Der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, dessen Entschärfung am vergangenen Freitagabend 2000 Zellerauer aus ihren Wohnungen vertrieb, hätte beinahe einen viel größeren Schaden angerichtet.
Wie Recherchen dieser Redaktion zeigen, wurde die Grube auf dem Gelände der Staatlichen Feuerwehrschule, in der die Bombe lag, schon vor vier bis fünf Wochen ausgehoben. Der Baggerfahrer habe die Bombe jedoch nicht bemerkt und sie mit dem Erdaushub auf einen Hügel neben der Grube gelegt. "Die Baggerschaufel hat etwa zwei Kubikmeter Volumen," erklärt Bauamtsleiter Joachim Fuchs, "und die Bombe war offenbar gut eingepackt in Erde".
Bombe blieb vier bis fünf Wochen unbemerkt
In dem Hügel lag der Blindgänger bis vergangenen Freitag unbemerkt. "Die Erde auf diesem Gelände ist grundsätzlich vorbelastet, deswegen hat ein Spezialfirma vor dem Abtransport Proben genommen, um den Grad der Belastung festzustellen", so Fuchs. Erst nach einer Untersuchung im Labor sollte entschieden werden, ob der Aushub wieder verwendet werden kann oder entsorgt werden muss. Vier bis fünf Wochen dauere diese Untersuchung, so Fuchs, sodass der Erdhügel erst am vergangenen Freitag abtransportiert werden konnte.
Andreas Heil, Betriebsbeauftragter für Kampfmittel beim Freistaat Bayern, erklärt auf Anfrage dieser Redaktion: "Der Baggerfahrer, der die Grube ausgehoben hat, kann nun zwei Mal im Jahr Geburtstag feiern", denn die 250-Kilo-Bombe hätte auch bei diesem unbemerkten Transport beim Ausbaggern schon hochgehen können.
Gelände wurde im Vorfeld auf Blindgänger untersucht
Dass das Gelände vor Beginn der Bauarbeiten auf solche Altlasten untersucht wurde, bestätigen Bauamtsleiter Fuchs und Michael Bräuer, stellvertretender Leiter der Feuerwehrschule. Warum der Blindgänger dabei nicht aufgefallen war, können sich beide nicht erklären: Die Bombe lag in etwa drei Meter Tiefe, und bis genau drei Meter in den Boden reiche auch die Voruntersuchung mit Magnetfeldtechnologie. "Es bleibt eben immer ein Restrisiko", so Fuchs. Er betont: "Hier hat niemand etwas falsch gemacht."
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Dass die Bombe nicht mehr am selben Ort lag, an dem sie die vergangenen 75 Jahre verbracht hat, war einer der Gründe, warum die Entschärfung noch Freitagnacht stattfinden musste. Grundsätzlich laute die ungeschriebene Regel in der Branche, dass ein Blindgänger immer unverzüglich entschärft werden sollte, so der Kampfmittel-Experte Heil. "Nur in ganz wenigen Situationen kann man damit warten, etwa, wenn eine Bombe noch in einem sehr guten Zustand ist und luftdicht abgeschlossen gelegen hat."
Ein Spezialfirma werde nun das gesamte Gelände der Feuerwehrschule noch einmal untersuchen, auch die bereits ausgehobenen Hügel, erklärt Fuchs. Diese Vorsichtsmaßnahme ist wohl begründet, denn die Zellerau ist ein "Hotspot für Sprengbomben", wie Johannes Kröckel erklärt. Er ist Prokurist der Firma Luftbilddatenbank Dr. Carls aus Estenfeld, die anhand historischer Aufnahmen mögliche Blindgänger lokalisiert.
Entschärfung war schwieriger als gedacht
Er weiß genau: Die Bombe, die am Freitag in der Zellerau auftauchte, muss dort am 31. März 1945 eingeschlagen sein. Der Stadtteil wurde am 22., 26. und 31. März bombadiert, Ziel waren die Kasernen. "Auf dem Gelände der heutigen Feuerwehrschule sehen wir erstmals auf einer Luftaufnahme vom 9. April Bombentrichter." In der Zellerau gebe es möglicherweise noch weitere Blindgänger, so Kröckel, denn man rechne damit, dass zehn bis 15 Prozent aller Bomben nicht detoniert seien.
Bei der Fliegerbombe handelte es sich um ein Modell amerikanische Bauart mit zwei sogenannten Aufschlagzündern, bestätigte Rathaussprecher Christian Weiß am Montag. Um sie zu entschärfen, musste das Sprengkommando die beiden Zünder aus der Bombe entfernen und so die Zündkette unterbrechen, erklärt der Experte des Freistaats Andreas Heil. Das dauerte am Freitagabend länger als üblich, weil einer der beiden Sprengköpfe verbogen war.