
Was ist Gesundheit? Körperliches und seelisches Wohlbefinden? Das Gegenteil von Krankheit? Für den Würzburger Tropenmediziner und Infektiologen Prof. August Stich ist Gesundheit: ein Menschenrecht. Und als solches keine wirtschaftliche Frage oder das Privileg besonders reicher Gesellschaften, sondern ein Recht für alle – auch die Ärmsten dieser Welt. Ihnen hat sich der 62-Jährige verschrieben, an diesem Donnerstag wird er dafür mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Medizinischer Einsatz in Ländern des Südens und für Flüchtlinge
Seit 2004 ist Stich Chefarzt der Tropenmedizin am Würzburger "Missio", seit 2017 unter dem Dach des Klinikums Würzburg Mitte (KWM). Seine Verantwortung, seine Vernetzung und sein Engagement reichen weit über das Krankenhaus am Mönchberg hinaus. Aus einer urchristlichen Haltung heraus hilft der Mediziner seit mehr als drei Jahrzehnten Menschen in Not – sei es auf dem afrikanischen Kontinent oder in Unterfranken in Gemeinschaftsunterkünften.
Auf die Uhr schaut er dabei nicht, und er macht nicht viel Aufhebens darum. "Gustl" Stich gilt als ruhig, fleißig, empathisch. Ein überzeugter Humanist, der von "Helfersyndrom" nicht sprechen will. Aber seine Entschlossenheit, etwas gegen die Ungerechtigkeit in der Welt zu tun, scheint früh angelegt. Ebenso seine Hinwendung nach Afrika. "Das hat mich schon immer beschäftigt."
Ende der 60er Jahre, während seiner Schulzeit, kommt August Stich in seiner Geburtsstadt Nürnberg zufällig an einer Kundgebung und einem Plakat zum damals tobenden Biafra-Krieg in Nigeria vorbei. Er sieht die Bilder, sieht Tod und Elend. "Das hat mich sehr betroffen gemacht."
Für den Jungen ist es ein Schlüsselmoment, der sein Interesse für den afrikanischen Kontinent weckt und ihn in seinem Idealismus anspornt: "Am liebsten wollte ich werden wie Albert Schweitzer", sagt Stich heute. "Er war ein Vorbild." Schweitzer, der berühmte deutsch-französische "Urwald-Arzt" und großartige Denker.

Zum Studium geht August Stich nach Würzburg und Wien, spezialisiert sich auf die Innere Medizin. Seine Ausbildung zum Tropenmediziner absolviert er in London, Liverpool, Heidelberg und wieder Würzburg. Er kommt schon damals viel herum und setzt dies als junger Arzt, Forscher und Entwicklungshelfer fort: Ab 1988 ist Stich in etlichen afrikanischen Ländern im Einsatz, besonders im Kampf gegen die afrikanische Schlafkrankheit gemeinsam mit der Caritas.
Die Wege führen den Mediziner auch nach Kambodscha, Indien und einige Länder Südamerikas. Ende der 90er Jahren engagiert er sich im deutschen Vorstand von "Ärzte ohne Grenzen".
Als Fachmann gefragt beim RKI, dem Missionsärztlichen Institut und dem DAHW
Malaria, Schistosomiasis oder HIV: Auch wissenschaftlich befasst sich Stich in der Folgezeit mit weiteren Armutskrankheiten. Am Robert Koch-Institut (RKI) bringt er sich in den "Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger" (STAKOB) ein. Seit 2008 ist der fünffache Vater, verheiratet in zweiter Ehe, erster Vorsitzender des Missionsärztlichen Instituts als katholische Fachstelle für internationale Gesundheit. Ebenso kann die in Würzburg ansässige Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) auf seine fachliche Unterstützung zählen.
Während der Corona-Pandemie wurde Stich zuletzt nicht müde, auf die globale Verantwortung hinzuweisen: "Wir müssen unsere Lebensweise ändern", mahnte er in einem Interview mit dieser Redaktion. Und er kritisierte die Kurzsichtigkeit der Industrienationen, wenn sie nicht für einen weltweiten Zugang zu Impfstoffen sorgen und die Gesundheitssysteme im globalen Süden fördern.

Ein Herzensanliegen ist ihm die medizinische Versorgung von Flüchtlingen hier geworden. Seit 15 Jahren leitet August Stich ein Team aus Ärzten und Pflegekräften, das sich in der größten Gemeinschaftsunterkunft am Würzburger Stadtrand um Asylsuchende kümmert – mittlerweile in enger Kooperation mit der Regierung von Unterfranken.
Im Gespräch mit Flüchtlingen erlebe er schlimme Schicksale, sagt Stich, "wir versuchen sie gemeinsam etwas zu mildern". Es seien "Abgründe", in die die haupt- und ehrenamtlichen Helfer jeden Tag blickten. Er selbst ist regelmäßig vor Ort, um sich ein Bild zu machen. Probleme werden mittwochs im Team besprochen.
Mitunter seien die Zustände in der Gemeinschaftsunterkunft immer noch empörend. Asylbewerber im laufenden Verfahren würden nur eingeschränkt behandelt, sagt der Mediziner. Dass der Zugang zur medizinischen Versorgung als "Menschenrecht" vom juristischen Status einer Person abhängt – für Stich ist das ein Skandal und Armutszeugnis für eine reiche Industrienation: "Bei allen Problemen hierzulande sollten wir nie vergessen, dass wir auf einer Insel der Glückseligen leben."
Er habe überlegt, ob er das Bundesverdienstkreuz, das ihm in der Würzburger Residenz an diesem Donnerstag überreicht wird, überhaupt annehmen solle. Der konkrete Einsatz in der Migrantenmedizin sei schließlich die Leistung eines ganzen Teams, nicht seiner Einzelperson. Aus seinem Zögern, seinem Überlegen sprechen Demut und Bescheidenheit. Man möchte sagen: typisch Stich.
herzlichen Glückwunsch für diese Auszeichnung!!
Wir hoffen Sie können noch lange für die Menschlichkeit arbeiten!
Solche Menschen wie Sie, braucht diese Welt!!
Vielen Dank und bleiben Sie gesund!!