Sie sind nicht größer als eine Zigarettenschachtel, aber dennoch eine auffällige Neuerung an Unterfrankens Polizisten: die sogenannten Bodycams. Rund drei Monate nachdem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Körperkameras für den Einsatz freigegeben hat, begann in dieser Woche in Schweinfurt die Ausbildung der ersten unterfränkischen Beamten an den neuen Geräten. Nach und nach sollen die Bodycams nun auf die Dienststellen der Region verteilt werden. Zum Kiliani-Volksfestes in Würzburg, so hofft die Polizei, werden die ersten Einsatzkräfte mit den Kameras auf Streife gehen. Wenn sich ein Konflikt abzeichnet, können die Beamten die Aufnahme starten.
Zweck: Höhere Hemmschwelle, weniger Angriffe auf die Polizei
1400 Bodycams hat Bayern angeschafft, 126 davon kommen nach Unterfranken. Stückpreis inklusive Zubehör: rund 1000 Euro. Den Hintergrund für die Einführung der Geräte erläuterte Polizeipräsident Gerhard Kallert am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Es gehe in erster Linie um den Schutz der Beamten, sagte er. Im Schnitt gebe es in Unterfranken pro Jahr 670 Fälle von "Gewalt gegen Polizeibeamte". Das Resultat sind jährlich bis zu 250 Verletzte – rund 100 mehr als noch vor fünf Jahren, Tendenz weiter steigend. "Wir haben uns hier auf einem hohen Niveau eingependelt", so Kallert.
Besonders schockiert ihn, dass die Angriffe immer häufiger von Unbeteiligten ausgingen, also von Personen, die gar nicht von einer polizeilichen Maßnahme betroffen sind. Die Kameras sollen laut Kallert für eine höhere Hemmschwelle bei gewaltbereiten Personen sorgen. Ein wissenschaftlich begleiteter Pilotversuch, bei dem in insgesamt neun südbayerischen Dienststellen die Geräte ein Jahr lang getestet wurden, habe die "deeskalierende Wirkung" der Bodycams bestätigt.
Hohe gesetzliche Hürden
Bedenken gab es dennoch, vor allem wegen des sogenannten Pre-Recordings (siehe Infokasten unten). Bayerns Datenschutzbeauftragter Thomas Petri oder die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze befürchteten hier einen Eingriff in Grundrechte der Bürger.
"Kein Streifgang wird komplett aufgezeichnet", erklärte Kallert in diesem Zusammenhang und verwies auf die hohen gesetzlichen Hürden. So sei ein Einsatz der Kameras bei Versammlungen nicht zulässig, in Privatwohnungen "nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit". Zudem müsse jede Aufnahme "verbal angekündigt" werden. Allerdings dürften, wenn es unvermeidbar ist, auch Unbeteiligte gefilmt werden, so Kallert auf Nachfrage.
Jürgen Maier, in Unterfranken für die Einführung der Kameras verantwortlich, ergänzte, dass auch nicht heimlich gefilmt werde. Die Kameras werden nur von uniformierten Kräften genutzt: "Kein Zivilbeamter wird durchs Knopfloch heraus filmen."
Daten werden nach drei Wochen automatisch gelöscht
Außerdem sei für eine "hohe Datensicherheit" gesorgt. Die Aufnahmen würden "in verschlüsselter Form" auf einem in der Kamera verbauten Speichermedium gesichert. Nach Dienstschluss müssen die Bodycams laut Maier an einer Ladestation wieder aufgeladen werden, wobei etwaige Aufnahmen automatisch auf dem Server der Dienststelle gesichert und nach drei Wochen – ebenfalls automatisch – wieder gelöscht werden.
Dabei sei es nicht möglich, die Filme zu kürzen oder anderweitig zu manipulieren. Werden die Aufnahmen Teil eines Straf- oder Disziplinarverfahrens, werden sie auf eine DVD gebrannt, die der Ermittlungsakte beigelegt wird. Das könnten allerdings nur "ausgewählte Vorgesetzte", die Zugriff auf die Daten hätten.