Die Tage werden wieder länger, die Temperaturen steigen – und die Kleidung wird knapper. Mit dem nahenden Sommer erwacht auch wieder die Debatte um angemessene Kleidung in der Schule. Wegen besonders strikter Kleidungsvorschriften geriet kürzlich eine Sekundarschule in Wermelskirchen (Nordrhein-Westfalen) in die Schlagzeilen. "Wichtig bei der Auswahl ist, dass wir niemand anderen damit irritieren", heißt es in der dortigen Kleiderordnung.
Als unangemessen gelten etwa tiefe Ausschnitte, bauchfreie Oberteile oder Jogginghosen. "Wir werden uns (...) im Einzelfall vorbehalten, Schüler:innen mit unangemessener Kleidung nach Hause zu schicken, um sich umzuziehen und in angemessener Kleidung ihrer Schulpflicht nachzukommen", teilt die Schule in einem Elternbrief mit. Schülerinnen und Schüler wegen unpassender Kleidung des Unterrichts verweisen – ist das auch ein Thema in Würzburg?
"Wir haben keine Kleiderordnung, nehmen uns aber die Freiheit, vor allem Schülerinnen und ganz selten Schüler auf unangemessene Kleidung aufmerksam zu machen", erklärt Peter Nossol, Schulleiter des Vinzentinums, einer Grund- und Mittelschule. Als unangemessen gelten in diesem Fall zu viel sichtbare Haut und Unterwäsche.
Eine feste Kleiderordnung gebe es aber nicht, da bei rund 200 Schülerinnen und Schülern von den Klassen 1 bis 10 keine Notwendigkeit dazu bestehe. "Die kritische Phase beginnt meist in Klasse 6 und endet mit Klasse 8. Das sind bei uns nur wenige Schülerinnen und Schüler, die haben wir im Blick", so der Schulleiter. Entscheidungen, was als unangemessen gilt und was nicht, werden hier im Einzelfall getroffen.
Keine Kleiderordnungen an Würzburgs Schulen
So hält es auch das Röntgen-Gymnasium. Die Einführung einer Kleiderordnung stand hier nie zur Debatte – vor allem, weil es bis jetzt keinen Bedarf dazu gab. Die stellvertretende Schulleiterin Andrea Schneider legt großen Wert darauf, den Kleidungsstil ihrer Schüler zu respektieren: "Kleidung betrifft auch immer die Persönlichkeit, und wenn man gegen die Kleidung einer Person vorgeht, bezieht sich das auch auf die Person selbst."
Jedoch gebe es gewisse Grenzen, die nicht überschritten werden dürften. Dazu zählen unter anderem rassistische und gewaltverherrlichende Symbole oder sehr freizügige Kleidung. Wie ihr Kollege Peter Nossol suche sie dann bevorzugt das Gespräch: "Ich frage meist, was die Person mit ihrem Auftritt bewirken möchte. Die meisten machen sich darüber keine Gedanken."
Dieter Schanzer, Schulleiter der David-Schuster-Realschule Würzburg, setzt in Bezug auf Kleidung besonders auf das Verantwortungsbewusstsein: "Wir gehen davon aus, dass Schülerinnen und Schüler und besonders Eltern wissen, dass es für unterschiedliche Anlässe auch unterschiedliche Kleidung gibt." Bei unangemessener Kleidung weise er die betreffenden Schülerinnen und Schüler direkt darauf hin, nach Hause geschickt werde aber im Regelfall niemand.
Gespräche als Schlüssel zur Konfliktlösung
Rechtlich gibt es zu Kleiderordnungen an Schulen kaum eindeutige Vorschriften. Im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen heißt es lediglich dazu: "Die Schülerinnen und Schüler haben alles zu unterlassen, was den Schulbetrieb oder die Ordnung der von ihnen besuchten Schule oder einer anderen Schule stören könnte." Ob eine Kleiderordnung eingeführt wird und wie diese aussieht, liegt also im subjektiven Ermessen der einzelnen Schule.
An der St.-Ursula-Schule Würzburg berichten Schülerinnen, dass beispielsweise bauchfreie Oberteile, Spaghettiträger oder zu kurze Hosen, Kleider und Röcke nicht getragen werden dürften. Zu Schuljahresbeginn würden die Schülerinnen von ihrer Klassenleitung auf die geltenden Kleidungsvorschriften hingewiesen und bei Nichteinhaltung aufgefordert, sich etwas überzuziehen.
