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Ochsenfurt
Ausbildungsprojekt in Ochsenfurt: Wie Azubis aus Nepal das unterfränkische  Handwerk unterstützen können
Der Ochsenfurter Unternehmer Klaus Meyer hatte die Idee, Auszubildende aus Nepal hiesigen Handwerksbetrieben zu vermitteln. Wie das Projekt gestartet ist.
Der 21-jährige Sanjeev Tamang, im Bild mit Junior-Chef Tobias Meyer, lebt seit einem Vierteljahr in Ochsenfurt und fühlt sich wohl an seinem Ausbildungsplatz.
Foto: Uschi Merten | Der 21-jährige Sanjeev Tamang, im Bild mit Junior-Chef Tobias Meyer, lebt seit einem Vierteljahr in Ochsenfurt und fühlt sich wohl an seinem Ausbildungsplatz.
Uschi Merten
 |  aktualisiert: 29.01.2023 03:07 Uhr

Es ist ein großes und ehrgeiziges Projekt, das der Ochsenfurter Unternehmer Klaus Meyer zusammen mit der Handwerkskammer für Unterfranken in Würzburg und dem Nepal Secretariat of Skills and Training (NSST) begonnen hat. Gemeinsam mit diesen Partnern will Meyer Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Nepal eine Berufsausbildung in einem unterfränkischen Handwerksbetrieb vermitteln. Nach ihrer Ausbildung sollen sie ein paar Jahre lang als Fachkräfte in Deutschland bleiben, um später die wirtschaftliche Entwicklung in ihrem Heimatland zu unterstützen.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten fühlt sich Klaus Meyer dem Staat im Himalaya und seinen Menschen verbunden, erkannte aber auch die Defizite, die die Entwicklung des Landes behindern – allem voran in der schulischen und beruflichen Bildung. 2002 bereiste der Inhaber eines Autohauses deshalb Nepal, um in Basandol nahe der Hauptstadt Kathmandu eine Schule zu gründen, die er heute noch unterstützt. 

Viele junge Nepalesen wünschen sich eine Berufsausbildung

Aus seinem Betrieb in Ochsenfurt weiß er genau, dass in Deutschland gerade im Handwerk Fachkräfte fehlen. In Nepal hingegen hat er viele engagierte, junge Menschen kennengelernt, die hoch motiviert sind und begierig darauf, einen Handwerksberuf zu erlernen. Daraus entstand die Idee, beide Seiten zusammenzubringen.   

Viel Zeit hat Klaus Meyer in die Vorbereitung des Projekts investiert, knüpfte Kontakte zu den Botschaften und zur Handwerkskammer. Vier Monate verbrachte er heuer in Nepal, um die letzten Vorarbeiten zu leisten. In der Shree-Bheem-Schule werden junge Nepalesinnen und Nepalesen berufsbezogen vorgebildet und einem Auswahlverfahren unterzogen. Der Kurs umfasst auch das Erlernen der deutschen Sprache in Wort und Schrift gemäß dem Goethe-Zertifikat B2.

"Ich habe manchmal Heimweh, aber die Kollegen sind schon meine Freunde geworden, und ich erlerne den Beruf, den ich immer machen wollte."
Sanjeev Tamang, Auszubildender aus Nepal

Das international anerkannte Zertifikat bescheinigt ein fortgeschrittenes Sprachniveau und die Fähigkeit, sich fließend und spontan verständigen zu können. Daneben lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedenen typische Berufsbilder wie Bäcker, Schlosser oder Zimmermann kennen und erhalten genauere Vorstellungen über ihren möglichen Berufswunsch. Außerdem wird deutsche Geschichte und Kultur gelehrt, um die jungen Menschen auf ihren Aufenthalt in der für sie fremden Welt vorzubereiten.

Mit guten Deutschkenntnissen in die Ausbildung gestartet

Sanjeev Tamang gehört zu den ersten Auszubildenden aus Nepal, die im Rahmen des Projekts nach Deutschland gekommen sind. Er kam am 26. September 2022 in Ochsenfurt an und startete gleich am 1. Oktober seine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker beim Autohaus Meyer. Seinen 21. Geburtstag hat er in Deutschland gefeiert, in seiner eigenen Wohnung in Kleinochsenfurt.

Schon mit 18 Jahren wollte er Automechaniker werden, erzählt Sanjeev in fließendem Deutsch. Da es in Nepal für Automechaniker nur eine einjährige Ausbildung gibt, und Sanjeev mehr lernen wollte, besuchte er sechs Monate lang eine technische Schule. Die Kosten dafür musste Sanjeevs Familie tragen. 

Sein Vater arbeitet als Sicherheitskraft für das Goetheinstitut in Kathmandu, so dass er seinen Deutschkurs, der Voraussetzung für den Ausbildungsplatz in Deutschland ist, dort bereits absolvieren konnte. So konnte Sanjeev gleich vom ersten Tag an seine Ausbildung beginnen und auch gleich die Berufsschule besuchen.

