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Würzburg
Alte Mainbrücke in Würzburg: Wie sie in 900 Jahren zum Wahrzeichen wurde
Früher war sie eine schlichte Notwendigkeit für Handel und Verkehr, heute ist sie ein Touristen-Hotspot: Vor 900 Jahren wurde mit dem Bau der steinernen Mainbrücke begonnen. Was Sie über ihre Geschichte wissen müssen.
Die Mainbrücke mit der Marienburg um 1800.
Foto: Museum für Franken | Die Mainbrücke mit der Marienburg um 1800.
Bearbeitet von Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:51 Uhr

Eines der eindrucksvollsten technischen  Baudenkmäler der Stadt Würzburg ist die Alte Mainbrücke. Laut dem Bauhistoriker Franz Seberich handelt es sich um die „älteste größere Steinbrücke in Deutschland“.

Die in romanischer Zeit von 1120 bis 1133 vom Stadt- und Dombaumeister Enzelin auf sieben steinernen Bögen errichtete Brücke stellt – auch mit Blick auf die hohe Fließgeschwindigkeit des Mains – eine architektonische Meisterleistung dar. Zuvor konnte der Fluss jahrhundertelang nur über eine Furt bzw. mittels einer Fähre überquert werden. Immerhin fiel der Beschluss zum Bau der berühmten 16-bögigen Brücke der Reichsstadt Regensburg von 1135 bis 1146 erst drei Jahre nach Fertigstellung des Würzburger Projektes. Die beiden Aufsehen erregenden Bauten spiegeln auch die damalige Bedeutung der Fernstraße und des regen Fernhandels von Frankfurt über Würzburg nach Regensburg wider.

Alte Mainbrücke in Würzburg wurde von Enzelin erbaut

Baumeister Enzelin wird nur in wenigen Urkunden greifbar. In einer steht, dass er im Auftrag seines Bischofs Embricho, der von 1127 – 1146 regierte, die Brücke als Weg zum Münster, dem Dom, gebaut hat ("pontem viam ad monasterium fecerat"). Er erhielt 1133 nicht nur das Lob des Bischofs für dieses „herausragende Werk“, sondern auch den Beifall aller Würzburger Bürger ("acclamantibus omnibus civibus nostris"). Selten ist im Mittelalter ein solches Lob urkundlich belegt.

Das Projekt darf jedoch nicht isoliert gesehen werden. Wie Winfried Schich nachgewiesen hat, ist die Westfront des Domes in der Regierungszeit von Bischof Bruno errichtet worden, der, inspiriert vom Dombauprojekt seines Vetters in Speyer, wie dieser eine repräsentative Einzugsstraße zum Dom mit eindrucksvoller Breite wünschte, eben eine erweiterte Domstraße. Hierzu zählte auch der Flussübergang, denn Brücke, Straße und Westfassade des Domes bilden – und dies gilt bis heute – eine architektonische Einheit. 

Dom, Domstraße und Mainbrücke mit zwei Türmen in frühester Darstellung 1552.
Foto: Museum für Franken. | Dom, Domstraße und Mainbrücke mit zwei Türmen in frühester Darstellung 1552.

In diesem Zusammenhang wurden die ursprünglich schmale Domstraße zu einem Forum, zum Marktplatz, erweitert und die alten Grundstückgrenzen zurückverlegt. Bischof Embricho ließ das Brückenprojekt abschließen, indem er seinen Dombaumeister Enzelin nun auch zum Brückenarchitekten bestellte.

Aufblühender Handel auf der Alten Mainbrücke

Hatten Kaufleute und Händler von Frankfurt, Mainz, Worms, Speyer, Heidelberg oder Heilbronn die im 12. Jahrhundert bereits ummauerte, rechtsmainische Stadt erreicht, befanden sie sich auf der Domstraße, dem städtischen Marktplatz. Bis zu den Stufen des Doms und zum Kürschnerhof spielte sich hier das Wirtschaftsleben ab, der Wochenmarkt, der Jahrmarkt und der Geldwechsel. Um den Grafeneckart standen die Salzkästen, die Ledertische und die Fleischbänke sowie der Methof, direkt gegenüber war die Münze. Getreidewaagen und Kornhaus lagen in Richtung Marienkapelle. Holz und Baumaterial wurden außerhalb der Stadtmauer vor dem Holztor am Fluss umgeschlagen.

Der Main fungierte bis in die Neuzeit als wichtige Transportroute, denn der Landweg war etwa fünf Mal teurer als der Wasserweg. Aus dem Steigerwald kamen vor allem riesige Flöße, wobei viele der Stämme ins Rheinland und nach Holland verfrachtet wurden. Das kleinere angelandete Klafterholz verarbeiteten die Würzburger Handwerker im Wein- und Häuserbau. Weitere Massengüter waren Wein, Getreide, Leder und Metallwaren.

