Die Grünfläche am Eingang zur Bärentalsiedlung ist Vergangenheit. Auf dem städtischen Grundstück haben im Oktober die Bauarbeiten für das "Projekt 1638" begonnen, bei der Stadt Ochsenfurt so genannt wegen seiner Flurnummer. Im Januar 2020 sollen 64 Menschen in das neue Wohnhaus einziehen können, das zu zwei Dritteln anerkannten Asylbewerbern sowie zu einem Drittel sozial benachteiligten Ochsenfurtern vorbehalten ist. Das Staatliche Bauamt Würzburg hatte zu einer Bürgerinformation auf die Baustelle eingeladen.
Beim staatlichen Sofortprogramm im Wohnungspakt Bayern schlug die Stadt Ochsenfurt 2017 sofort zu, denn es galt das "Windhundprinzip", um sich eine solche Maßnahme zu sichern: In das Programm kamen diejenigen, die sich rechtzeitig bewarben. Die sogenannte "erste Säule" in diesem Programm sieht vor, dass der Staat auf eigene Kosten Wohngebäude auf kommunalen Flächen baut und unterhält. Bei nur einer Gegenstimme hatte der Ochsenfurter Stadtrat vor rund einem Jahr beschlossen, das knapp 2300 Quadratmeter große Grundstück mit der Flurnummer 1638 für eine solche Maßnahme zur Verfügung zu stellen.
Neben Vertretern des Staatlichen Bauamts waren auch Mitarbeiter der Regierung von Unterfranken zur Bürgerinformation gekommen, denn die Belegung des Wohnhauses wird von dort aus gesteuert. Wie Grit Liebau vom Staatlichen Bauamt erklärte, soll sich das geplante Gebäude in seinem Stil an die vorhandene Bebauung am benachbarten Stangenbrunnen anlehnen. Es handelt sich eigentlich um zwei leicht versetzt angeordnete Gebäude, die durch eine überdachte Treppe miteinander verbunden sind. Die Gebäude werden drei Stockwerke haben: ein Erdgeschoss plus zwei weitere Etagen. Ein Keller ist nicht vorgesehen. Im Erdgeschoss werden ein Mehrzweckraum, ein Büro für den Hausmeister und die Technik untergebracht. Außerdem sind dort zwei große Wohnungen für je acht Personen vorgesehen.
In den oberen Geschossen entstehen kleinere Wohnungen, die über Laubengänge von außen erschlossen werden. "Die Grundrisse sind auf das Nötigste beschränkt", so Liebau. Sie erinnerten an schlichte Wohnungen, wie man sie aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch kenne. "Das ist wirklich verdammt wenig Fläche."
Reduzierter Standard ermöglicht kostengünstiges Bauen
Die Wohnungen seien zwar im Standard reduziert, aber sie sollten ja auch kostengünstig in der Herstellung sein, lautet die Begründung. Die dem Verkehr von Südtangente und Bahn zugewandte Grundstücksseite ist als Freifläche vorgesehen. Zwei kleine Spielplätze, Wäscheplätze und sogar Flächen für kleine Gärten sind vorgesehen. Vom öffentlichen Raum abgetrennt wird diese Fläche durch Hecken und Bäume. In einem Nebengebäude finden Mülltonnen, Fahrräder und Kinderwägen Platz.
In der Anlage werde "ganz normales Wohnen" stattfinden, sagte Maria-Antonette Graber, die das Sachgebiet Flüchtlingsbetreuung und Integration bei der Regierung von Unterfranken leitet. Sie kann Erfahrungen aus einem ähnlichen Objekt in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) vorweisen, das bereits seit 2016 in Betrieb ist. "Die Leute wohnen gerne da", so Graber. Die Mietverträge schließen die Bewohner mit dem Freistaat Bayern. Vermutlich würden hauptsächlich anerkannte Asylbewerber einziehen, die auch vorher schon in Ochsenfurt oder zumindest im Landkreis Würzburg gelebt hätten.
Integration findet in Ochsenfurt schon lange statt
Nach Bekanntwerden der Pläne für das Grundstück waren aus dem Bärental Bedenken laut geworden, der ohnehin schon dicht besiedelte Stadtteil könne durch den Zuzug weiterer Flüchtlinge überfordert werden. Um die neuen Bewohner nicht sich selbst zu überlassen, werde sich eine Hausverwaltung um die Anlage kümmern und auch als Ansprechpartner für die Mieter zur Verfügung stehen, sagte Maria-Antonette Graber.
Bürgermeister Peter Juks erinnerte in seinem Grußwort daran, dass Migration und Integration in Ochsenfurt nicht unbedingt ein neues Phänomen seien. Die erste große Welle von Flüchtlingen sei nach dem Zweiten Weltkrieg angekommen, sagte Juks. Damals waren es Vertriebene, die eine neue Heimat in Ochsenfurt fanden. Als nächstes seien italienische Gastarbeiter gekommen, die später allerdings fast ausnahmslos in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Es folgten Türken, dann Ende der 1980er Jahre Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, und schließlich ab 2012 vorwiegend Kriegsflüchtlinge aus Syrien.
"Die Stadt hat sich von Anfang an offen gezeigt", sagte Juks. Die Kritik aus dem Bärental kann er dennoch nachvollziehen. Er sagte, dass sich die Bürger bereits im Rahmen des Gemeindeentwicklungskonzepts (GEK) Gedanken um ein verbessertes soziales Miteinander gemacht hätten, und bei der Städtebauförderung das Programm "soziale Stadt" für das Bärental eine Option sein könne.