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Würzburg
Arzt in Würzburg erpresst: Staatsanwalt geht gegen mildes Urteil in Berufung
Wegen Beihilfe zur Erpressung wurden eine Frau und ein Mann zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Staatsanwaltschaft sieht ihre Rolle indes durch das Gericht unzureichend bewertet.
Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten den Prozess um die Erpressung eines Würzburger Arztes. Die Staatsanwaltschaft will sich mit dem Urteil nicht zufriedengeben.
Foto: Thomas Obermeier | Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten den Prozess um die Erpressung eines Würzburger Arztes. Die Staatsanwaltschaft will sich mit dem Urteil nicht zufriedengeben.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 00:06 Uhr

Die Staatsanwaltschaft gibt im spektakulären Fall um die Erpressung eines Würzburger Oberarztes nicht auf. Ihrer Ansicht nach kommt der mögliche Hintermann der 18-jährigen Prostituierten mit einem Urteil von sieben Monaten zur Bewährung zu billig davon. "Wir gehen in Berufung", bestätigt Thorsten Seebach, der Sprecher der Behörde, auf Anfrage.

Mit heimlich geknipstem Bild erpresst

Der Arzt hatte im vergangenen Sommer die junge Prostituierte über ein Internetportal zu heimlichen Treffen in der Klinik gebucht. Dabei hatte die "Privatpatientin" heimlich ein Bild gemacht. Zwei Tage später tauchte die junge Frau erneut auf, in Begleitung einer "Dolmetscherin". Gemeinsam drohten sie dem Arzt mit Enthüllungen gegenüber der Klinik und seiner Frau, wenn er nicht 15.000 Euro Schweigegeld zahle.

Bei der Geldübergabe wurde die 18-Jährige festgenommen, dann auch die 26-jährige Begleiterin und deren 33-jähriger Verlobter, ein Mann mit krimineller Vergangenheit, der bei der Erpressung beraten haben soll.

Drohung: "Komm nicht ohne Geld zurück..."

In ihrem eigenen Verfahren hatte die schüchterne 18-Jährige Zweifel daran genährt, dass die Erpressung ihre Idee war. Sie sei nur williges Werkzeug gewesen und habe Angst vor dem Landsmann, sagte ihr Verteidiger vor Gericht. Überdies fand die Polizei eine Sprachnachricht des Mannes auf dem Handy der 18-Jährigen, die drohend klang: "Komm nicht ohne das Geld zurück, sonst bist du tot", hieß es darin sinngemäß.

Sie kassierte eine 14-monatige Haftstrafe für die tragende Rolle bei der Erpressung. Völlig verändert stellte sich die Situation dar, als vergangene Woche die Übersetzerin und ihr Landsmann auf der Anklagebank saßen. Den Rücken stärkten den beiden mehrere weitere Damen, die ihre Dienste auf der gleichen Internetseite feilbieten, und deren muskelbepackte Begleiter.  Die machten aus ihrer Sympathie für die Angeklagten keinen Hehl. Dagegen schien für die junge Frau der Gang zwischen ihnen hindurch in den Zeugenstand ein regelrechter Spießrutenlauf.

Schüchterne Zeugin

Verschüchtert nahm sie dort – ganz anders als im eigenen Prozess - die Verantwortung für den Erpressungsplan auf sich. Sie mühte sich erkennbar, die zwei angeklagten Landsleute zu entlasten. Plötzlich war alles ihre Idee und der Mann (der für den gewaltsamen Tod eines Landsmannes schon siebeneinhalb Jahre hinter Gittern verbracht hatte) nur ein Freund, der ihre Miete zahlte - und ihr gar zuerst von der Erpressung abgeraten haben soll. Dabei konnte sie ihm nicht einmal ins Gesicht sehen.

Eine Verteidigerin schaffte es auch, dem Gericht klarzumachen, dass die drohend klingenden Worte des Mannes auf dem Handy der 18-Jährigen auf Rumänisch umgangssprachlich auch viel harmloser übersetzbar sei – praktisch eine grob klingende, aber im Kern harmlose Mahnung.

Damit blieb dem Gericht zu wenig, um zu beweisen, dass das Paar Drahtzieher hinter der Erpressung war. Es reichte nur zu jeweils sieben Monaten mit Bewährung für Beihilfe – halb so viel, wie die 18-Jährige, die aus dem Rotlicht aussteigen will. Wie die Staatsanwaltschaft in einer Berufung das Gegenteil beweisen will, ist noch offen.

 
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    War da nicht was

    dass EU und Länder und wer nicht noch alles massiver gegen Zwangsprostitution, Menschenhandel, etc. vorgehen wollten?

    SO wird das vmtl. nie was...
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Von der 18-jährigen wird man wohl kaum eine verwertbare Aussage bekommen können. Sie wird schlau genug sein zu wissen, dass sie von deutschen und anderen Gerichten und Behörden keinen Schutz vor den Hintermännern erwarten kann.

    Da ist es verständlich, dass ihr ihr eigenes Wohlergehen lieber ist, indem sie die Aussage verweigert oder die Schuld auf sich nimmt.

    Mir tut das alles leid. Die Gerichte denen man eigentlich Respekt entgegenbringen sollte entpuppen sich im solchen Prozessen oftmals als Behörden über die man den Kopf schütteln kann.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Von der 18-jährigen wird man wohl kaum eine verwertbare Aussage bekommen können. Sie wird schlau genug sein zu wissen, dass sie von deutschen und anderen Gerichten und Behörden keinen Schutz vor den Hintermännern erwarten kann.

    Da ist es verständlich, dass ihr ihr eigenes Wohlergehen lieber ist, indem sie die Aussage verweigert oder die Schuld auf sich nimmt.

    Mir tut das alles leid. Die Gerichte denen man eigentlich Respekt entgegenbringen sollte entpuppen sich im solchen Prozessen oftmals als Behörden über die man den Kopf schütteln kann.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat: "Die Staatsanwaltschaft gibt im spektakulären Fall um die Erpressung eines Würzburger Oberarztes nicht auf. Ihrer Ansicht nach kommt der mögliche Hintermann der 18-jährigen Prostituierten mit einem Urteil von sieben Monaten zur Bewährung zu billig davon."

    Allergrößten Respekt an die Staatsanwaltschaft! Das Urteil hat bei mir nur Kopfschütteln hinterlassen - warum kann man im Artikel oben gut lesen!

    Es wird Zeit das hier mal mit eisernen Besen mindestens europaweit gekehrt wird. Es ist doch für jeden offensichtlich, dass diese 18-jährige junge Frau in erster Linie Opfer ist und kaum Täter!

    Ich gehe soweit, dass Frauen wie diese junge Dame in eine Art internationales Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Mich erinnert das an die italienische Mafia die vor nichts zurückschreckt, Opfer erpresst, zu Falschaussagen zwingt usw.
    Dieser Art Zwangsprostituion wird man sonst nie Herr werden. Warum kam es hier raus? - weil man mit Erpressung noch mehr Geld machen wollte...
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Schon bedenklich, wenn eine Übersetzung einer vermeintlichen Todesdrohung aus dem Rumänischen zu einer harmlosen Mahnung degeneriert. Das nennt man wohl Inhaltsschwereverlust bei Übersetzung.
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