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Würzburg
Ein Tor musste weg: Wie sich Würzburgs Alte Mainbrücke wandelte
Die Alte Mainbrücke ist heute ein Hotspot für Einheimische wie für Touristen. Im 19. Jahrhundert hat sich das Bauwerk stark verändert. Ein Wappen zeugt heute noch davon.
Die Alte Mainbrücke ist heute ein Hotspot für Einheimische wie für Touristen. Im 19. Jahrhundert hat sich das Bauwerk stark verändert. Ein Wappen zeugt heute noch davon.
Foto: Daniel Peter | Die Alte Mainbrücke ist heute ein Hotspot für Einheimische wie für Touristen. Im 19. Jahrhundert hat sich das Bauwerk stark verändert. Ein Wappen zeugt heute noch davon.
Bearbeitet von Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 10.01.2020 02:10 Uhr

Wenn das Magazin "GEO" die Alte Mainbrücke in Würzburg 2018 zu einer der zehn schönsten Brücken Deutschlands kürte, dann sprach es damit vielen Würzburgern aus dem Herzen – wobei die Alte Mainbrücke für die meisten Bürger natürlich nicht nur unter den „Top Ten“ ist, sondern selbstverständlich auf Platz 1 rangiert. Von 1702 bis 1869 hatte das im 12. Jahrhundert von Baumeister Enzelin errichtete, mehrmals zerstörte und wiederaufgebaute Bauwerk noch eine ganz andere – vielleicht sogar prachtvollere – Wirkung als heute.

Das Brückentor sollte die Stadt gegen fremde Eindringlinge schützen

Ob es deshalb schöner war, darüber lässt sich trefflich streiten, lebt die Brücke über den Fluss doch gerade auch von ihrer freien Blickachse zwischen Dom und Festung. Die war anno dazumal zwar nicht verbaut, aber um ein weiteres Bauwerk, durch das man hindurchblicken konnte, ergänzt: „Am westlichen Ende befand sich ein Brückentor“, sagt der geschichtskundige Würzburger Dirk Eujen. „Es wurde 1702 gebaut und war mit prächtigen Schauseiten, Schießscharten und Geschützplattformen ausgestattet.“ Zweck des Brückentors und seiner Vorgängerbauten – die alte Mainbrücke war früher von zwei Türmen flankiert, die 1702 abgerissen wurden, also das gleiche Schicksal erlitten wie 1869 das linksmainische Brückentor – war, die Stadt gegen fremde Eindringlinge zu schützen.

Das Brückentor auf einer historischen Aufnahme. Oben ist das Wappen des Fürstbischofs Johann von Greiffenclau sichtbar.
Foto: Stadtarchiv Würzburg | Das Brückentor auf einer historischen Aufnahme. Oben ist das Wappen des Fürstbischofs Johann von Greiffenclau sichtbar.

„Auf der Brücke gab es einst auch noch die Gotthard-Kapelle: Wenn der Fürstbischof zu Pferd in die Stadt ritt, konnte er sich dort sein Bischofsornat anziehen“, sagt Eujen. Auch habe hier ein kleines Häuschen gestanden, in dem vor 1700 Brückenzoll erhoben wurde. Denn die heutige Domstraße war damals eine wichtige Handelsstraße. Erst seit Juni 1990 ist sie für den Verkehr gesperrt.

Vom Brückentor blieb das fürstbischöfliche Wappen erhalten

Baumeister des 1702 errichteten Tors waren entweder Antonio Petrini oder Andreas Müller. In der Mitte über dem Tor prangte ein von Balthasar Esterbauer geschaffenes Wappen des freundlichen, mitfühlenden, warmherzigen und bauwütigen Fürstbischofs Johann von Greiffenclau, der sich, als das Tor gebaut wurde, in Amt und Würden befand. Und eben jenes Wappen ist heute noch erhalten, befindet sich aber an anderer Stelle.

Das Wappen des Fürstbischofs Johann von Greiffenclau befindet sich jetzt am Eingang zur Fußgängerunterführung.
Foto: Eva-Maria Bast | Das Wappen des Fürstbischofs Johann von Greiffenclau befindet sich jetzt am Eingang zur Fußgängerunterführung.

Bis es so weit kam, vergingen allerdings noch einige Jahrzehnte: Nachdem 1856 die Festungseigenschaft der rechtsmainischen Stadt aufgehoben worden war, beantragte der Stadtmagistrat 1864 den Abbruch: „Das Tor selbst hat in ästhetischer Beziehung keinen Wert und es ist die freie Entwicklung des Verkehrs wichtiger als die Erhaltung eines so großen Hemmnisses“, so das Argument. „Der Antrag wurde seitens der Kommandantur abgelehnt, da die Festungseigenschaft des linksmainischen Mainviertels noch bestand. Doch man fand einen Kompromiss“, sagt Eujen. Bis dahin hatte es nur eine große Tordurchfahrt gegeben, nun wurde seitlich rechts und links ein Fußgängertunnel durch die Kasematten gebrochen.

1867 verschwand die Befestigung des Mainviertels

Als das Mainviertel 1867 schließlich ebenfalls entfestigt wurde, stand dem Abbruch nichts mehr im Wege, das Tor wurde 1869 abgetragen. Allerdings konnten einige Relikte gerettet werden: „Die beiden Krieger der Ostfassade finden sich heute im Mainfränkischen Museum und die ehemaligen Scheitelsteine – Fratzen – sind am Treppenaufgang zur Tivolistation der Firma Buchner eingebaut“, sagt Dirk Eujen. Die beiden Kriegsgöttinnen der Westfassade – Pallas Athene und Minerva – gingen auf eine weite Reise und stehen heute im Gartenpark eines rheinischen Fabrikanten in Wuppertal-Elberfeld. Und das von Greifen eingerahmte Wappen des Fürstbischofs Johann von Greiffenclau, das sich an der Ostfassade befand, hängt jetzt über einem anderen Durchgang.

Besonders Menschen, die gern im Biergarten „Goldene Gans“ zu Gast sind, kennen es: Es befindet sich über der Unterführung, durch die durstige Radler, hungrige Wanderer und Sonnenanbeter zu dem idyllisch gelegenen Platz am Fluss gelangen. Weil es an der dem Main zugewandten Seite hängt, sieht man es allerdings erst, wenn man den Biergarten wieder verlässt. Sozusagen als krönenden Abschluss.

Text: Eva-Maria Bast

Der Text stammt aus dem Buch „Würzburger Geheimnisse - Band 2“ von Eva-Maria Bast, das in Kooperation mit der Main-Post entstand. Das Buch enthält 50 Geschichten zu historischen Geschehnissen und Orten. Präsentiert werden die Begebenheiten jeweils von Würzburger Bürgern.

 
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Kommentare
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  • H. T.
    Schöner Artikel. Danke
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  • S. B.
    Ich bekenne: Das Wappen an der Unterführung ist mir noch nie aufgefallen.
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