Die Ölpreiskrise 1973 war sein politisches Erweckungserlebnis. Während die Weltwirtschaft abstürzte, ist der junge Manfred Dürr, so erzählt er es heute, durch das Haus seiner Eltern gelaufen und befestigte Sensoren an den Heizungen. Der Drang zum Energiesparen ist Dürr, der für die Grünen im Würzburger Stadtrat sitzt, seitdem nicht verloren gegangen. An einem sonnigen Morgen sitzt er in seinem Wohnzimmer und präsentiert das Strommessgerät, mit dem er noch heute den Verbrauch jeder elektronischen Neuanschaffung überprüft.
Seit über 20 Jahren lebt der 63-jährige Wahl-Würzburger mit seiner Frau Heike Fischer in einer Dreizimmer-Mietwohnung in der Zellerau. Ein liebevoll bepflanzter Balkon, auf dem sich Wildbienen in der Erde eines Blumentopfes eingenistet haben, geht vom Wohnzimmer ab. Zwischen bunten Bildern, die Heike Fischer selbst gemalt hat, sitzen die beiden auf dem Sofa und erzählen von ihrem Alltag und ihrer Mission. Das Paar sieht sich als Vorreiter eines Kulturwandels, "da wir uns als Gesellschaft einen verschwenderischen Lebensstil nicht mehr leisten können", so Dürr.
Warum Sparsamkeit kein Spaß ist
Als Stadtrat sieht sich Dürr in der Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ihn bedrücke, dass Öl- und Gasimporte nicht nur den Klimawandel, sondern auch den Krieg in der Ukraine anfeuern würden. Für ihn ist daher klar: "Eigentlich brauchen wir als Gesellschaft jetzt zehn Jahre Pause vom 'just for fun'!"
Also kommt seit Jahren jeder Aspekt seines Alltags auf den Prüfstand, ob man hier und da nicht doch noch ein bisschen sparen könnte. Ob Elektrogeräte, Essensgewohnheiten oder der Wasserverbrauch, alles werde optimiert. Was für Dürr Alltag ist, könnte für manch Außenstehenden wie ein Überlebenstraining für eine kommende Klimakatastrophe wirken. So verzichtet er des Öfteren beim täglichen Duschen auf warmes Wasser und gießt die morgendlichen Haferflocken mit Wasser anstatt Milch auf.
Wie kann man Urlaub und Mobilität nachhaltig verstehen?
Dass Nachhaltigkeit aber nicht unbedingt "weniger", sondern auch einfach "anders" bedeuten kann, betont das Paar beim Thema Urlaub. Die beiden leidenschaftlichen Kanufahrer paddeln alljährlich durch die mitteleuropäischen Gewässer, wie zuletzt im Spreewald. Zu Land sind sie meist mit dem Fahrrad oder der Bahn unterwegs und auch bei längeren Strecken verzichten sie auf Flüge. Exemplarisch dafür präsentiert der 63-Jährige sein rotes Klapprad, das er häufig dabei hat, weil man es so leicht in der Bahn mitnehmen kann.
Davon hat der Ingenieur auch während seiner beruflichen Laufbahn häufig Gebrauch gemacht. 20 Jahre war er in der Windenergie-Branche beschäftigt und pendelte mit Bahn und Rad nach Ochsenfurt. Seit drei Jahren sitzt er für die Grünen im Würzburger Stadtrat und hat seinen eigentlichen Beruf inzwischen aufgegeben, um sich voll und ganz auf das Ehrenamt zu konzentrieren.
Sind ökologisch und sozial Widersprüche?
Die häufig geäußerte Kritik an seiner Partei, sie würde mit ihren Aufrufen zu mehr Sparsamkeit, diejenigen vergraulen, die eh schon wenig haben, kann Manfred Dürr nicht verstehen. Er ist überzeugt, dass sich die erneuerbaren Energien im Vergleich zur Atomkraft oder fossilen Energien langfristig als ein "globales Friedensprojekt" entwickeln würden. Und auch lokal sieht er die soziale Frage nicht vernachlässigt. Zum Beispiel beim Wohnen: "Wenn nicht energieeffizient gebaut wird, merken das die Mieter über ihre Nebenkostenals erste."
Das sparsame Wohnen der beiden Zellerauer lässt sich auch an den Zahlen ablesen. So liegt ihr jährlicher Stromverbrauch bei nur etwa 500 Kilowattstunden im Jahr. Zum Vergleich: Bei der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) gilt ein Wert bis zu 1800 für zwei Personen als sehr niedrig. "Es gibt Kühlschränke mit Energieeffizienz A+, die trotzdem einen höheren Stromverbrauch haben als unser ganzer Haushalt", scherzt Dürr.
Der Lohn dafür ist ein grünes Schild am Hauseingang: "ZDF-Energiesparmeister 2007" ist darauf zu lesen. Die Plakette wurde dem Ehepaar für seinen sparsamen Lebensstil im Garten des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler verliehen.
1950 2,2Milliarden Menschen
2022 8,3 Milliarden Menschen
Technik ist da wirklich die einzige Möglichkeit, diese schiere Masse satt zu bekommen. Und nur BIO reicht auch nicht.
Daran könnte sich nur etwas ändern, wenn jeder Mensch, vor allem in den „entwickelten“ Staaten, seinen Lebensstil radikal einschränkt. So wie Manfred Dürr. Und zugleich bin ich so realistisch, dass das nicht passieren wird. Mein persönliches Fazit: Wir befinden uns an Deck der untergehenden Titanic.
Sie wollen bestimmt auch nicht, dass immer häufiger durch Extremwetterereignisse Menschen Hab und Gut verlieren oder sogar ihr Leben. Die Wasserversorgung in Unterfranken ist teilweise schon am Limit. Wie sieht das erst in 20 oder 50 Jahren aus?
Ich will das jedenfalls nicht und ich will dazu beitragen, dass die Menschheit nicht in eine unaufhaltbare Dauerkrise schlittert. Wer das hämisch und unsachlich kritisiert hat leider nicht kapiert, was Sache ist.
Was ist das denn für ein unsachlicher (und auch unzulässiger) Vergleich? Etwas weniger Polemik würde ich mir von @hentinger in seinen zahlreichen Kommentaren wünschen.
Sie gefallen mir immer besser:)
Danke für so viel Realismus.