
Im Fall des ehemaligen Medizinstudenten aus Syrien waren sich der Würzburger Amtsrichter Thomas Behl und das Oberlandesgericht München sicher - und jetzt auch der Bundesgerichtshof (BGH): Abdulhadi B. muss als Unterstützer des islamistischen Terrors in Haft.
Lebensgefährtin mit dem Tod bedroht
Vor dem Amtsgericht Würzburg schien es 2016 "nur" um einen Beziehungsstreit zu gehen: „Bei uns schlägt man keine Frau“, hatte Richter Thomas Behl dem damals 25-Jährigen erklärt. Der Medizinstudent saß wegen Misshandlung seiner Lebensgefährtin, die sich von ihm getrennt hatte, auf der Anklagebank. Der 25-Jährige hatte sie geschlagen, ihr ein Messer an den Hals gehalten und gedroht, sie zu töten. Dafür kassierte der gebürtige Syrer einen Strafbefehl, doch er wollte einen Freispruch in einem Prozess.
Behl gab dem Angeklagten eine letzte Chance: Hätte der Student seinen Einspruch zurückgezogen, wäre die Strafe gering ausgefallen, er hätte sein Studium beenden können. Stattdessen bestand er auf einem Urteil - und kassierte die Rechnung: fünf Monate Haft ohne Bewährung. Noch im Gerichtssaal wurde der Syrer festgenommen. Zeugen hatten ausgesagt, er habe über die Sprengung jüdischer Einrichtungen in Deutschland geredet.
Gut getarnter "Schläfer" des IS
Ermittler hatten Indizien gegen einen gut getarnten „Schläfer“ der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gefunden, der von Würzburg aus Nachwuchs rekrutierte. Der Fall von Abdulhadi B. kam vor das Oberlandesgericht München.
Von dort versicherte der Syrer der Redaktion noch 2018 in einem Brief, er stünde kurz vor dem Freispruch. In einem Gespräch wolle er auf das Unrecht aufmerksam machen, das ihm widerfahre. Wenig später verurteilte ihn indes das Oberlandesgericht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten.
Versucht, Selbstmordattentäter anzuwerben
Abdulhadi B. ließ die Sache erneut nicht ruhen und protestierte beim BGH in Karlsruhe. Erst dadurch werden jetzt Details über seine Aktivitäten während des Studiums in Würzburg bekannt. Der Syrer versuchte demnach in Unterhaltungen per Internet von Deutschland aus zwei in Syrien wohnende Männer zu überreden, sich vom IS für ein Selbstmordattentat einteilen zu lassen. „Die Chat-Partner kamen dem jeweiligen Ansinnen indes letztlich nicht nach“, bilanziert der BGH.
Vater der Freundin angeschwärzt
Per Internet schwärzte er auch den Vater einer Ex-Freundin als Helfer ausländischer Mächte in Syrien an, offenbar mit dem Ziel, ihn töten zu lassen: Der Taxifahrer werfe in seiner Heimatstadt Peilsender für Angriffe der syrischen und russischen Luftwaffe aus, behauptete der Student. Die Stadt stand damals unter Kontrolle der terroristischen Vereinigungen "Jabhat al-Nusra" und "Ahrar al-Sham". An diese leitete der Chat-Partner die Informationen weiter. Wie das Gericht erfuhr, wurde der Taxifahrer festgenommen, aber wieder freigelassen, nachdem Nachbarn für ihn ausgesagt hatten.
Kind geschlagen
Schließlich der dritte Anklagepunkt: Abdulhadi soll in seiner Studentenwohnung dem siebenjährigen Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin mit einem Holzstock auf den Bauch geschlagen haben. Der erklärte Zweck der Schläge: Abhärtung und "Training als Vorbereitung auf eine künftige Tätigkeit als Kämpfer für den IS.“
Der Bundesgerichtshof hielt die Belege dafür jetzt für eindeutig. Er wies die Beschwerde Abdulhadi B.s ab - eineinhalb Jahre nach dem Urteil und drei Jahre nach der ersten Verhandlung vor dem Würzburger Amtsgericht. „Das Urteil ist rechtskräftig“, so die Mitteilung aus Karlsruhe.