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Würzburg
Corona-Kontrollen in Unterfranken: Wie viel Bußgeld kassiert wurde
Meist ermittelt die Polizei Corona-Vergehen. Aber auch Ordnungsämter müssen kontrollieren und es gibt Denunzianten. Wo in der Region am meisten Verstöße ermittelt wurden.
Der Polizei, wie hier im Hauptbahnhof Würzburg, obliegt die Kontrolle der Corona-Verordnungen. Aber auch die Ordnungsämter haben 'Befugnis und Auftrag' zur Kontrolle von Ordnungswidrigkeiten.
Foto: Heiko Becker | Der Polizei, wie hier im Hauptbahnhof Würzburg, obliegt die Kontrolle der Corona-Verordnungen. Aber auch die Ordnungsämter haben "Befugnis und Auftrag" zur Kontrolle von Ordnungswidrigkeiten.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:44 Uhr

Bayerns Bürger haben in der harten Lockdown-Zeit von 21. März bis 25. Mai in 57 502 Fällen gegen Corona-Verordnungen verstoßen. Das Gros von 44 553 machen Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen aus. Erfasst wurden außerdem bayernweit 12 258 Verstöße gegen das Verbot von Menschenansammlungen, 1249 Verstöße gegen das Veranstaltungsverbot, 830 Verstöße gegen die Maskenpflicht, 658 Verstöße gegen Betriebsstättenuntersagungen und 358 Quarantäne-Verstöße. Mitgeteilt hat diese Zahlen jetzt das Bayerische Innenministerium auf eine Anfrage des Nürnberger SPD-Abgeordneten Stefan Schuster hin. Dem Ministerium zufolge wurden allerdings nur 34 445 der insgesamt 57 502 Verstöße als Ordnungswidrigkeit eingestuft und davon wiederum nur 16 006 mit einem Bußgeld geahndet.

'Ohne triftigen Grund' durfte in der Zeit des Lockdowns kein Bürger seine Wohnung verlassen. Die Folge waren gähnend leere Innenstädte, Straßen und Autobahnen. Das Foto zeigt die A3 bei Heidingsfeld am Ostersonntag; einem normalerweise verkehrsreichen Tag. 
Foto: Heiko Becker | "Ohne triftigen Grund" durfte in der Zeit des Lockdowns kein Bürger seine Wohnung verlassen. Die Folge waren gähnend leere Innenstädte, Straßen und Autobahnen.

15 694 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten haben sich allein die Oberbayern in der harten Lockdown-Zeit eingehandelt. In den anderen sechs bayerischen Regierungsbezirken wurden  zusammen  18 751 Ordnungswidrigkeiten registriert. Nach den Oberbayern leisteten sich die Unterfranken die meisten Verfehlungen: Verglichen mit den anderen Regierungsbezirken missachteten sie am zweithäufigsten Corona-Verordnungen: Während des Lockdowns ließen sie sich 4725 Ordnungswidrigkeiten in Sachen Corona zu Schulden kommen.

1072 Mal haben laut Ministerium in Unterfranken Bürger zwischen März und Mai ihre Wohnungen „ohne triftigen Grund“ verlassen, 40 Mal haben sie unerlaubterweise Veranstaltungen durchgeführt oder an ihnen teilgenommen, 23 Mal wurde der Mindestabstand missachtet, drei Mal verbotenerweise ein Ladengeschäft und einmal ein Lokal geöffnet.

Auch kommunale Ordnungsämter können und sollen kontrollieren

Die meisten Verstöße gegen Corona-Auflagen hätten Polizisten erfasst, sagt Oberkommissar Andy Laake vom Präsidialbüro des Polizeipräsidiums Unterfranken: "Einfach deshalb, weil die Beamten ja ständig draußen unterwegs sind.“  Doch auch die jeweiligen Ordnungsämter der Städte, Kreise und Gemeinden hätten ebenfalls "Befugnis und Auftrag“ zur Kontrolle von Ordnungswidrigkeiten, sagt Laacke.

Friseure dürfen seit Anfang Mai wieder arbeiten, allerdings unter strengen Auflagen und nur mit aufwändigem Hygiene-Konzept: Im Bild die Würzburger Friseurmeisterin Angelique Vanselow bei einem Termin im Mai.
Foto: Heiko Becker | Friseure dürfen seit Anfang Mai wieder arbeiten, allerdings unter strengen Auflagen und nur mit aufwändigem Hygiene-Konzept: Im Bild die Würzburger Friseurmeisterin Angelique Vanselow bei einem Termin im Mai.

