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Würzburg
Aus der US-Todeszelle nach Würzburg:  Joaquín José Martinez war unschuldig zum Tode verurteilt
Drei Jahre lang saß der 53-Jährige unschuldig in einer Todeszelle in Florida. Heute setzt er sich für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Wie die Zeit ihn geprägt hat.
Joaquín José Martinez trägt in Würzburg seine Erlebnisse aus der Todeszelle vor. Die Sprachschule von Sant' Egidio kümmerte sich um die Übersetzung vor Ort.
Foto: Antonia Oberst | Joaquín José Martinez trägt in Würzburg seine Erlebnisse aus der Todeszelle vor. Die Sprachschule von Sant' Egidio kümmerte sich um die Übersetzung vor Ort.
Redaktion
 |  aktualisiert: 07.12.2024 02:31 Uhr

Der 53-jährige Spanier Joaquín José Martinez wurde in Florida wegen doppelten Mordes verurteilt und saß drei Jahre lang im Todestrakt. Nachdem seine Unschuld bewiesen werden konnte, hält er nun in ganz Europa Vorträge, in denen er seine Geschichte erzählt und sich gegen die Todesstrafe ausspricht. Dabei arbeitet er mit der christlichen Gemeinschaft Sant' Egidio zusammen, die auch seine Aufenthalte in Würzburg organisieren. Am Freitag, 22. November, war er in den Räumlichkeiten von Sant' Egidio zu Gast.

Was war Ihre erste Reaktion, als Sie das Urteil erhielten?

Ich fing an, Bilder von meiner Vergangenheit zu sehen. Ich war damals kein sehr guter Ehemann, Sohn oder Freund. In diesem Moment wurde mir bewusst, welche besonderen Momente ich verpasst habe. Ich glaube, das war ein Punkt der Reflexion, der mir erlaubte, mein Leben zu überdenken und mir zu sagen: "Okay, ich mache die Dinge nicht auf die richtige Weise."

Was hat Sie während Ihrer Zeit im Gefängnis dazu gebracht, nicht aufzugeben?

Als ich ins Gefängnis kam, brach ich zusammen und weinte. Da fragten mich die anderen Gefangenen, die ich zuvor als Monster bezeichnet hatte: Brauchst du etwas zum Lesen? Hast du Hunger? In diesem Moment gab es sonst niemanden. Ich hatte meinen Glauben an Gott, an die Menschheit und an alles andere verloren. Die einzigen Menschen, die in diesem Moment da waren, waren die Insassen des Todestrakts. Und das war etwas sehr Besonderes.

Das hat also Ihre Sichtweise auf die Gefangenen verändert?

Was die Gefangenen angeht, ja. Aber ich glaubte zu diesem Zeitpunkt immer noch an die Todesstrafe. Ich glaubte, dass die Todesstrafe den Familien der Opfer Frieden bringen könnte. Heute weiß ich: Der Tod eines Menschen kann den Tod eines anderen Menschen nicht aufwiegen.

Sind Sie im Todestrakt jemandem begegnet, der ihrer Meinung nach die Todesstrafe verdient hat?

Von all denen, die ich getroffen habe, glaube ich nicht, dass einer von ihnen es verdient hätte, zum Tode verurteilt zu werden. Ich glaube nicht, dass die Todesstrafe jemals eine Option ist.

Wie sollten Gefängnisse Ihrer Meinung nach mit Schwerverbrechern umgehen?

Ich denke, dass diejenigen, die diese schrecklichen, grausamen, abscheulichen Verbrechen begangen haben, nicht die Todesstrafe, sondern psychologische Hilfe brauchen. Sie müssen für ihre Taten bestraft werden, aber ich glaube auch daran, dass jeder sich ändern kann. Ich war kein Mörder, bevor ich in den Todestrakt kam, aber ich war arrogant, dumm, ich war ein Idiot. Heute ist es über 20 Jahre her, dass ich entlassen wurde, und ich versuche immer noch, der beste Mensch zu sein, der ich sein kann. Es ist die Erinnerung an das, was ich durchgemacht habe, die mich zu dem macht, was ich heute bin.

Glauben Sie, dass die USA mit Trump als neuem Präsidenten Veränderungen im Hinblick auf die Todesstrafe erwarten können?

Darüber hätte ich mir vor 10 Jahren Sorgen gemacht, aber ich glaube, dass Trump im Moment viel zu viele Probleme zu bewältigen hat, als dass er auch nur über die Todesstrafe nachdenken würde. Ich denke, wenn jemand damit zu ihm kommt, wird er einfach sagen: "Moment, wir haben möglicherweise den 3. Weltkrieg vor uns, wir haben keine Zeit dafür".

 
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