Die Coronazahlen an den Würzburger Schulen steigen weiter, doch die bayerische Staatsregierung hat mit Blick auf die milderen Omikron-Verläufe und das - wie sie betont - "hohe Schutzniveau an Schulen" ihre Strategie geändert. Ziel ist es, so heißt es in einem Schreiben auf der Homepage des Gesundheitsministeriums, den Präsenzunterricht an den Schulen auch bei hohen Zahlen weiter aufrecht zu erhalten.
Für Schulleiter Martin Weinert vom Würzburger Matthias-Grünewald-Gymnasium ist klar, dass die neue Regelung an den Schulen für mehr Übersicht sorgt. "Auch wenn es einen Mehraufwand für die Schulleitungen bedeutet, halte ich die Maßnahmen für sinnvoll."
Die Kontaktnachverfolgungen fallen zum großen Teil weg, ebenso wie die strengen Quarantäneregeln für Schüler und Schülerinnen, die Kontakt zu einer infizierten Person hatten. Durch die hohen Fallzahlen sei die Situation an seinem Gymnasium in den vergangenen Wochen sehr unübersichtlich gewesen, schildert Weinert. Die Ergebnisse von PCR-Tests seien teilweise erst Tage später da gewesen, wonach eine offizielle Quarantäne für Schüler, die Kontaktpersonen Infizierter gewesen waren, nicht angeordnet werden konnte. "Wir hatten also keine Möglichkeit, sie vom Unterricht nach Hause zu schicken."
Intensiviertes Testen in den Klassen
Jetzt wird auf ein "intensiviertes Testen" gesetzt. Weinert erklärt, dass nach einem positiven Fall in der Klasse generell nur die infizierte Person in Isolation geschickt wird. Alle negativ getesteten Kinder und Jugendlichen nehmen weiter am Unterricht teil, testen sich aber an den darauffolgenden fünf Schultagen täglich. Sollte ein weiteres Kind erkranken, setzt sich der Testmodus weiter fort.
Für Weinert eine praktikable Lösung, damit der Präsenzunterricht weiter aufrecht erhalten werden kann. Er erinnert auch an die Pool-Tests (Anm. d. Red.: die im PCR-Verfahren ausgewertet werden), die nach den Faschingsferien in die fünften und sechsten Klassen kommen. In den Grundschulen ist das schon seit dem neuen Schuljahr gängige Praxis. "Auch das bietet ein Stück Sicherheit mehr." Im Schulhaus hat Weinert zudem einen Testraum eingerichtet, in dem sich Schüler auch außer der Reihe testen können.
Was tun bei größeren Ausbrüchen?
Sollte es einen größeren Ausbruch in einer Klasse geben, kann den neuen Regelungen zufolge die Schulleitung selbst die Klasse in den Distanzunterricht schicken. Als Richtwert gilt die Abwesenheit von etwa der Hälfte der Schülerinnen und Schüler.
Dies war Ende der Woche bei einer seiner Klassen der Fall, berichtet Weinert. "Ich habe die Klasse komplett für fünf Wochentage in den Distanzunterricht geschickt." Das gelte dann auch für genesene, geimpfte oder geboosterte Kinder. Der Vorteil sei, dass es nun nicht mehr vorkomme, "dass ein Großteil der Schüler wegen Infektion und Quarantäne zuhause sitzt und nur noch vier Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen". Was den Distanzunterricht angeht, sei das Grünewald gut aufgestellt, "wir könnten bei Bedarf auch iPads an die Kinder verteilen".
Der Schulleiter weist aber darauf hin, dass Schüler und Schülerinnen mit Krankheitssymptomen sich auskurieren sollten, "der Distanzunterricht ist für diejenigen, die nicht infiziert sind und diejenigen, die keine Symptome zeigen".
Distanzunterricht ist nicht gleich Quarantäne
Auch Nikolaus Kocher, Schulleiter des Würzburger Röntgen-Gymnasiums und Dieter Schanzer, Schulleiter der David-Schuster-Realschule, halten die neuen Regelungen der Staatsregierung für praktikabel. "Es ist sinnvoll, wenn eine gewisse Anzahl an Infektionen überschritten ist. Das ist momentan der Fall", sagt Kocher.
Ähnlich wie Weinert sieht Kocher die Problematik, dass das Gesundheitsamt wegen zu hoher Fallzahlen überlastet ist. Auch PCR-Tests würden oft zu spät ausgewertet. Für Schanzer ist auch ausschlaggebend, "dass Omikron keine so schweren Verläufe zeigt", deshalb könne so gehandelt werden.
Was den Distanzunterricht angeht, "müssen wir mit gesundem Menschenverstand und pragmatisch handeln", findet Schulleiter Kocher. Allerdings, erklärt er, sei Distanzunterricht ganz klar von einer Quarantäneanordnung zu trennen. Was die Kinder also außerhalb des Online-Unterrichtes machten, sei für die Schule nicht ersichtlich. Quarantäne, so Kocher, könne nur durch das Gesundheitsamt angeordnet werden.
Ergänzend kann Quarantäne angeordnet werden
Wie es auf der der Homepage des bayerischen Gesundheitsministeriums heißt, sieht die neue Regelung vor, dass bei einer Häufung an Fällen der Schulleiter das Gesundheitsamt informiert. Dieses kann ergänzend alle Schülerinnen und Schüler der betroffenen Klasse als enge Kontaktpersonen einstufen und Quarantäne anordnen.
Während am Röntgen vermehrt Fälle zu verzeichnen sind, ist die David-Schuster-Realschule, wie Schanzer berichtet, "bisher von einem großen Ausbruch verschont geblieben". Insgesamt seien an der Schule momentan neun Kinder Corona-positiv. "Ich bin selbst erstaunt, dass es noch Klassen gibt, in denen alle da sind", so Schanzer.
Das intensivierte Testkonzept befürworten beide Schulleiter. Allerdings, weist Schanzer darauf hin , dass es auch vorkomme, "dass Schnelltests ein falsch positives Ergebnis bringen".
Mehr Handlungspielraum für Schulleiter war schon länger ein Thema
Wie Schulbürgermeisterin Judith Jörg berichtet, sei es schon länger Thema im Landesschulbeirat gewesen, dass Schulleiter sich mehr individuelle Freiheit bei der Handhabung mit Corona wünschten. Sie sehe es nicht als verkehrt an, so Jörg, schließlich hätten die Schulleiter den besten Blick auf ihre Klassen und seien viel näher dran am Geschehen.
Auch Schüler scheinen die neue Regelung des Ministeriums zu begrüßen: So heißt es von Paul aus der zehnten Klasse des Grünewald-Gymnasiums, dass er es gut findet, dass sein Schulleiter im Zweifel nun schnell agieren könne, schließlich habe er den Blick auf das Corona-Geschehen an der Schule.
Der stellvertretende Schülersprecher an der David-Schuster-Realschule weiß aus eigener Erfahrung, "wie hilflos man sich fühlt, wenn man eigentlich Kontaktperson ist, aber es keine klare Ansage vom Gesundheitsamt gibt". Die neue, greifbare Regelung findet er viel besser, denn er habe sich im Stich gelassen gefühlt.