Dass die Ordnungsämter dabei auf "verdeckte Ermittler“ setzten, verweist die Sprecherin des Landratsamts Würzburg allerdings ins Reich der Legenden. "Uns wird öfter unterstellt, dass wir verdeckte Ermittler etwa in Bäckereien, Friseursalons, Kosmetikstudios oder Restaurants schicken mit der Absicht, durch provokantes Benehmen Mitarbeiter etwa zum Bedienen ohne Schutzmaske zu animieren“, berichtet Eva-Maria Schorno. Dem sei nicht so, das Landratsamt Würzburg schicke keine verdeckten Ermittler. Auch die Stadt Würzburg tut dies laut Sprecher Georg Wagenbrenner nicht: "Aber bei den Bürgern selbst gibt es ein gewisses Denunziantentum. Bei uns rufen, vielleicht aus Missgunst, vielleicht aus Pflichtgefühl, öfter mal Bürger an, die von Corona-Vergehen ihrer Nachbarn berichten.“ Diese Hinweisen prüfe man, sagt Wagenbrenner.

Kaum Personalkapazität: Kleine Gemeinden verlassen sich auf Polizei

Während etwa die Städte Würzburg oder Aschaffenburg zur Kontrolle von Corona-Verstößen auch Mitarbeiter ihres Kommunalen Ordnungsdienstes losschicken, müssen sich in Unterfranken viele andere Gemeinden auf die Präsenz der Polizei verlassen. "Ich bin gemeinsam mit nur einer weiteren Kraft fürs Ordnungsamt, fürs Standesamt und für alle Kindergarten-Angelegenheiten im Ort zuständig“, sagt beispielsweise die Verwaltungsmitarbeiterin einer kleineren Gemeinde. "Wie sollen wir da noch zu zweit zusätzlich Corona-Kontrollen laufen?“

Auch die Gemeinden Randersacker (Lkr. Würzburg) oder Volkach (Lkr. Kitzingen) geben auf Nachfrage an, dass sie Corona-Kontrollen personalbedingt der Polizei überlassen müssten. "Allein schon, was Abstandhalten und unerlaubtes Feuermachen am Main angeht, wären hier am überlaufenen Mainufer sicher noch mehr Kontrollen gut“, seufzt der Randersackerer Verwaltungsleiter Roland Drexel. Dabei sei die Polizei in den stets überfüllten Mainauen des Orts durchaus schon intensiv im Einsatz.

Corona-Bußgelder: Nicht für die Gemeinde-Kasse, sondern für den Staat

Bußgelder, die wegen Corona-Verstößen von kommunalen Ordnungsämtern erhoben werden, fließen übrigens nicht in den kommunalen Etat, sondern in die Bayerische Staatskasse. Wie viel Geld kommt etwa im Landkreis Kitzingen durch die Erhebung von Corona-Bußgeldern für den Freistaat zusammen? Diese Frage sei schwierig zu beantworten, erklärt Sprecherin Corinna Petzold-Mühl: "Es ist nicht absehbar ist, wie viele Einnahmen es am Ende dem Staat einbringen wird, da viele Bürger Einspruch einlegen, Ratenzahlung beantragen oder die Bescheide gänzlich ignorieren, was langwierige Verfahren nach sich ziehen kann.“

Das Ordnungsamt des Landratsamtes Kitzingen habe von März bis August 469 Bußgeldbescheide verschickt, sagt Petzold-Mühl - die meisten wegen "Verlassens der Wohnung ohne triftigen Grund“. In der Regel betrage die Höhe des Bußgeldes 150 Euro. Multipliziert man das mit der Zahl der Verstöße, kommt man auf rund 70 000 Euro Corona-Bußgeld im Landkreis Kitzingen.

