Wir leben in unruhigen Zeiten. Terroranschläge, der Vertrauensverlust in Demokratie und die Sorge um die Zukunft bestimmen die Schlagzeilen. Studien zeigen, dass sich gerade junge Menschen von Politikern nicht verstanden fühlen, bei den Wahlen stellen sie mit die meisten Nichtwähler.
Doch wie kann man die 16- bis 26-Jährigen dazu bewegen, sich wieder am politischen Prozess zu beteiligen? Und wie kann man die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft dazu bringen sich für die Sprache der Jugend zu öffnen? Pia Beckmann, Würzburgs ehemalige Oberbürgermeisterin, will mit pics4peace genau hier ansetzen. Warum und ob das überhaupt funktionieren kann, erklärt sie im Interview.
Frage: „pics4peace“ liest sich erst einmal geheimnisvoll. Worum geht es in Ihrem Projekt?
Pia Beckmann: Das Projekt hat zwei Richtungen. Zum einen sollen junge Menschen dazu motiviert werden, sich mit den Themen Frieden und Demokratie zu beschäftigen und einen Beitrag in ihrer Sprache zu leisten. Auf der anderen Seite sollen die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dazu aufgerufen werden, hinzuhören und die jungen Menschen zu beteiligen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Beckmann: Wenn man die Phänomene, die unsere Zeit momentan kennzeichnen, betrachtet, ist das für mich äußerst bedenklich. Das ist auch der Grund für das Projekt: die Sorge, wie das alles weitergehen soll. Die Radikalisierungstendenzen nehmen zu, Minderheiten werden offen ausgegrenzt und populistische Gruppierungen haben wieder Zulauf. Als Mutter bin ich extrem beunruhigt darüber, dass junge Menschen gleichzeitig nicht ausreichend am politischen Willensbildungsprozess teilhaben und sich von den Verantwortlichen nicht vertreten fühlen.
Inwiefern?
Beckmann: Die unter 30-Jährigen sind numerisch die kleinste Zahl in unserer Gesellschaft, 40 Prozent von ihnen gehen nicht zur Wahl. Die Themen unserer Zeit sind aber extrem wichtig für die Jugend. Wenn es um die Rente oder natürliche Ressourcen geht, betrifft das die jungen Leute. Deshalb müssen sie animiert werden, sich zu beteiligen. Das ist eine Holschuld, aber auch eine Bringschuld.
Aber warum werden die jungen Bürger nicht mehr erreicht?
Beckmann: Eine Hauptursache ist meiner Meinung nach, dass die digitalen Jungen und die analogen Älteren heute gleichsam in Parallelwelten leben. Es scheint, als wären sie durch eine Scheibe getrennt. Man sieht sich, aber man erreicht sich nicht wirklich. Das Kommunikationsverhalten von jungen Menschen unterscheidet sich komplett von dem der Generation, die heute Verantwortung in Politik und Gesellschaft trägt. Als Konsequenz finden sie keinen Zugang mehr zu den jungen Menschen und diese fühlen sich nicht verstanden.
Dort soll pics4peace ansetzen. Aber was genau soll das Projekt sein? Ein Blog, ein Videoformat, eine Ausstellung?
Beckmann: Es besteht aus drei Teilen: pics4peace vor Ort, pics4peace Online und pics4peace im Dialog. Der Auftakt findet im Staatlichen Museum für Franken statt. Dort soll eine öffentlichkeitswirksame Ausstellung zum Thema Demokratie und Frieden mit dem renommierten Künstler Winfried Muthesius und zehn jungen Kreativen der Fachhochschule für angewandte Wissenschaften stattfinden. Das soll möglichst große Aufmerksamkeit erzeugen und den Startschuss für die parallel laufenden Teile zwei und drei bilden.
Und wie sind die beiden anderen Bestandteile gestaltet?
Beckmann: Die Online-Ausstellung will alle jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren ansprechen. Sie können auf der Website www.pics4peace.de, die im März an den Start gehen soll, Fotos, Bilder, Texte, Musik oder Videoclips hochladen und ihre Vorstellungen von der Zukunft zum Ausdruck bringen. Uns interessiert, was sie bewegt. Sie ernst zu nehmen, und an ihrer Umsetzung mitzuarbeiten, ist die Chance für die Verantwortlichen. Ziel ist es, jungen Menschen eine Stimme auf ihrem Kommunikationsmedium zu geben. Zeitgleich gehen wir mit pics4peace bei mehreren Veranstaltungen in den Dialog.
