Wo ansonsten Menschen hektisch von Gleis zu Gleis huschen und Richtung Innenstadt drängen, herrschte am Montag um 7.30 Uhr noch eine verschlafene Morgenruhe. Trotz Bahn-Streiks und gestrichener Verbindungen blieb das große Chaos am Würzburger Hauptbahnhof an diesem Morgen weitestgehend aus.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) hatte am Montag erneut zu Streiks im Personenverkehr aufgerufen und damit wieder für zahlreiche Ausfälle im Bahnverkehr gesorgt. Reisende waren bereits seit Freitag über den anstehenden Streik informiert worden und daher Großteils auf die Ausfälle vorbereitet.
Nach gescheiterten Tarifverhandlungen hatte die GDL am Freitag neue Streiks im Personenverkehr angekündigt. Die Züge bleiben von Montagmorgen 2 Uhr bis Mittwochmorgen 2 Uhr stehen. Damit dauert der Streik ähnlich lange wie der vergangene Woche. Durch die Ankündigung hatten Fahrgäste dieses Mal allerdings zwei Tage mehr Zeit, sich auf die Streiks einzustellen. Im Güterverkehr streiken die Lokführer bereits seit Samstagnachmittag.
Reisende sind genervt von der Bahn
Viele Reisende sind an diesem Morgen nicht am Bahnhof anzutreffen. Die wenigen, die dennoch hier gestrandet sind, haben allerdings gemischte Gefühle: Kirstin Nikel steht zusammen mit vier Freundinnen auf dem Bahnhofvorplatz. Die Gruppe hat am Wochenende einen Kurztrip nach Treuchtlingen unternommen und war gerade auf dem Heimweg nach Nordrhein-Westfalen, als der Streik begann.
Nikel fürchtet, dass sich durch die wegfallenden Verbindungen viele Reisende in die wenig verbliebenen Züge quetschen müssen und so das Infektionsrisiko innerhalb der Waggons steige. "Wir haben in einer Demokratie das Recht zu streiken, aber ich finde nicht, dass während der Pandemie die richtige Zeit dafür ist", sagt Nikel.
Auch die Würzburger Studentin Stefanie Sedlmaier und ihr Freund sind an diesem Morgen unterwegs und auf dem Weg in den Urlaub nach Hamburg. Das Paar hat Verständnis für die Streiks der Lokführer. "Ich bin pro Streiken und verstehe, dass die Angestellten während dieser Zeit streiken", sagt Maximilian Kreisel. Sedlmaier kritisiert jedoch auch, dass der Streik letzten Endes die Falschen treffe. "Wir Fahrgäste können nichts für die schlechten Bedingungen der Lokführer", sagt Sedlmaier. Gerade für Studierende seien die Tickets trotz Angebote vergleichsweise teuer. Wenn dann noch eine Verbindung ausfalle, frustriere das doppelt.
Claudia Ramos ist heute unterwegs nach Frankfurt am Main. Die Würzburgerin hatte Glück und konnte einen Termin noch rechtzeitig verschieben. Trotzdem ist auch sie frustriert über den Streik. "Ich finde es schade, weil man dann doch viel Geld für Züge, besonders für den ICE ausgibt", sagt Ramos. Gerade für Pendelnde sei die generelle Unzuverlässigkeit der Bahn ein großes Problem im Alltag, denn nicht immer ließe sich ein Termin ohne Problem verschieben, so Ramos.
Was die Gewerkschaft fordert
Die GDL fordert unter anderem 3,2 Prozent mehr Gehalt für ihre Beschäftigten und eine Corona-Prämie von 600 Euro im laufenden Jahr. Einigungsversuche mit der Deutschen Bahn waren am Sonntag in letzter Minute gescheitert. Sollte der Streik wie beim letzten Mal verlaufen, könnten die Züge am Mittwochvormittag wieder weitgehend normal fahren.
Die Deutsche Bahn hat am Montagnachmittag eine positive Zwischenbilanz gezogen. "Wir konnten uns durch die Ankündigung früher vorbereiten und fahren nun ein stabiles Grundprogramm für unsere Kundinnen und Kunden", antwortet Pressesprecherin Gabriele Schlott auf Anfrage dieser Redaktion.