
Computerspiele sind das Hobby von Christian Ott. Unter dem Alias "MrTiger92" spielt er im Internet Klassiker wie "Super Mario 34", aber auch aktuellere Sachen wie "League of Legends". Dabei hat der 32-Jährige nur ein Ziel: Die Spiele in möglichst kurzer Zeit durchzuspielen, immer auf der Jagd nach einer neuen Bestzeit. In der Gaming-Szene gibt es dafür einen festen Begriff: "Speedrun".
Der Würzburger zählt international zur Spitze. Auf der offiziellen Website der Speedrun-Community ist "MrTiger92" bei verschiedenen Onlinespielen unter den besten Spielern weltweit aufgelistet (Stand Juli 2024). Auf seine Erfolge angesprochen, wirkt der Würzburger jedoch bescheiden, beinahe schüchtern: "Ich bin ein ganz normaler Typ wie du und ich."
Der Würzburger versteht sich selbst nicht als Influencer
Beim Spielen braucht der Würzburger nur eins: einen gefüllten Maßkrug, der die gesamte Spieldauer reicht, und eine große Blase, denn für Toilettenpausen während des Spieles bleibt keine Zeit. In Gamer-Kreisen ist Ott kein Unbekannter. Seit 2015 ist er Teil der größten deutschsprachigen Speedrun-Gemeinschaft "Germench". So hilft er beispielsweise, verschiedene Veranstaltungen in ganz Deutschland zu organisieren und zu planen.
Erst im vergangenen Jahr hatte er einen Auftritt beim "Play-Forward-Festival" in Göttingen, bei dem Ott einen eigenen Live-Auftritt auf dem Marktplatz hatte. Einer seiner persönlichen Höhepunkte sei 2015 gewesen, als der Software-Entwickler die deutsche Übertragung von "Games Done Quick" kommentieren durfte – die größte Speedrun-Veranstaltung weltweit. 2016 und 2017 habe er dann zweimal an der "European Speedrunner Assembly" (ESA) in Schweden teilgenommen, für Ott die ersten internationalen Erfahrungen.

Als "Influencer" möchte sich der 32-Jährige dennoch nicht bezeichnen. Auf seine Follower-Zahl angesprochen, sagt er: "Mir sind solche Zahlen absolut egal." Speedrun sei für ihn nur ein Hobby – mehr nicht. Selbst wenn er von anderen Menschen aus der Szene angesprochen werde, fühle er sich nicht in der Position, Autogramme zu geben.
Das Hobby "Speedrun" war irgendwann so zeitaufwendig wie ein Beruf
Inzwischen spielt Ott auch nur noch einmal in der Woche, am Sonntag. Früher sei das anders gewesen. Da habe er mehr Zeit in die Computerspiele investiert und mehrere Tage in der Woche dafür trainiert. Inzwischen habe er sich auch aus dem Organisationsteam von "Germench" etwas zurückgezogen, sagt er. Denn im vergangenen Jahr hatte Ott nur an Weihnachten wirklich Urlaub, "ansonsten habe ich all meine Urlaubsplanung für die Organisation von Events verwendet". Der Aufwand sei ihm irgendwann einfach zu viel geworden. Doch trotz seines teilweisen Rückzugs sei das vergangene Jahr "ein super gutes Jahr" gewesen – das beste seiner Laufbahn.
Nicht jeder Langzeit-Gamer ist gleich spielsüchtig
Das Hobby als Gamer kann indes auch Gefahren bürgen. Einige "Zocker" vergessen beim Spielen schon mal die Zeit, sitzen stundenlang vor dem PC und jagen der nächsten Bestzeit hinterher. Im schlimmsten Fall kann sich daraus auch eine Spielsucht entwickeln. Eine 2019 erschienene Studie der Krankenkasse DAK zeigte, dass rund 465.000 Jugendliche in Deutschland als sogenannte "Risiko- Gamer" einzustufen sind. Sie zeigten "ein riskantes und pathologisches Spielverhalten im Sinn einer Gaming-Sucht."
Als süchtig werden all die Personen bezeichnet, die seit mehr als zwölf Monaten schwere Beeinträchtigungen in der Familie, Ausbildung oder im Berufsleben durch das Computerspielen haben. Die WHO hatte 2019 die Spielsucht offiziell als psychische Erkrankung anerkannt. Dennoch darf der Begriff nicht pauschalisiert werden. Nicht alle Gamer, die regelmäßig ihrem Hobby nachkommen, sind süchtig. Die reine Stundenzahl, die jemand mit dem Spielen von Computerspielen verbringt, ist allein kein Indiz dafür, ob eine Person süchtig ist oder nicht.
Christian Ott achtet mehr auf eine ausgeglichene Balance zwischen der Gaming-Welt und der realen Welt. Seit 2022 hat Ott nämlich noch ein weiteres Hobby, dem er gern nachgeht: Er spielt Tischtennis.
Mit Speedruns kann ich selber gar nicht so viel anfangen - ich halte mich bei einem richtigen Open-World-Spiel meist viele Stunden länger im Spiel auf, als unbedingt notwendig.
Schön, dass hier auch mal über "nerdige" Themen berichtet wird!
Oder wird das neuer Standard? Gibt es jetzt auch unter jedem Bericht von einem Weinfest oder Ähnlichem den halben Artikel lang Suchtpräventionsinfos und wird über die Gefahren des Alkoholismus berichtet?
ich kann Ihnen nur zustimmen. Auch bei Weinfesten gibt es wohl genügend Anlässe, auch auf das Thema Alkoholismus zu verweisen. Deshalb berichten wir auch mit zeitlichen Abständen immer mal wieder darüber, wenn auch nicht immer im direkten Zusammenhang.
Computerspiele sind vor allem auch für Kinder und Jugendliche ein großes Thema. Diese sind eine besonders schützenswerte Gruppe. Daher haben wir uns in dem Zusammenhang dafür entschieden, auch auf die Suchtthematik einzugehen.
Viele Grüße
Gina Thiel
(Redakteurin in Würzburg)