Wie kann so ein Dialog aussehen?
Beckmann: Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber ermutigt im März seine 16- bis 26-jährigen Mitarbeiter, ein p4p zu kreieren. Im Mai lädt er zu einem Dialogtag ein, an dem die p4p gezeigt werden. Die Jungen können sich dann mit der Chefetage des Unternehmens und Vertretern aus der Politik über die Beweggründe für ihr p4p austauschen, sagen, was ihnen wichtig ist. Im besten Fall können Themen direkt aufgegriffen werden. Der Dialog schafft gegenseitiges Vertrauen, verbessert das Klima untereinander und ermutigt, aneinander dran zu bleiben.
Wer ist alles an dem Projekt beteiligt?
Beckmann: Die Stadt Würzburg ist Träger des Projektes, das Kulturamt und der Fachbereich Jugend sind involviert, das Museum für Franken ist Kooperationspartner. Ich unterstütze das Ganze ehrenamtlich. Dazu stehen wir mit Social Influencern im Kontakt, die sich für das Projekt interessieren.
Sie wollen eine junge Friedens- und Demokratiebewegung auf den Weg bringen. Warum starten sie in Würzburg und nicht in München oder Berlin?
Beckmann: Das sind die Nächsten. Wir leben in Würzburg und beginnen hier. Das Tolle an dem Projekt ist, dass die Online-Plattform ja unbegrenzt ist. Das kann auch auf internationale Ebene gehoben werden.
Trauen Sie sich das zu?
Beckmann: Man muss immer einen ersten Schritt gehen. Wie es uns gelingt und wie viele da mitmachen – das wird man sehen. Aber man kann nicht mehr als anfangen und Überzeugungsarbeit leisten. Die Alternative nichts zu tun, war einfach keine.
Was wäre ihr Wunschziel?
Beckmann: Jeder einzelne, den wir erreichen und der sagt, ,Hey das ist meine Zukunft, ich muss mich äußern‘, ist ein Gewinn. Auf der anderen Seite muss auch ein Umdenken bei den Verantwortlichen stattfinden. Wenn nur einer bewegt wird, anders zu denken und in Dialog zu treten und es zu einem Miteinander kommt, hat man schon einen Teil des Ziels erreicht, und je mehr desto besser.
Wie sieht die Finanzierung für das Projekt aus? Lässt sich das überhaupt vermitteln, was sie da planen?
Beckmann: Das ist tatsächlich ein bisschen schwierig. Neben Stadt und dem Museum für Franken hat auch die Sparkassenstiftung ihre Unterstützung zugesagt. Daneben suchen wir weitere Spender. Wir haben einen Antrag beim bayerischen Kulturfonds gestellt. Sie unterstützen zwar die Idee, können aber nur Analoges finanziell unterstützen. Das ist ein strukturelles Problem.
War früher alles besser oder haben sich nicht schon immer Generationen gegenseitig nicht verstanden?
Beckmann: Ich glaube, dass wir momentan eine Glaswand haben, die so fest ist, wie noch nie. Vor 50 Jahren gab es ein grünes Telefon mit Wählscheibe, später dann Handys, heute Smartphones. Das ist ein ganz anderer Zugang. Ich würde nicht sagen „Früher war alles besser“, sondern wir leben im Heute und es ist unsere Aufgabe, etwas daraus zu machen. Für die Jüngeren, weil sie ihre Zukunft gestalten möchten, und für uns in Sorge um die Zukunft.
Die Initiative pics4peace
Zur Person
Pia Beckmann,
Initiatorin des Projektes pics4peace
a: das netzwerk pics4peace gibt es schon länger über twitter und ist wie der Name schon sagt auf Fotos focusiert. Wie lässt sich das mit dem geplanten Netzwerk gleichen Namens vereinbaren.
b.wenn ja, glaubt sie, daß Schwerpunkt Austausch von Fotos wirklich zur Politisierung von Jugendlichen beitraen können, zumal dies in bestehenden sozialen
Netzwerken schon längst läuft und teilweise kritisch zu sehen ist(z.B.Nacktfotos)