Die Kollegen sind begeistert von Sanjeev Tamang

Seine Kollegen in der Werkstatt sind begeistert von dem neuen Azubi. Sie sagen einstimmig: Er sei sehr motiviert, lernt schnell, spricht gut deutsch und ist immer freundlich. Auch Stephan Panczuk, Fachlehrer für Fahrzeugtechnik am Beruflichen Schulzentrum Kitzingen-Ochsenfurt, stellt seinem Schüler nach den ersten Monaten ein gutes Zeugnis aus. "Er arbeitet gut mit und bereitet sich ausgezeichnet vor", sagt er. Sehr höflich und interessiert sei Sanjeev. "Er ist ein angenehmer Schüler, der sich integriert und es macht Spaß, ihn zu unterrichten", so Stephan Panczuk.

Sanjeev selbst fühlt sich wohl in Ochsenfurt. "Ich habe manchmal Heimweh, aber die Kollegen sind schon meine Freunde geworden, und ich erlerne den Beruf, den ich immer machen wollte", sagt er. Der Beruf des Mechatronikers sei anspruchsvoll, erklärt Junior-Chef Tobias Meyer. "Die Fahrzeuge sind mit immer mehr Technik ausgestattet, so dass Sanjeev auch Produktinformationen lesen oder das Diagnosepragramm online durchführen muss." Sorgfalt und Genauigkeit spielten dabei eine große Rolle.

Sanjeev Tamang ist froh, dass sein Ausbildungsbetrieb eine kleine Wohnung für ihn gefunden hat, in der er sich wohlfühlt. Sein Vermieter sei im TV Ochsenfurt aktiv und versuche ihn so, auch im Verein zu integrieren. Schön findet Sanjeev, dass ein zweiter junger Mann aus Nepal im Autohaus Igelhaut in Marktbreit ebenfalls eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker begonnen hat. Gemeinsam mit Sabin Gautam lernt er seine neue Wahlheimat kennen und kann sich gleichzeitig ein wenig über sein Heimweh hinwegtrösten.

Eine neue Erfahrung war das Weihnachtsfest für den jungen Nepalesen. Als Buddhist war ihm das Fest bisher fremd. Heuer habe ihn eine Familie eingeladen, sein erstes Weihnachten mit ihnen zu feiern. Es seien sehr schöne Stunden gewesen, erzählt Sanjeev. 

Nepalesische Auszubildende gegen den Fachkräftemangel im Handwerk

Die Handwerkskammer für Unterfranken arbeitet mit dem Nepal Secretariat of Skills and Training (NSST) zusammen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Das NSST wurde 2021 mit Unterstützung der deutschen Botschaft in Kathmandu und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit gegründet. Wie Kathrin Junken, Leiterin des NSST, erklärt, seien Ausbildungs- und Arbeitsplätze in Nepal Mangelware. Junge Menschen hätten deshalb oftmals keine Chance einen Beruf zu erlernen. 
Barbara Hoffstadt, stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereichs Berufsbildung an der Handwerkskammer für Unterfranken, sieht in dem Projekt eine große Chance, da unterfränkischen Handwerksbetriebe so die Möglichkeit haben, motivierte Auszubildende zu finden, die bereit sind, auch nach ihrer Ausbildung noch einige Jahre in dem Betrieb zu arbeiten.
Die Bewerber und Bewerberinnen sind gut vorbereitet, sprechen deutsch und sind mit der Kultur und den Lebensbedingungen in Deutschland vertraut. Voraussetzung für die Einstellung ist jedoch, dass sich der Betrieb um eine Wohnung für die Auszubildenden kümmert.
Zwölf nepalesischen Auszubildende haben 2022 eine Ausbildung in Deutschland begonnen, unter ihnen Sabin Gautam und Sanjeev Tamang. 2023 werden zwischen 50 und 100 Jugendliche das Vorbereitungsprogramm absolviert haben und nach Deutschland kommen. Da sie alle bereits einen Ausbildungsplatz haben werden, können sie sofort in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Quelle: Handwerkskammer
 
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  • HTH2
    Gut gemeint schlecht gemacht! Wenn schon Migranten, dann relativ leicht zu Integrierende aus Osteuropa mit ähnlichem ethnischem Hintergrund. Wir haben bereits genügend Probleme mit nicht integrierten Migranten, siehe jetzt Silvesterkrawalle 2022. Die Aussage kommt vom Psychologen und Autor Ahmad Mansour, selbst Migrant und Experte für Radikalisierung und gescheiterten Integration von Menschen mit muslimisch-arabischen Wurzeln. Der Migrationshintergrund ist seiner Meinung nach nicht alleinige Ursache, auch Jugendliche mit deutschen Wurzeln haben randaliert. Aber die Migration verstärkt die Probleme. Noch eine Bemerkung: Schon mancher Pflegedienst ist ordentlich auf die Nase gefallen. Pfleger aus dem Ausland angeworben, die Ausbildung bezahlt, dem Ehepartner noch einen Arbeitsplatz besorgt. Schnell war die Hälfte wieder weg, weil die Konkurrenz besser bezahlt, wegen Schwangerschaft, etc. Unternehmer Klaus Meyer wird seine Erfahrungen machen. Hoffentlich nur gute.
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