
Wer das Museum für Franken auf der Festung einmal von einer anderen Seite kennen lernen möchte, hat bis zum 15. April die Chance dazu: Bis dahin ist die Sonderausstellung „pics4peace. Jugend für Demokratie und Frieden“ in der Schönbornhalle des Museums zu sehen.
Neun Studenten und ein Berliner Künstler
2016 hat die ehemalige Würzburger Oberbürgermeisterin Pia Beckmann das Projekt „pics4peace“ (Bilder für den Frieden) ins Leben gerufen. Hanna Kölbl, Anna Lorey, Jannis Maroscheck, Patricia Pfeiffer, Anna Radlbeck, Magdalena Skala, Irina Smirnov, Lea Wurthmann und Luisa Wolf – alle Studenten des Fachbereichs Gestaltung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt – nahmen daraufhin an einem Workshop mit dem renommierten Künstler Winfried Muthesius teil.
Inspiriert von geschichtsträchtigen Würzburger Orten und Ereignissen schufen sie eigene großformatige Werke, die nun in der Schönbornhalle zwischen den historischen Stücken auf großen Aufstellwänden zu sehen sind. Ob Tierrechte, Open Access, Genitalverstümmelung, Rüstungsexport oder häusliche Gewalt – die Bandbreite der Themen ist groß.
Moderne Kunst im Museum für Franken
„Sich angesichts unserer verwirrten Gesellschaft für Frieden einzusetzen ist alle Anstrengung wert“, ist Erich Schneider, Direktor des Museums für Franken, überzeugt – ein Grund, weshalb sich das Museum unter staatlicher Trägerschaft für ein städtisches Projekt, das sich auch noch mit zeitgenössischer Kunst beschäftigt, einsetze. „Museumsprofile und Verwaltungsgrenzen dürfen keine Hindernisse sein“, sagt Schneider.

Die Ausstellung ist ein Vorgeschmack auf die Zukunftswerkstatt, die es später im Museum für Franken geben wird. Das Museum solle ein Ort sein, an dem man sich mit Vergangenheit beschäftigt, um die Zukunft zu gestalten. Die „pics4peace“-Werke sind bewusst in der Schönbornhalle ausgestellt. „Sie setzen den historischen Exponaten einen gezielten Kontrapunkt“, so der Museumsdirektor.
Junge Menschen sollen sich äußern
„In einer Zeit, in der eine Haltung von Ablehnung und Ausgrenzung weit verbreitet ist, haben es Populisten leicht. Das stimmt bedenklich“, sagt Sybille Linke, städtische Fachbereichsleiterin Kultur. Deshalb beteilige sich der Fachbereich auch am Projekt. „Es geht darum junge Menschen zu unterstützen, sich zu Fragen der Demokratie zu äußern.“
Ein erster Schritt sei hierbei der Workshop gewesen. „Daraus ist eine extrem beeindruckende Ausstellung entstanden“, so Linke. Als nächstes sollen Dialogveranstaltungen zwischen jungen Menschen und Politikern folgen, bevor ab September eine Online Plattform startet. „Dort können sich Jugendliche und junge Erwachsene in den vertrauten Medien äußern“, erklärt sie.
Pittura Oscura bietet geniale Möglichkeit
Ideengeberin Pia Beckmann hat die Werke des Berliner Künstlers Muthesius – der auch mit drei Arbeiten in der Schönbornhalle vertreten ist – zum ersten Mal in einer Ausstellung im Dom gesehen. Verstanden hat sie sie nicht. Bis sie sich mit seiner Methode, der „pittura oscura“, beschäftigt hat. „Das ist eine geniale Möglichkeit historische Themen zu nehmen und mit den Herausforderungen unserer Gegenwart zu verbinden“, sagt sie. Bei seiner Arbeit setzt sich der Künstler mit gesellschaftlichen Phänomenen auseinander, ordnet sie in historische Zusammenhänge ein und führt in verschiedenen Arbeitsprozessen die Genres Malerei und Fotografie zusammen.
„Bis zum letzten Moment wussten wir nicht, was passiert“, erklärt Veronika Genslein, die im Museum für Vermittlung und Bildung zuständig ist, die partizipative Ausstellung. „Wir haben uns auf ein Experiment eingelassen und waren gespannt, was die Gedanken sind, die die jungen Menschen bewegen.“ Einen riesigen Besucherstrom erwarte sie deshalb nicht. „Aber keiner rechnet damit, dass er in eine zeitgenössische, hochpolitische Ausstellung eintritt, wenn er ins Museum kommt.“
Unglaubliche Tiefenwirkung der Werke
Durch die verschiedenen inhaltlichen Ebenen bekommen die Werke eine unglaubliche Tiefenwirkung. Steht man vor Irina Smirnovs „Machtmissbrauch“, erkennt man erst auf den zweiten Blick das Porträt von Clara Oppenheimer unter den verschiedenen Farbschichten. „Ich habe das Porträt gemalt und im Würzburger Frauenhaus fotografiert“, erklärt die 24-Jährige, die sich in dem Werk mit der sexuellen Gleichberechtigung beschäftigt hat. „Man muss sich erst im Bild zurecht finden“, klärt sie auf.
Auch Muthesius war zur Ausstellungseröffnung aus Berlin angereist und von den Arbeiten der Studenten begeistert. „Es ist faszinierend, dass wir alle die gleichen Ausgangspositionen hatten und welch unterschiedliche Werke herausgekommen sind“, sagt Hanna Kölbl.
Das „pics4Peace“-Projekt soll auch nach Würzburg weiter gehen. „Wir sind nur eine kleine Initiative, aber wir wollen eine junge aktive Community schaffen, damit Spaß an demokratischer Teilhabe entstehen kann“, sagt Initiatorin Beckmann. Bei Hanna Kölbl war das Projekt schon erfolgreich: „Gerade habe ich schon das Gefühl, dass man doch etwas bewirken kann.“