
In der Region sieht man sowohl bei der CSU als auch bei der SPD den Regierungsauftrag bei sich. "Wir legen zu, die Union nimmt ab", lautete um kurz nach 20 Uhr die Zwischenbilanz von SPD-Bezirkschef Bernd Rützel. Nun müsse unter einem Kanzler Olaf Scholz "eine stabile Regierung für Deutschland" gebildet werden.
Wie die aussehen sollte? Rützel würde eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP bevorzugen. Man müsse aber "natürlich auch mit den Linken reden". Zwar sei "die eine Hälfte" der Parteiverantwortlichen unberechenbar", räumte der Bundestagsabgeordnete aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) ein, "die andere besteht aber aus super Leuten."
Bär: "Menschen wollen kein Linksbündnis"
Den gleichen Führungsanspruch hat man trotz herber Verluste bei der CSU. Sie hoffe, "dass die Union am Ende vorne liegt", erklärte CSU-Vize Dorothee Bär aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge) am Abend. Es sei aber schon ein "großer Erfolg", dass es CDU und CSU im Wahlkampf-Endspurt gelungen sei, "Rot-Grün-Rot" zu verhindern, "die Menschen hierzulande wollen eben kein Linksbündnis".

Daraus leitet die Staatsministerin einen Auftrag an Armin Laschet ab, gemeinsam mit Markus Söder Gespräche über eine bürgerliche Regierung zu führen. Entscheidend seien jetzt Inhalte, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart). "Wir wollen mehr Klimaschutz, aber mit Augenmaß." Dass die CSU in Bayern gegenüber 2017 sechs Prozent verloren hat, erklärt Bär mit dem Bundestrend. Auf Dauer seien Ergebnisse von 33 Prozent aber zu wenig, wenn man den Anspruch habe, Volkspartei zu sein, so Hoffmann. CSU-Bezirkschef Gerhard Eck war am Sonntagabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Gemischte Gefühle unterdessen bei den Grünen: "Ganz zufrieden" mit den ersten Ergebnissen zeigte sich die unterfränkische Spitzenkandidatin Manuela Rottmann. "Wir haben einen Super-Wahlkampf hingelegt und deutlich zugelegt", kommentierte sie die ersten Zahlen am Abend. Zudem sei sie optimistisch, dass diese im Lauf des Abends, "wenn die großen Städte ausgezählt sind", noch steigen.
Dass es bei der ersten Kanzlerkandidatur einer Grünen trotz anders formulierter Ansprüche nicht für ganz vorne gereicht hat, komme für sie "nicht wirklich überraschend", sagte Rottmann. Daran hätte ihrer Meinung nach auch ein Kanzlerkandidat Robert Habeck nichts geändert. Für die Grünen-Wähler seien die Inhalte entscheidend, "nicht so sehr die Personen". Fehler seien im Wahlkampf gleichwohl gemacht worden. So habe es "viel zu lange gedauert", bis man nach Rückschlägen wieder in die Offensive gekommen ist.
Goll; Entscheidung für Baerbock war richtig
Anders als Rottman zeigte sich Grünen-Bezirkschef Volker Goll (Aschaffenburg) nur "mäßig zufrieden" mit dem Wahlergebnis. Angesichts des engagierten Wahlkampfs und der anstehenden Herausforderungen beim Klimaschutz habe er mehr erwartet. Die Entscheidung, Annalena Baerbock zur Grünen-Kanzlerkandidatin zu küren, sei seinerzeit richtig gewesen, "und dann zieht man es auch durch". Was die künftige Bundesregierung betrifft, sieht Goll "tendenziell mehr programmatische Übereinstimmung mit der SPD".
Jubel dagegen bei einem anderen möglichen Königsmacher – der FDP: "Wir werden die Gesprächsangebote zu Koalitionsverhandlungen annehmen", sagte der unterfränkische FDP-Chef Karsten Klein aus Aschaffenburg. "Für uns alle liegt viel Arbeit in den nächsten Wochen vor uns." So sieht das auch der Würzburger FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann. "In Berlin werden wir jetzt viel zu diskutieren haben", meinte er. Allerdings müsse man in der Politik immer Kompromisse eingehen. Für eine mögliche "Zukunftskoalition" aus Union, Grünen und FDP gäbe es für seine Partei wichtige Punkte, etwa in Fragen der Wirtschafts- und Steuerpolitik.
Bei den Linken hieß derweil Zitterpartie statt Party. "Es ist eine bittere Niederlage. Der Großteil unserer Stammwähler wählt uns nicht mehr", klagte der Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst. Der Kern der Linken-Politik sei für die Wähler nicht mehr sichtbar, vermutet er. "Wir müssen dieses katastrophale Wahlergebnis knallhart aufarbeiten!" Die Würzburger Linken-Abgeordnete Simone Barrientos kommentierte den Kampf um die Fünf-Prozent-Hürde ihrer Partei: "Ich habe befürchtet, dass wir zerrieben werden." Viele Links-Wähler hätten an diesem Sonntag wohl Olaf Scholz oder Annalena Baerbock gewählt. "Wenn es bei diesem Ergebnis bleibt, habe ich keine Erklärung für dieses Desaster", so Barrientos.
Die Unterfranken-AfD versuchte, das Positive im Wahlergebnis zu sehen. "Ich bin erleichtert, dass wir uns bei elf Prozent behauptet haben", so der AfD-Landtagsabgeordnete Christian Klingen aus dem Landkreis Kitzingen. "Die anderen Parteien hatten als erklärtes Ziel, uns aus den Parlamenten zu jagen. Das haben sie nicht erreicht." AfD-Bezirkschef Richard Graupner erklärte, man könne "hochzufrieden" sein, wenn das unterfränkische AfD-Ergebnis im Bundesschnitt liege.

Welche Abgeordneten die Region künftig im Bundestag vertreten, blieb am Abend zunächst noch offen. Sicher ist nach Auszählung eines Großteils der Stimmen, dass die fünf Direktmandate wieder an die CSU gehen, an Dorothee Bär (Bad Kissingen), Alexander Hoffmann (Main-Spessart), Paul Lehrieder (Würzburg), Andrea Lindholz (Aschaffenburg) und Anja Weisgerber (Schweinfurt).
Linken-Abgeordneter Barrientos droht Aus
Für die SPD ziehen Bernd Rützel (Main-Spessart) und Sabine Dittmar (Bad Kissingen)wieder in den Bundestag ein. Ob es für Markus Hümpfer (Schweinfurt) reicht, war zunächst noch offen. Die FDP Unterfranken vertreten Karsten Klein (Aschaffenburg) und Andrew Ullmann (Würzburg), die Grünen Manuela Rottmann (Bad Kissingen) und sehr wahrscheinlich Niklas Wagener (Aschaffenburg). Während Klaus Ernst (Schweinfurt) weiter Linken-Abgeordneter bleibt, sah es am Abend so aus, als habe Simone Barrientos (Würzburg) den Wiedereinzug in den Bundestag verpasst.
Sehr richtig, aber die wollen auch keine D. Bär mit der Union. Es gab einmal den Slogan, Leistung muss sich wieder lohnen! Da fragt man sich dann schon, warum eine D. Bär im Zukunftsteam ist. Diese Personalia hat Stimmen gekostet, denn der Wähler hat ein Gespür für unfähige Politiker.