Weitere Beispiele aus Unterfranken in der Zeit zwischen März und August:

  • Der Kreis Haßberge meldet 312 Bußgeldbescheide, was auf rund 47 000 Euro Bußgeld-Einnahmen schließen lässt.
  • Der Kreis Main-Spessart kommt auf 249 Bußgeld-Bescheide, wofür hochgerechnet wohl rund 37 000 Euro Bußgeld fällig wurden.
  • Die Stadt Schweinfurt berichtet von 526 verschickten Bußgeldbescheiden und rund 11 600 Euro Bußgeld-Einnahmen.
  • Der Kreis Schweinfurt meldet 202 Bußgeld-Bescheide und eine Bußgeld-Summe von 61 000 Euro.
  • Die Stadt Aschaffenburg hat rund 600 Bußgeld-Bescheide verschickt und rund 84000 Euro Bußgeld bekommen.
  • Der Kreis Miltenberg berichtet von 645 Bußgeld-Bescheiden und einer Bußgeld-Summe von rund 95 000 Euro.
  • Die Stadt Würzburg meldet 436 Bußgeld-Bescheide, aus denen sich eine Summe von mindestens 65000 Euro errechnen lässt.
  • Der Kreis Würzburg berichtet von 393 Bußgeld-Bescheiden mit einer Gesamtsumme von 63 325 Euro.
Die Städte Würzburg und Aschaffenburg können zur Kontrolle von Corona-Verstößen Mitarbeiter ihres Kommunalen Ordnungsdienstes hinzuziehen. Dieser zeigte - wie hier im Bild - etwa im April in Würzburg am Main starke Präsenz. 
Foto: Heiko Becker | Die Städte Würzburg und Aschaffenburg können zur Kontrolle von Corona-Verstößen Mitarbeiter ihres Kommunalen Ordnungsdienstes hinzuziehen.

Beim Vergleich stellt man fest, dass offenbar nicht alle Kommunen die gleiche Bußgeld-Höhe festsetzen. Tatsächlich gibt es bei Bußgeldern laut der Stadt Würzburg einen Spielraum zwischen 150 und 300 Euro, wobei etwa "Mehrfachtäter“ mehr zahlen müssten. Wie die Sprecherin des Landkreises Würzburg angibt, werden im Einzelfall auch deutlich höhere Summen erhoben. So hat etwa der Landkreis Würzburg in einem Fall für das "Veranstalten einer Veranstaltung“ ein Bußgeld von 500 Euro eingezogen. 

 
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  • J. S.
    Der größte Lump im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant!
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  • D. E.
    Klugscheiß
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  • A. B.
    Ich vermisse den Kreis Rhön-Grabfeld in der Aufstellung.
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  • P. K.
    Wer die Behörden über Rechtsverstösse von Mitbürgern Informiert ist Informant und nicht Denunziant. Schliesslich leben wir in einem Rechtsstaat. Wer gegen eine Maskenpflicht oder andere Auflagen ist und ein Bussgeld nicht akzeptieren will kann
    ja dagegen klagen.
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  • A. K.
    Dort heißt es auch, dass diese Strafen möglicherweise keinen Bestand haben:

    https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/strafrecht-oeffentl-recht/sind-alle-regelungen-zur-corona-abwehr-mit-dem-gg-vereinbar_204_513412.html

    "Wegen mangelnder Bestimmtheit der entsprechenden sanktionsbewehrten Landesverordnungen könnten in Zukunft einige der verhängten Strafen und Bußgelder vor Gericht keinen Bestand haben."

    Und auch das mit den - angeblich - illegalen Geschäftsöffnungen wird wohl so keinen Bestand haben weil diese 800 Qm²-Grenze von den VGHs als verfassungswidrig verworfen wurde.
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  • A. K.
    Was hier im Artikel allerdings nicht erwähnt wird ist, dass diese Bußgelder unter dem Vorbehalt der verfassungswidrigkeit stehen:

    https://www.haufe.de/recht/weitere-rechtsgebiete/strafrecht-oeffentl-recht/sind-alle-regelungen-zur-corona-abwehr-mit-dem-gg-vereinbar_204_513412.html

    Besondere Bestimmtheitsanforderungen bei Strafnormen
    Eine besondere Rolle dürfte die Verletzung des Bestimmtheitsgebots zukünftig für die Fälle der Verhängung von Bußgeldern oder gar Strafen bei Verstößen gegen Bestimmungen der Coronaschutzverordnungen spielen. Mit einem Bußgeld oder mit Strafe belegt werden darf nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Delinquent nämlich nur, wenn die der Sanktion zugrunde liegende Norm dem besonderen Bestimmtheitsmaßstab des Art. 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG (nulla poena sine lege) gerecht wird (BVerfG, Beschluss v. 21.09.2016, 2 BvL 1/15).
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