zurück
WÜRZBURG
Kommentar: Olaf Scholz darf sich als Wahlgewinner fühlen
Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz hat einen beachtlichen Triumph bei den Bundestagswahlen errungen. Dennoch steht Deutschland vermutlich vor einer komplizierten Regierungsbildung.
Olaf Scholz       -  Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz hat einen beachtlichen Triumph bei den Bundestagswahlen errungen. Noch vor wenigen Wochen hatte kaum jemand der Partei einen so großen Stimmenzuwachs zugetraut.
Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa | Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz hat einen beachtlichen Triumph bei den Bundestagswahlen errungen. Noch vor wenigen Wochen hatte kaum jemand der Partei einen so großen Stimmenzuwachs zugetraut.
Michael Reinhard
Michael Reinhard
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:48 Uhr

Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz hat einen beachtlichen Triumph bei den Bundestagswahlen errungen. Noch vor wenigen Wochen hatte kaum jemand der Partei einen so großen Stimmenzuwachs zugetraut. Nach einem jahrelangen Umfragetief schienen die Sozialdemokraten so weit von einem Wahlerfolg entfernt, wie die CDU von einem Bündnis mit der Linken. Doch dem eher als dröge geltenden Scholz gelang mit seiner Strategie der Fehlervermeidung ein bemerkenswerter Aufstieg.

Scholz stehen die Türen zum Kanzleramt offen

Für den im Wahlkampf stets demonstrativ Ruhe und Gelassenheit ausstrahlenden Spitzenmann der Genossen stehen nach ersten Hochrechnungen die Türen zum Kanzleramt mehr als nur einen Spalt breit offen. Theoretisch haben die Sozialdemokraten mindestens zwei Bündnisoptionen: eine Ampel mit Grünen und FDP und die eher unwahrscheinliche Fortsetzung der Großen Koalition.

Olaf Scholz hat keinen Zweifel daran gelassen, dass eine Ampelkoalition seine Wunschformation ist. Die Grünen, die mit Abstand ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl erreichten, haben ebenfalls Sympathie für ein solches Regierungstrio bekundet. Auch wenn Grünen-Co-Chef Robert Habeck sich in einer ersten Stellungnahme nicht festlegen wollte, bekannte er: „Es gibt die SPD-Nähe.“

Schwierig dürfte es werden, die Liberalen für das Ampel-Projekt zu gewinnen. FDP-Chef Christian Lindner hat bereits angekündigt, dass seine Partei nicht bereit ist „unser Land auf einen Linksdrift zu schicken“. Im Klartext: Die FDP strebt Regierungsverantwortung in einer Koalition mit Union und Grünen an.

Obwohl Spitzenkandidat Armin Laschet für die CDU/CSU das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte eingefahren hat, ließ er keinen Zweifel daran, ein solches Jamaika-Bündnis schmieden zu wollen. Der politisch angezählte Bergmannssohn strebt an, „eine Regierung unter Führung der Union zu bilden“. Dabei ist Laschet mit seinem von Pannen und Ungeschicklichkeiten geprägten Wahlkampf den Beweis seiner Kanzlertauglichkeit weitgehend schuldig geblieben. Er trägt größtenteils die Verantwortung für das Debakel der Union.

Freilich: Der erste Anlauf zu einer solchen Jamaika-Koalition war nach der Bundestagswahl 2017 krachend gescheitert. Und dass dieses Mal ausgerechnet ein Wahlverlierer ohne ausreichenden Rückhalt in den eigenen Reihen die Grünen davon überzeugen kann, mit Schwarz und Gelb unter seiner Führung die Republik zu regieren, ist schwer vorstellbar. Fest steht: Grüne und FDP sind die Kanzlermacher. Sie entscheiden am Ende, wer als Nachfolger von Angela Merkel deren Büro im Bundeskanzleramt beziehen wird.

Rot-Rot-Grün ist als Option vom Tisch

Vom Tisch scheint indes ein rot-rot-grünes Linksbündnis zu sein, das die Union im Wahlkampf als Schreckgespenst für Deutschland aus der Mottenkiste hervorgekramt hatte. Starke Stimmenverluste der Linken lassen bezweifeln, dass die Partei überhaupt in den Bundestag einziehen wird.

Es deutet jedenfalls alles auf eine komplizierte Regierungsbildung hin. Mit einem zügigen Ergebnis ist nicht zu rechnen. Der Wahlabend hat gezeigt, dass mit der Stimmabgabe das Tauziehen um die Macht in Berlin nicht beendet ist. Vielmehr markiert das Votum der Bürgerinnen und Bürger nur den Auftakt für ein mutmaßlich zähes Ringen.

