
Für dubiose Millionen-Geschäfte zum Schaden der Castell-Bank steht ein 51-jähriger früherer Finanzberater des Würzburger Geldhauses demnächst vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat Anklage wegen Betruges, Untreue und Urkundenfälschung erhoben. Dies bestätigt Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke, die Pressesprecherin der Behörde. Der Angeklagte sei „überwiegend geständig“. Auf Anfrage erklärt die Bank, dass ihr zum Wohl ihrer Kunden an der vollständigen Aufklärung des Falles liegt.
Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft
Verteidiger Martin Reymann-Brauer erklärte, sein Mandant kooperiere mit den Ermittlungsbehörden. Diese wesentlichen Punkte wirft die Anklage dem Finanzberater vor, der in Untersuchungshaft sitzt: Er habe Bankkunden vorgespiegelt, mit ihrem Geld Gold zu erwerben, das er dann „aber für sich verwendet“ habe, sagt die Oberstaatsanwältin. Er habe versprochen, Wertpapiere und ähnliches für Kunden zu kaufen, „aber tatsächlich hat er die Gelder für eigene Zwecke verwendet“, und schließlich habe er „Finanztransaktionen ohne Einzelauftrag“ durchgeführt. Überdies soll er ausgewählten Kunden höhere Zinsen überwiesen haben, als in der Bank üblich war.
Schaden im siebenstelligen Bereich
Der Schaden liege „im mittleren siebenstelligen Bereich,“ sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Fakt ist: Die Bank hat in ihrer Bilanz sechs Millionen Euro an Rückstellungen gebildet.
Der Finanzberater, der in Nürnberg tätig war, genoss in der Bank und bei ihren Eigentümern großes Vertrauen. Ex-Kollegen beschreiben ihn so: „Er hat eine einfühlsame Art, kann sich auf jede Art von Gesprächspartner einstellen und überzeugend auftreten.“ Er hatte sich über 30 Jahre hinweg den Ruf eines überdurchschnittlich guten Verkäufers erworben und galt als begabt im Umgang mit der vermögenden Kundschaft.
Gefälschte Unterschriften
Er wusste aber wohl auch, wie man Kontrollen umgehen kann. Dennoch wurde die Führungsetage schließlich misstrauisch. Kontrolleure stießen auf Geschäfte, die im Namen der Bank gemacht worden waren, aber in ihren Büchern nicht auftauchten. Quittungen für ausgehändigtes Bargeld waren verschwunden, Urkunden trugen gefälschte Unterschriften.
Die Bank feuerte den Mann
Das Geldhaus reagierte konsequent: Der Mann wurde gefeuert, die Bank erstattete im Oktober 2017 Strafanzeige. „Im Sinne der ethischen Werte, die unser Haus vertritt und im Interesse unserer Kunden muss eine vollständige Aufklärung des Falles oberstes Ziel sein“, hieß es von Seiten der Bank. Das Vertrauen habe ein Mitarbeiter „in unvorstellbarem Ausmaß missbraucht“. Seine Kunden wurden von der Bank kontaktiert und über den Sachverhalt informiert. Mit einem Prozess dürfte im Herbst zu rechnen sein.
Anderer Mitarbeiter zieht vors Arbeitsgericht
Ein bezeichnendes Licht auf die Vorgänge warf just an dem Tag, an dem die Anklage bekannt wurde, ein Prozess am Arbeitsgericht Würzburg. Ein Castell-Mitarbeiter klagt dort gegen die Beendigung seines Arbeitsvertrages, die laut Bank aus verschiedenen Gründen erfolgte. Weil der Mann in Nürnberg dem Verhafteten zugearbeitet hatte (unterstellt war er ihm nicht), sieht er sich als „Bauernopfer“ – obwohl es gegen ihn keine strafrechtlichen Ermittlungen gab und die Ermittler von einem allein handelnden Täter ausgehen.
Die Castell-Bank hat ihn von seinen Aufgaben „freigestellt“ – obwohl er Betriebsrat und damit eigentlich unkündbar ist. Was das Geldinstitut dem Mann vorwirft: Er soll dem Verhafteten Geld überlassen haben, „ohne dass es dafür Quittungen von Kunden gab“.
Der Banker hält dagegen: Er sei berechtigt gewesen, „Kassengeschäfte zu machen“ und habe „Zugang zum Tresor“ und zum „Bargeld-Schließfach“ gehabt. Er habe dem Top-Manager auf dessen Anweisung hin große Summen in bar ausgezahlt, damit dieser das Geld an seine „vermögenden Kunden“ habe weiterreichen können. „Er hat viele Auszahlungen persönlich vorgenommen.“ Den Empfang des Geldes habe der nun in U-Haft sitzende Verdächtige quittiert. Wenn er von den Kunden zurück gekommen sei, habe er auch Belege mit Unterschriften, angeblich von diesen Kunden, mitgebracht.
Quittungen in Kartons?
„Ob die Unterschriften echt waren“, wisse er natürlich nicht, sagt der Banker. Abgelegt habe er die Quittungen ordnungsgemäß im Archiv der Bank. Hier seien sie in Kartons aufbewahrt worden – in einem Raum, „zu dem jeder Zugang“ gehabt habe. Die Vermutung des Klägers: Der Verhaftete haben gefälschte Belege verschwinden lassen, als er merkte, dass die Innenrevision der Bank ihm auf den Fersen war.
„Die Vorgänge sind alle außerhalb unserer Systeme gelaufen“, sagen die Vertreter der Castell-Bank vor dem Arbeitsgericht. Vorschriften und Dienstwege seien „nicht eingehalten worden“. Der Kläger habe es versäumt, den Prokuristen „zu melden“.
Parteien sollen sich außergerichtlich einigen
Die Bank hat dem langjährigen Mitarbeiter und Betriebsrat ein Angebot gemacht: Der Mann, der zuletzt 50 000 Euro Jahresgehalt bezog, soll einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2019 unterzeichnen und dafür jeden Monat 5000 Euro brutto erhalten, obwohl er nicht mehr in der Bank arbeiten darf. Die Bank wird dem Mitarbeiter in der nächsten Woche ein neues Angebot unterbreiten. Bis zum 23. Juli muss dem Gericht mitgeteilt werden, ob eine außergerichtliche Einigung zustande gekommen ist.