Keine benachbarten Steinbrücken in Würzburg und Umgebung

Steinerne Brücken über den Main gab es in der Nähe keine. Erst in Aschaffenburg stand als einzige Brücke zwischen Frankfurt und Würzburg eine schlichte Holzkonstruktion zur Verfügung. Für Kitzingen wird erstmals um 1300 ein fester Flussübergang, ebenfalls aus Holz, erwähnt. Der oft reißende Strom konnte nun hier in Würzburg mit Wagen, Karren und Lasttieren zügig und sicher überquert werden, ein enormer Vorteil für Nah- und Fernhandel. Allerdings musste Zoll gezahlt werden. Dieser wurde am Zollhaus, das als Anbau auf einem der Brückenpfeiler stand, kassiert. Der Flussübergang war zweifach gesichert, nämlich über das äußere und das innere Brückentor.

Würzburger Mainviertel rückte durch die Alte Mainbrücke zur Altstadt

Bei Fehden konnte die Nutzung somit wirkungsvoll verhindert werden. Über Nacht blieben die Tore ohnehin gesperrt. Wächter und Torschließer wurden, wie die städtischen Ratsprotokolle des 15. Jahrhunderts berichten, von der Stadt bezahlt und von den Bürgermeistern beaufsichtigt. Ein nicht geringer Vorteil war natürlich, dass mit der neuen Möglichkeit einer sicheren Mainüberquerung Würzburgs linksmainische Siedlung, das heißt die Vorstadt am Fuße des Burgberges, topographisch eng mit der hochmittelalterlichen Stadt verbunden wurde. Während jenseits des Mains ursprünglich vor allem viele Fischer wohnten, kam es nach der Fertigstellung zu einer stärkeren und vielschichtigeren Besiedelung der Uferstreifen.

Mainbrücke um 1570 (aus der Frieschronik).
Foto: Universitätsbibliothek Würzburg | Mainbrücke um 1570 (aus der Frieschronik).

Angehörige von sogenannten Ministerialengeschlechtern, bischöflichen Amtspersonen mit Sitz in der Altstadt, errichteten hier ihre Höfe, städtische Handwerker ließen sich ebenfalls nieder. Besonders stark vertreten waren dabei die Bäcker, die zudem in der Nähe zum Brückenaufgang ein Backhaus errichteten. Weiter ist an der nun vielbefahrenen Straße eine Schmiede nachweisbar.

Hochwässer in Würzburg gefährden Brückenbau

Im Lauf des 14. und 15. Jahrhunderts wurde die Mainbrücke indes mehr und mehr baufällig. Regelmäßig auftretende Hochwässer, die Eisschollen oder Holzmaterial mit sich führten, zerbrachen die mittleren der gewölbten Brückenbögen. Als Ersatz verband man die steinernen Pfeiler mit Holzkonstruktionen, die oft zur Dauerlösung wurden. Umstritten war die Pflicht zum Bauunterhalt.

Schließlich einigten sich 1473 Stadt und Bischof auf einen Brückenerneuerung. Immerhin hatte die erste Brücke fast 350 Jahre lang vielen Fluten, dem Eis und Treibgut standgehalten. Man verstärkte nun die Fundamente der romanischen Brückenpfeiler und schützte diese mit bugförmigen Vorbauten gegen die Fließrichtung des reißenden Stromes. 1488 waren die neuen Steinpfeiler aus Muschelkalk fertig gestellt. Ab 1512 wölbte man die Brückenbögen nach und nach wieder steinern ein.

1525 entstanden während des Bauernkrieges durch Beschuss von der Marienburg aus am äußere Brückentor schwere Schäden. 1722 wurde das innere, inzwischen überflüssig gewordene Brückentor abgerissen. Unter Fürstbischof Christoph Franz von Hutten brachte man ab 1728 auf der Mainbrücke die ersten Heiligenfiguren an. 1784 traf die Stadt schließlich ein verheerendes Hochwasser mit dem – wie an den Markierungen am Rathauseingang erkennbar ist – höchsten jemals gemessenem Wasserstand des Mains.

Auf diesem Foto (um 1946) ist bereits wieder eine Notbrücke über die am 16. März 1945 zerstörte Alte Mainbrücke gelegt.
Foto: Walter Röder | Auf diesem Foto (um 1946) ist bereits wieder eine Notbrücke über die am 16. März 1945 zerstörte Alte Mainbrücke gelegt.

Am Kriegsende 1945 wurde einer der mittleren Brückenbogen von den Nationalsozialisten beim Rückzug gesprengt. Dies verzögerte den Vormarsch der Alliierten allerdings höchstens um 24 Stunden. Wie bereits bei den Zerstörungen durch Eisgang überquerte man den Strom nun mittels einer darüber geschobenen Behelfskonstruktion, doch dieses Mal nicht, wie in den Jahrhunderten zuvor, aus Holz, sondern mit einer der sogenannten Bailey-Bridges aus Metall.

Text: Ulrich Wagner

 
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Kommentare
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  • G. K.
    Und heute? Ein kaum noch zu passierender Verkehrsweg, wenn die uralte Verbindung über den Main wieder zur Säuferbrücke degradiert wird.
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  • C. H.
    Danke Herr Wagner und Herr Schleicher! Sehr interessante Zusammenfassung der Historie!
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