Die Spannung, wer Angela Merkel nach 16 Jahren nachfolgt, wird das Land wohl über Wochen hinweg beschäftigen. Deutschland steht vor einer politischen Achterbahnfahrt, von der niemand weiß, wann sie enden wird.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Michael Reinhard
Ampelkoalition
Armin Laschet
Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin Angela Merkel
CDU
Christian Lindner
Deutscher Bundestag
FDP
FDP-Parteivorsitzende
Große Koalition
Jamaikakoalition
Kanzlerkandidaten
Olaf Scholz
Regierungsbildung
Robert Habeck
SPD
Sozialdemokraten
Wahlen zum Deutschen Bundestag
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • K. T.
    @derrik: Super...(könnte von mir sein...)

    @steigerwaelder: nicht ganz, und wenn man noch so SCHWARZ ist, kann man keine Regierung gegen den Willen des Volkes bilden. (Dafür gibt es genügend Beispiele.)

    Wenn Verlierer, ja ganz klar Abgewählte, eine Regierung bilden wollen, dann ist das Realitätsverlust!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    Das ist so eine Sache mit dem "Willen des Volkes" - man könnte auch sagen:
    CDU und SPD haben beide jeweils 1/4 der Stimmen, Wille des Volkes ist es, dass eine von beiden mit zwei kleinen Koalitionspartnern regiert!
    Klar hat die SPD einen Zuwachs gehabt - aber sie hat letztendlich nicht viel mehr Stimmen als die CDU, d.h. beide Parteien haben derzeit etwa gleich viele Unterstützer, die möchten, dass die jeweilige Partei die Regierung führt!
    Und wie schon von vielen Kommentatoren derzeit gesagt: Deutschland hatte über mehrere Perioden eine sozial-liberale Koalition mit einem SPD-Kanzler, obwohl bis auf eine sehr kurze Zeit die CDU die größte Fraktion stellte - aber doch nicht regieren konnte. Entsprach das Ihrer Definition vom "Willen des Volkes"?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    Sind wir doch mal ehrlich - wer neuer Kanzler wird, entscheidet weder die SPD noch die CDU - das entscheiden die FDP und die Grünen, wenn die sich jetzt zusammensetzen und überlegen, mit wem sie gemeinsam besser können, schwarz oder rot!
    Im Zweifelsfall kann Herr Scholz noch so sehr auf seine stärkste Fraktion pochen - wenn die zwei „kleinen“ sagen: wir wollen mit schwarz, dann wird Laschet der neue Kanzler - und wenn die zwei sagen: unsere Positionen sind besser mit rot umzusetzen, dann wird es Scholz
    Alles Andere ist Unfug, hier einen Regierungsauftrag zu reklamieren! (Der könnte in Anspruch genommen werden, wenn die größte Partei nur eine Junior-Partnerin bräuchte und sich aussuchen könnte, welche der Oppositionsparteien sie dafür nimmt - da ist das Prinzip maximaler Verwirklichung von Inhalten bei der Senior-Partnerin)
    So wird es laufen - FDP und Grüne küren den nächsten Kanzler - und niemand sonst
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • L. W.
    @ Steigerwälder

    Sie haben Recht, die zwei kleineren Parteien entscheiden wer Kanzler werden kann.

    Aber für Laschet endet dann die politische Karriere, wenn er es nicht schafft, fürScholz nicht.

    Die SPD könnte mit Scholz dagegen eine starke Opposition im Bundestag geben, die Union wäre eine höchst zerstrittene.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. H.
    Die CDU hat das zweite Mal in Folge, nach 2017, über acht Prozentpunkte (das sind diesmal fast 37% weniger Wählerstimmen als 2017) eingebüßt. Dann den Führungsanspruch zu behaupten und von "Regierungsauftrag" zu faseln, ist schon dreist.

    In vier Jahren, sind wieder ein paar alte Stammwähler weg, denen egal ist, was die CDU so treibt, dafür viele neue Erstwähler dabei. Dann gibt es die nächste Klatsche für die Schwarzen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. D.
    @ derrik
    Daß bei der SPD ein sich durch „Vergesslichkeit und sich Nicht erinnern können“ bei Wirecard und cum ex- Geschäften als unwürdig zeigender Olaf Scholz solch ein Amt versehen soll, wird seitens der Grünen jovial hingenommen,da Baerbock ebenfalls von Vergesslichkeit und Hochstaplertum gezeichnet,aus dem gleichen Holz geschnitzt ist.Als Dritte dieser unehrlichen Vertreter der SPD und Grünen gesellt sich Fr. Giffey.Deutschland und Berlin sollen in Zukunft von nicht ehrenwerten,jedoch nach Macht lechzenden „Schauspielern“regiert werden. Armes Deutschland.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten