zurück
Würzburg/Schweinfurt
Arbeitslose in der Region: Offizielle Statistik zeigt oft nur einen Teil der Realität
Die Arbeitslosenzahlen ließen zuletzt in Mainfranken 5700 Menschen unbeachtet. Sind diese "Unterbeschäftigten" ein Potenzial gegen den Fachkräftemangel?
Wenn Monat für Monat die Arbeitslosenzahlen präsentiert werden, bleibt eine Gruppe von Menschen oft unbeachtet: die sogenannten Unterbeschäftigten. Das wirft die Frage auf, inwiefern sie ein Potenzial im Kampf gegen den Fachkräftemangel sein könnten.
Foto: Sebastian Kahnert, dpa (Symbolbild) | Wenn Monat für Monat die Arbeitslosenzahlen präsentiert werden, bleibt eine Gruppe von Menschen oft unbeachtet: die sogenannten Unterbeschäftigten.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:15 Uhr

Wenn die Agenturen für Arbeit in wenigen Tagen wieder ihre Monatszahlen präsentieren, dann geht es in den Medien meistens nur um Arbeitslose im herkömmlichen Sinn. Doch ein tieferer Blick auf die Zahlen zeigt, dass es noch mehr Menschen ohne Job gibt. Zumindest zeitweise, aber unter Umständen mit Potenzial. Ein Aspekt, der im Kampf gegen den Fachkräftemangel interessant sein könnte.

In Mainfranken gab es im August 16.200 Arbeitslose. Das sind etwas mehr Menschen als Bad Neustadt Einwohner hat. Freilich ist die Arbeitslosenquote mit 2,6 Prozent im Raum Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart sowie mit 3,5 Prozent in Schweinfurt/Main-Rhön noch vergleichsweise moderat, denn Fachleute sprechen von Vollbeschäftigung.

Anders ausgedrückt: In Mainfranken haben die meisten Menschen im arbeitsfähigen Alter einen Job. Zugleich herrscht seit Jahren ein eklatanter Mangel an Fachkräften, viele Stellen sind unbesetzt.

Hier stellt sich die Frage, inwiefern jener Personenkreis relevant ist, den die Agenturen für Arbeit als "Unterbeschäftigte" im engeren Sinn bezeichnen. In Mainfranken waren das im August immerhin 5700 Menschen. Um beim erwähnten Größenvergleich zu bleiben: Das entspricht der Einwohnerzahl von Kolitzheim (Lkr. Schweinfurt) oder Zeil am Main (Lkr. Haßberge).

Was mit "Unterbeschäftigten" gemeint ist

Zu den Unterbeschäftigten im engeren Sinne zählen die Arbeitsagenturen in Würzburg und Schweinfurt zum Beispiel Männer und Frauen, die eine Weiterbildung machen oder aus diversen Gründen dem Arbeitsmarkt kurzfristig nicht zur Verfügung stehen - zum Beispiel, weil sie krank sind.

Insofern nennt Sprecher Wolfgang Albert von der Arbeitsagentur in Würzburg die Unterbeschäftigten eine Gruppe, die "sehr heterogen" ist und deren Größe sich von Monat zu Monat stark verändere. Unterbeschäftigte im weiteren Sinne sind alle Menschen die gerade nicht in einem Arbeitsverhältnis sind, als auch die klassischen Arbeitslosen.

Berufsfortbildungen spielen eine Rolle

Abgesehen von diesen Feinheiten der Statistik befinden sich unter den Unterbeschäftigten zum Beispiel Teilnehmerinnen und Teilnehmer von längerfristigen Berufsfortbildungen, die danach mit besserer Qualifikation dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen. Damit werde "ein mehr oder weniger großer Beitrag zur Linderung der Fachkräftesituation geleistet", meint Sprecher Albert.

Im August ging es hier im Bereich der Arbeitsagenturen Würzburg und Schweinfurt um 612 Menschen und damit zwölf Prozent weniger als vor einem Jahr. Hinzu kommen 1216 Personen, die eine Fremdförderung erhalten. Albert zufolge geht es dabei zum Beispiel um Sprachkurse, die Flüchtlinge fit für einen Job machen sollen.

Menschen aus dem Ausland: Zahl in der Arbeitsstatistik ist beachtlich

Generell ist die Zahl der Menschen aus anderen Ländern in den Statistiken der Arbeitsagenturen beachtlich. Im Bereich Würzburg waren im August 3027 Ausländerinnen und Ausländer erfasst, die in irgendeiner Weise arbeitslos oder im engeren Sinne "unterbeschäftigt" waren. In Schweinfurt/Main-Rhön sind es weitere 3160, wie die operative Geschäftsführerin Alexandra Ebert auf Anfrage mitteilte.

Von diesen insgesamt gut 6000 Menschen haben den Angaben zufolge 2339 die ukrainische Staatsangehörigkeit. 430 davon machen derzeit einen Integrations- oder Sprachkurs. Damit verbessern sie Albert zufolge "deutlich" ihre Chance, auf dem Arbeitsmarkt der Region unterzukommen.

Geflüchtete aus der Ukraine und der Fachkräftemangel

Überhaupt brächten sie gute Voraussetzungen mit: "Geflüchtete aus der Ukraine verfügen mehrheitlich über ein gutes Bildungsniveau" und könnten mit ausreichenden Sprachkenntnissen "einen Beitrag zur Linderung von Personalengpässen leisten".

Unterm Strich ist man in den beiden Arbeitsagenturen allerdings zurückhaltend, hier grundsätzlich den Silberstreif am Horizont zu sehen. Allein die Menschen aus der Ukraine werden das Fachkräfteproblem in Mainfranken "sicherlich nicht lösen", so Albert. Und die Unterbeschäftigten seien in ihrer Art zu verschieden, um ein "schlummerndes Arbeitskräftepotenzial" zu sein.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Jürgen Haug-Peichl
Arbeitsagenturen
Arbeitslose
Arbeitslosenquote
Fachkräftemangel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • E. W.
    @Einwohner

    Sehe ich genau so. Als ich locker in die Rente gleiten wollte habe ich die zwei Jahre Alg-1, die einem Ü-58 zustehen noch mitgenommen. Mein Wunsch tatsächlich wieder "in Lohn und Brot" zu kommen war eher gering ausgeprägt. Aber wer Arbeitslosengeld (wofür hat man schließlich jahrzehntelang eingezahlt?) kassieren will, muss halt so tun als ob.

    Trotzdem hat das Amt noch viel Geld in die Hand genommen um mich mit anderen "Arbeitssuchenden" in ähnlicher Lage doch noch zu vermitteln.

    Keiner - oder kaum einer - in dem Vermittlungskurs hatte große Lust noch einma auf die Arbeit zu dackeln. Alle arbeiteten auf Frührente oder reguläre Rente hin.

    Wäre billiger, Arbeitslose, die schon ein gewisses Alter haben und die eh nur noch auf Rente aus sind einfach in Ruhe zu lassen. Wer hat denn heute noch große Lust, sich die Zumutungen des Arbeitslebens bis zum bitteren Ende anzutun,.

    Wer eine Chance hat vorzeitig rauszukommen greift doch zu.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Sowas nennt man Sozialschmarotzer. Dafür gibt es die Sozialversicherungen sicherlich nicht. Das ist asozial was Sie da berichten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Sowas nennt man wirtschaftliche Vernunft.

    Man wird nicht jünger und gesünder. Die letzten fitten und gesunden Jahre im Leben sind doppelt wertvoll. Wieso sollte man die noch mit Vollzeit-Arbeit für fremde Leute vertun, wenn man einen Ausweg hat?

    Was glauben Sie wohl, wieviele Leute noch aus lauter Edelmut und Spaß an harter Arbeit im Niedriglohn die Knochen hinhalten werden, wenn das neue Bürgergeld kommt?

    Ich war viele Jahre lang auch so naiv und habe mich von einem falschen Arbeitsethos in die Irre leiten lassen.

    Heute weiß ich, dass man zunächst mal an sich selbst denken und für sich selbst sorgen muß, denn sonst tut es kein anderer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Wir haben Vollbeschäftigung. Jeder der eine Arbeit möchte, bekommt auch eine. Jeder der heute keine hat, möchte nicht arbeiten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. K.
    Du musst es ja wissen ... arrogante Meinungsäußerung !!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Ich sehe das ähnlich wie "Einwohner" Es mag sein, dass nicht jeder den Job bekommt, den er gerne in die Erlebnisoase gelegt bekommen will. Zuweilen rächt es sich, eben nichts gelernt oder sich entsprechend weitergebildet zu haben. Da bleibt man eben am unteren Ende der Leiter.
    Alle anderen können nach oben kommen, wenn sie es wollten.
    Ansonsten sehe ich die Antwort von wmk als arrogante Meinungsäusserung ohne Substanz.
    Der betroffene Hund bellt...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Gerade wenn man gut verdient lohnt es sich in Steuerklasse I nicht mehr sozialabgabenpflichtig Held der Arbeit zu spielen.

    Ich habe mich jedesmal grün und blau geärgert wenn ich gesehen habe was mir abgezogen wird. Gegeben wurde vielen - nur mir nicht. Daher habe ich sobald die solide wirtschaftliche Basis geschaffen war, den Ausstieg aus dieser "Solidargemeinschaft" gesucht.

    Immer nur einzahlen und nie etwas rausholen ist auf Dauer ein ziemlich reizloses Spiel.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten