
Vom Bienengegner zum Bienenfreund: Roland Streit ist früher vor den Bienenvölkern seines Vaters geflohen. Heute betreut der 56-jährige Nebenerwerbslandwirt aus Mönchstockheim selbst mehrere Bienenvölker. Die früher verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen bewirtschaftet er wieder selbst. Fast 100 Prozent seiner Äcker hat er zu Blühflächen verwandelt. Der Tisch für die Insektenwelt in dem Sulzheimer Ortsteil ist wieder reich gedeckt.
„Ich möchte möglichst viele Landwirte davon überzeugen, auch Blühflächen anzusäen“, nennt er eines seiner Hauptziele. Staatliche Fördergelder, die beim Amt für Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt beantragt werden können, seien doch ein großer Anreiz. Im eigenen Betrieb möchte er deshalb mit gutem Beispiel vorangehen. Seit einem Jahr ist er Vorsitzender des Imkervereins Gerolzhofen. Sein Zuhause, den Streits-Hof, hat sein Vater bis zum Jahr 1988 bewirtschaftet. Auf dem Hof gab es Kühe, Schweine, Hühner und Bienen.
Alte Obstbäume gaben Denkanstoß
„Als Kind haben mich die Bienen auf unserem Hof immer vermöbelt“, erinnert er sich. Als sein Vater in Rente ging, wollte Roland Streit das Bienenhäuschen auf dem Hof abreißen und ein Gewächshaus errichten. Das Umdenken kam bei ihm durch die alten Obstbäume im Garten. Schnell erkannte er, dass es ohne Bestäuber kaum Obstertrag geben wird.

„Die Honigbiene ist wegen ihrer großen Völker hauptverantwortlich für die Massenbestäubung“, erklärt Streit, der in der Schweinfurter Großindustrie als Produktmanager arbeitet. Bis zu 60 000 Exemplare leben in einem Volk, das von Frühjahr bis Herbst eine große Bestäubungsleistung vollbringt. Auf seinen Äckern hat er einen Teppich an blühenden Pflanzen ausgesät, der für die Insekten ideale Voraussetzungen schafft.
Zuhause fehlte ihm die Blütenpracht
Auf die Idee, Blühflächen zu installieren, kam er auf seinen Touren als Musiker. „Wenn wir mit unserer Mönchstockheimer Blaskapelle in die Haßberge oder Richtung Kitzingen gefahren sind, konnte ich am Straßenrand bunte Blumenwiesen entdecken“, erzählt der Schlagzeuger. Weil er die natürliche Farbenpracht in seiner Heimatgemeinde vermisste, gab er den Startschuss für die eigene Aussaat.

Vor zwei Jahren liefen die Pachtverträge für seine Felder ab. Jetzt war für Streit die Zeit gekommen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. „So konnte ich den Anbau auf meinen Äckern selbst steuern“, sagt er.
Gerne würde er andere Landwirte mit ins Boot nehmen. Doch ihm ist bewusst, dass Haupterwerbslandwirte ihre wertvollen Ackerflächen häufig nicht für Blumenwiesen nutzen. Er zeigt Verständnis für diese Landwirte: „Die müssen ja davon leben.“

Gleichwohl setzt er darauf, dass die eine oder andere Fläche künftig doch in bunten Farben erstrahlt. Beim Amt für Landwirtschaft und Ernährung bekam er die erforderlichen Informationen zu den Blühwiesen und die mögliche Förderung. „Nach 21 Jahren war das ein enormer Aufwand an Bürokratie“, blickt er auf die Wiedergeburt des Streits-Hofs zurück. Die meisten Äcker versah er mit Blühsamen, unterstützt von einheimischen Landwirten und vom Maschinenring Gerolzhofen. Das eigene Imkerhobby blühte auf, die Selbstvermarktung begann.
Fast vergessene Nutzpflanze blüht wieder
Die schlechten Witterungsverhältnisse in diesem Frühjahr ergaben eine magere Honigernte. Für die Zeit nach der Rapsblüte fand Streit einen neuen Nektarlieferanten für die Insekten. Er säte Leindotter auf die Äcker, der die Nahrungslücke im Juni schließt. Die fast vergessene Nutzpflanze kommt ohne Düngung und Pflanzenschutz aus und hat einen doppelten Nutzen: Leindotter ist optimaler Futterlieferant für die Bienen und ergibt ein vorzügliches Speiseöl. „Er blüht in einer Phase der Natur, in der draußen fast nichts blüht.“

Streits kalt gepresstes Leindotteröl kann man in Gerolzhöfer Supermärkten und direkt auf seinem Hof kaufen. Vor allem für Salatdressing, Rohkost und kalte Saucen sei das Öl bestens geeignet und gesund, sagt Streit. Auch als Massageöl sei es gut verwendbar.
Notfallset immer griffbereit – aus gutem Grund
Das Verhältnis zwischen Streit und seinen Bienen war anfangs nicht unproblematisch. Vor Jahren hat der Imker auf die ersten Bienenstiche extrem allergisch reagiert. Mit starker Atemnot musste er ins Krankenhaus. Die Diagnose lautete: Bienen- und Wespen-Allergie. Es folgten Jahre der Hypersensibilisierung. „Ein paar Stiche machen mir heute nichts mehr aus“, erzählt er vom Erfolg. Das Notfallset hat er dennoch immer dabei. Man weiß ja nie.

Der Hobby-Imker hat viel zu erzählen. Seinen Erfahrungsschatz gibt er auch an Kinder und Interessierte weiter. Einmal im Jahr darf der einheimische Nachwuchs Bienenluft schnuppern und bei der Honigernte dabei sein. Gemeinsam mit den Kollegen vom örtlichen Gartenbauverein hat er erfolgreiche Aktionen zum Thema „Bienen und Honig“ durchgeführt.
Auch Schulklassen in Traustadt profitierten bereits von Streits Wissen rund um Honigbienen und Pflanzen. Sie lernten, dass Blühflächen nicht betreten werden sollen und keine künstliche Bewässerung benötigen. Die Natur regelt sich hier selbst: ein Eldorado für Insekten, Rebhuhn, Hase, Igel und Co.
Information: Bienenhonig und Leindotteröl gibt es auf dem Hof von Selbstvermarkter Roland Streit in Mönchstockheim, Seestraße 42, Tel. (09382) 310714.