
Große Freude und tiefe Enttäuschung liegen bei Claudia Bartel gerade eng beieinander. Aus dem Garten der Religionen an der ehemaligen Sommerhäuser Synagoge wurde der Chanukka-Leuchter gestohlen. Die Kriminalpolizei ermittelt.
Claudia Bartel, die sich seit eineinhalb Jahren um die ehemalige Synagoge und den Garten der Religionen kümmert, sorgt seitdem dafür, dass die Traditionen der in Sommerhausen über Jahrhunderte lebendigen jüdischen Kultur nicht in Vergessenheit geraten. "Wie bereits im vergangenen Jahr hatte ich vor, das diesjährige Chanukka-Fest zu vergegenwärtigen", berichtet sie. "Und dann war er einfach weg". Die Chanukkia hatte sie bereits am Sonntag bereitgestellt, um dann vom 25. Dezember bis 2. Januar täglich eine Kerze des Leuchters anzuzünden. Doch als sie am Weihnachtstag kurz vor 17 Uhr zur ehemaligen Synagoge kommt, ist der Leuchter verschwunden.
Beginn des jüdischen Lichterfestes
Der 25. Dezember war dieses Jahr nicht nur Weihnachten, sondern auch der Beginn des jüdischen Lichterfestes Chanukka. Täglich wird mit Einbruch der Dunkelheit eine Kerze am Leuchter Chanukkia entzündet. Dazu dient die neunte, mittig platzierte und "Diener" genannte Kerze. Gefeiert wird die Befreiung aus hellenischer Herrschaft 164 vor Christus, die Wiedereinweihung des Tempels und in ein Lichtwunder. Ein nur kleiner Rest geweihten Öls hatte auf wundersame Weise acht Tage lang Licht gespendet.
Erst in der Vorwoche war Bartel Eigentümerin der ehemaligen Synagoge mit der Lehrerwohnung geworden. Den Garten der Religionen hatte die letzte Mieterin Christa Gerth rund um das Anwesen angelegt, damit er dem Dialog aller Religionen diene. Die Marktgemeinde Sommerhausen wiederum erinnert hier mit einem Rucksack an die Deportation ihrer jüdischen Mitbewohner. Das Denkmal ist Teil des "DenkOrt Deportation 1941-1944" am Bahnhofsvorplatz in Würzburg, wo ein Pendent steht. Rund 70 Jahre war die ehemalige Synagoge die katholische Kirche Sommerhausens gewesen und stand zuletzt zum Verkauf.
Polizei setzt auf Hinweise aus der Bevölkerung
"Der Hof ist der Öffentlichkeit frei zugänglich. Dort stehen weit wertvollere Gegenstände, weshalb ich ein antisemitisches Motiv des Diebstahls nicht ausschließen kann", berichtet Bartel. "Ich war in dem Moment richtig traurig", sagt sie. "Denn eigentlich kommt da nie etwas weg: Pflanzen, Bücher, Skulpturen. Es ist ein offener Ort. Man kann sich hinsetzten. "Viele legen auch Steine an den Rucksack oder Blumen." Vielleicht wisse der Dieb gar nicht, was für einen Leuchter er mitgenommen hat, weil er nicht um die Chanukka-Symbolik weiß. Sie selbst habe den Leuchter gekauft, weil er ihr einfach gefallen habe, so Bartel. Der neunarmige Leuchter ist aus einer schwarzen Metalllegierung und auf Holz montiert. Der Sachwert wird mit 300 Euro angegeben.
Vom Delikt her ist es ein Diebstahl, sagt Martin Kuhn, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Aufgrund des Gegenstandes und des zeitlichen Zusammenhangs mit Chanukka sei aber die Kriminalpolizei damit befasst worden, genauer hinzusehen. Die Ermittlungen laufen. Vor allem erhofft man sich Hinweise von Zeugen.
Hinweise an die Kriminalpolizei Würzburg unter Tel.: (0931) 457-1732.