Die Schulleitung hingegen erklärte auf Anfrage der Redaktion, es gebe keine festgeschriebene Kleiderordnung. Die Schülerinnen sollten Kleidung tragen, "die für den Arbeitsplatz Schule angemessen" sei, das gelte auch für die Lehrkräfte." Weiter heißt es: "Ein Maßnahmenkatalog oder gar ein Ausschluss vom Unterricht wegen unangemessener Kleidung ist nicht vorgesehen." Wie an der David-Schuster-Realschule setze man auch hier auf Eigenverantwortung von den Schülerinnen und ihren Eltern.
Von Maßnahmen wie in Wermelskirchen hält man an Würzburgs Schulen wenig – für die Schulleiterinnen und Schulleiter zählt vor allem das Gespräch. Peter Nossol greift dabei auch auf Humor zurück: "Gelegentlich ,droht' der Schulleiter, am nächsten Tag auch bauchfrei zu kommen." Auch seine Kollegin Andrea Schneider würde Schüler, die in Jogginghose zur Schule kommen, nicht des Unterrichts verweisen. Trotzdem lege man darauf Wert, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, wie und wann man sich angemessen zu kleiden habe, so Andrea Schneider: "Eine Jogginghose bei einem Vorstellungsgespräch zu tragen, wäre ein No-Go."
Schulleiter Dieter Schanzer unterstützt die Methoden aus Wermelskirchen ebenfalls nicht. Mit dem Lauf der Zeit ändere sich, welche Kleidung als angemessen gelte, und welche nicht: "Ich nehme wahr, dass momentan Funktionalität und Bequemlichkeit wichtig werden und sich die Mode daran orientiert. Insofern ist die Jogginghose tatsächlich gerade bei jüngeren Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden. Schule sollte solche Realitäten akzeptieren."
2. Deshalb erinnert mich die Diskussion an gewisse Staaten, die wir doch gerade deshalb kritisieren (Frauen sollen sich verhüllen, um Männer nicht "zu erregen")!
3. Der Vergleich mit Arbeitskleidung hinkt. Schülerinnen/Schüler gehen eben nicht in die Schule "zur Arbeit"; das ist immer mehr auch ein Lebens-/Freizeitraum für sie! Wenn überhaupt sollte man doch über angemessene Kleidung für Lehrkräfte nachdenken.
4. Ich selbst bin Lehrer und habe mich daran noch nie gestört, "erregt" gefühlt oder "ablenken" lassen. Ich hätte mir das zu meiner Schulzeit in den 70/80ern auch absolut verbeten, wenn mir da einer was gesagt hätte!
5. Ein Kollege hat mich mal auf eine Schülerin und ihr Oberteil angesprochen. Ich antwortete nur, dass ich beim Unterricht so etwas gar nicht wahrnehme und im Übrigen glücklich verheiratet bin!
Der ist wirklich gut. 🤣🤣
Ist das heute so? Zu meiner Zeit gab's eine Schulpflicht und" Lebens-/Freizeitraum" war woanders.
Die Schule ist in meinen Augen genauso wenig ein "Freizeitraum", wie der Arbeitsplatz, oder irgendwelche offizielle Veranstaltungen. Ein gewisser Dress-Code sollte da schon üblich sein.
Auch im beruflichen Umfeld habe ich das oft erlebt, dass manche Menschen manchmal vergessen, was sie repräsentieren, und was das bewirkt.
Gegen das Wettrüsten bei der Kleidung von Schülern, die mit den teuersten Klamotten kommen, während die anderen nur C&A kaufen können, hilft in meinen Augen sowieso am besten das weltweit erfolgreiche Konzept der Schul-Uniformen.
Es kann ja wohl nicht sein, dass die Schülerschaft heute Freiheiten verlieren sollte die vor 50 Jahren sogar in der Oberpfalz fast schon selbstverständlich waren.
Woher wissen Sie, wie man in einem Bordell gekleidet ist? Ich war da noch nie.
Nichts für ungut!
The times, they are a-changing... Dinosaurier-Erfahrung gilt nicht mehr...