den über Zwölfjährigen ist die Reaktion des Immunsystems in der Regel ähnlich wie bei Erwachsenen. Viele Geimpfte haben eine Rötung an der Einstichstelle und leichte grippale Symptome. Bei Kindern unter zwölf Jahren verläuft eine Sars-Cov-2-Infektion meist leichter. Ob deswegen Coronaimpfstoffe bei Kindern auch besser vertragen werden, kann man nicht voraussagen. Man muss die Sicherheit und die Wirksamkeit von Impfstoffen in der Altersgruppe der Kinder ebenso genau untersuchen wie in der Altersgruppe der Erwachsenen.

Sollte man Kinder, die vorerkrankt sind, jetzt schon impfen - auch wenn noch kein Impfstoff für Kinder zugelassen ist? Wäre ein "Off-Label Use" möglich? 

Liese: Ab dem Alter von 16 Jahren können Jugendliche mit Lungenerkrankungen bereits jetzt geimpft werden. Bei Kindern, die eine Grunderkrankung, etwa am Herzen oder an der Lunge haben, kann eine Impfung im Einzelfall auch außerhalb der Zulassung sinnvoll sein. Es erfordert eine sorgfältige Aufklärung. Die Entscheidung müssen die Eltern und der betreuende Kinder- und Jugendarzt gemeinsam treffen.

Wann rechnen Sie mit der Zulassung von Corona-Impfstoffen für Kinder?

Liese: Wenn es gut läuft, können wir im Herbst mit den ersten Impfstoffen für Zwölf- bis 15-Jährige und im Laufe des nächsten Jahres mit Impfstoffen für die jüngeren Kinder rechnen. Dann ist es wichtig, die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte mit ins Boot zu holen, zu denen die Eltern Vertrauen haben. Attraktiv für Kinder, die ja in der Regel viel engere Kontakte zu Gleichaltrigen haben als Erwachsene, werden Impfstoffe sein, die man nur einmal geben muss: Damit könnten große Teile der jungen Bevölkerung schnell immunisiert werden und so die weitere Ausbreitung des Virus verhindert werden.

 
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