
Den Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten, das ist laut Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) eine der größten umweltpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. 50 Prozent der Fläche Bayerns werde landwirtschaftlich genutzt. Deswegen setzt der LBV hier mit seinem Projekt "Biodiversität in der Agrarlandschaft" an.
Das Modellprojekt läuft seit einem Jahr und soll Aufschluss über den Umweltnutzen von Blühflächen und Brachen liefern. Auch Würzburg ist Teil der Projektgebiete. Doch wie profitiert die Landwirtschaft durch diesen Ansatz?
In intensiv genutzten und ausgeräumten Landschaften erfüllten Blühflächen und Brachen wichtige Funktionen, heißt es in einer Meldung des LBV. Sie seien Nahrungsquelle, Brutplatz und Rückzugsraum für Insekten, Säugetiere und Vögel. Auf Brachen könnten sich seltene Ackerwildkräuter entwickeln und sie dienten der Vernetzung von Lebensräumen.
Landwirtschaft benötigt angemessene Förderung
Auch für Landwirte und Landwirtinnen gehören Blühflächen und Brachen schon immer dazu, sagt Harald Blankart, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg. Aber er weiß auch: "Sowohl Biobetriebe als auch konventionelle Betriebe werden Brachen und Blühstreifen nur anbauen, wenn auch die Förderung passt."
Ab 2023 seien durch die gemeinsame Agrarpolitik auf europäischer Ebene neue Regelungen geplant. So sollte beispielsweise jeder EU-Mitgliedsstaat 25 Prozent seiner Direktzahlungen in der Landwirtschaft für die Ökoregelungen verwenden. Dazu zähle auch die Anlage von Blühflächen und Brachen auf Ackerland.
Jeder zweite bayerische Betrieb leistet Beitrag zum Umweltschutz
Die Ansaatkosten müssten zunächst selbst übernommen werden, sagt Wilfried Distler,
Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands. "Es können jedoch Fördergelder beantragt werden, die diese Kosten zumindest teilweise ausgleichen", merkt er an. Jeder zweite landwirtschaftliche Betrieb in Bayern habe sich bereits verpflichtet, besondere Beiträge zum Umweltschutz zu leisten. So seien zum Beispiel 13 000 Hektar Blühstreifen und -flächen angesät worden.
"Der Naturschutzaspekt ist auch für die Landwirtschaft der größte Nutzen solcher Flächen", sagt Distler. Grundsätzlich könne jede Fläche genutzt werden. Oftmals würden aber die ausgewählt, die im Allgemeinen schlechter oder umständlicher zu bewirtschaften seien als andere. Dazu zählen zum Beispiel schlecht geschnittene Areale, Flächen mit geringer Bodenqualität oder abgelegenere Bereiche.
Fünf Jahre soll das Projekt des LBV dauern
Auch in Würzburg wurden vom LBV Blühflächen und Brachen in der Ackerflur angelegt. "Wir wollen untersuchen, in welcher Form diese den größten Mehrwert für die Artenvielfalt haben", sagt die ehemalige Projektmanagerin Franziska Wenger. Zusätzlich möchte man herausfinden wie die Landwirtschaft die Anlage der Flächen am besten in den Produktionsablauf integrieren kann.
"Dabei ist zu beachten, dass Blühflächen kein Ersatz für über viele Jahre gewachsene Strukturelemente wie Hecken oder Wegraine sind", erklärt Wenger. "Sie können sich sogar negativ auswirken, wenn natürliche artenreiche Lebensräume nicht erkannt werden und stattdessen durch neu angelegte Blühflächen ersetzt werden."
Die Förderung der Biodiversität solle so als eigener Produktionszweig für die Landwirtschaft etabliert werden. Das Projekt soll rund fünf Jahre dauern und insgesamt 30 Hektar Ackerland in unterschiedlichen Regionen Bayerns beobachten. Im Mai dieses Jahres wurden die Saatgutmischungen ausgesät.
Wie stehen Landwirte und Landwirtinnen zur Maßnahme
Der Münchshof in Würzburg ist ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb. Die Besitzer Johannes und Benjamin Münch sind nach eigener Darstellung gerade dabei, ihre Ölproduktion auf nachhaltigen Anbau umzustellen.
Generell findet Johannes Münch Blühflächen von Vorteil für die Artenvielfalt der heimischen Insekten und Tierwelt. Deshalb werde bei ihm ein Teil der Felder damit bepflanzt. "Sie werden auch von Imkern für die Bienenvölker genutzt", erklärt der Landwirt.
Auch im Landkreis Kitzingen und der Rhön setzen Betriebe auf Blühflächen. Der Biohof Gahr stellt solche Flächen bereits seit 1985, und das ohne Förderung. "Teilweise gibt es auch Auflagen, das machen zu müssen und es wird nicht in jedem Fall gefördert", sagt der Kitzinger Erich Gahr. Dennoch gebe es auch für die Landwirtschaft einen Nutzen. Die Blühflächen von Michael Derleth aus Salz (Lkr. Rhön-Grabfeld) werden über das Kulturlandschaftsprogramm gefördert.
Dass die Maßnahmen gut und unkompliziert gefördert werden, sei auch für den LBV wichtig. die neue Projektmanagerin Tarja Richter sagt: "Um die Anpflanzung für Betriebe attraktiv zu machen, muss sie sich lohnen und ohne großen bürokratischen Aufwand vonstatten gehen." Auch dabei möchte der Verband nach Lösungen suchen.