Ob Zigarettenkippen, Einwegbecher oder Plastikverpackungen – kein Abfall ist vor Robert und Julie Bausenwein sicher. Das Vater-Tochter-Gespann aus Höchberg hat sich das Ziel gesetzt, die Wege am Main in der Region Würzburg von Unrat zu befreien.
Das ehrenamtliche Projekt trägt deshalb den Namen "Maincleanup", zu deutsch etwa "Mainsäuberung". Mehrmals im Monat sind die beiden dafür unterwegs und füllen Sack um Sack mit dem Müll anderer Leute. Was sie dabei finden ist oftmals ekelig, häufig ärgerlich, manchmal aber auch gefährlich.
Mit Handschuhen und Eimern bewaffnet
Auch an einem Nachmittag im Mai zieht das Duo los. Während Studenten am Main entspannen, Familien spazieren gehen und die Sonne genießen, fängt die Arbeit für Robert und Julie an. Ihr Ziel: Sie wollen rund 300 Meter Uferweg am Main, von Heidingsfeld bis zur Mainschleuse in Randersacker, von Abfall befreien.
Ausgerüstet sind die beiden mit Handschuhen, Eimern, Müllgreifern und blauen Warnwesten. "Maincleanup – Jeder kann was tun" steht auf deren Rückseite. Während Julie vorausgeht, zieht ihr 45-jähriger Vater einen umgebauten Bollerwagen hinter sich her.
Der Müll wird nie weniger, es gibt immer etwas zu tun
Darin enthalten: Weitere Eimer, eine leere Wäschewanne und Plastiksäcke – für Müll, Glasscherben und Pfandflaschen, die die beiden während der Aufräumaktion sammeln. Die Müllsäcke, die die Bausenweins verwenden, sind aus recyceltem Plastik. "So entsteht kein neuer Müll", erklärt Robert Bausenwein.
Mittlerweile gehen die beiden jeden Sonntag Müll sammeln, immer auf einer anderen Strecke entlang des Mains. Rund zwei Stunden sind sie dabei meist unterwegs. Erfolgreich waren sie bisher immer, denn "der Müll wird nie weniger".
Der Anstoß für das Projekt kam von Julie, berichtet ihr Vater. Was eigentlich als Schulprojekt gedacht war – inspiriert vom "RhineCleanUp", einer Aufräumaktion entlang des Rheins – konnte wegen Corona nicht umgesetzt werden. Doch die 21-Jährige wollte sich davon nicht abhalten lassen und nahm die Aktion zusammen mit ihrem Vater selbst in die Hand.
"Der Müll bleibt nicht im Main liegen, sondern der Fluss treibt ihn weiter, bis er irgendwann im Meer landet", erklärt Julie ihren Ansporn, während sie mit ihrem Müllgreifer eine Plastikverpackung in ihren Eimer fallen lässt. Auf dem Weg dorthin sei der Abfall nicht nur eine Gefahr für die Tiere, auch die Umwelt leide unter der Verschmutzung.
"Im Laufe der Jahre lösen sich einige Plastiksorten in winzige Teile auf, die man nie mehr aus dem Wasser bekommt", merkt Robert Bausenwein an, und hebt ein weiteres zerschlissenes Plastikteil auf. Die beiden sammeln nicht nur den Müll auf dem Weg ein, sondern entfernen auch die Abfälle direkt am Mainufer und in den umliegenden Wiesen und Gebüschen abseits des Weges.
Je genauer man hinsieht, desto mehr Müll entdeckt man
In Julies Haaren hat sich ein Zweig verfangen, und Robert Bausenwein muss aufpassen, dass er keine Kratzer verpasst bekommt, während er sich durch das Gebüsch zwängt. Die Arbeit ist anstrengend, da mancher Müll schon seit Jahren auf und neben den Wegen liegt. Ein Gewirr aus alten Schnüren steckt tief im Boden – der 45-Jährige kniet sich hin, gräbt seinen Fund mit den Händen aus.
"Man bekommt eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Nach einiger Zeit fällt einem Müll auf, den man sonst gar nicht gesehen hätte", sagt Julie. Sie greift mit ihrem Müllzwicker nach Zigarettenstummeln, die sich farblich kaum vom Boden des Weges abheben. "Aber dann siehst du ihn immer und kannst gar nicht damit aufhören, ihn zu sammeln."
Älteste Verpackung ist von 1969
Besonders schlimm für die Umwelt seien neben den Plastikteilchen auch die Zigarettenstummel, berichtet Robert, da diese etliche Liter Wasser verseuchen. Im Gegensatz zu Essensresten oder Papier, die im Laufe der Zeit verotten, liegen viele Abfälle jahrelang unbeachtet entlang der Wege.
Den ältesten Abfall, den sie bisher gefunden haben, ist eine Butterverpackung mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 1969 gewesen, erinnert sich Robert Bausenwein. Unterbieten können das die beiden an diesem Nachmittag nicht. Die älteste Verpackung, die an diesem Tag im Eimer landet, ist eine leere Gummibärenverpackung, abgelaufen im Jahr 2017.
"Pass auf, dass du nicht ins Wasser fällst", ruft die 21-Jährige ihrem Vater zu, während dieser behutsam die Uferböschung hinunter klettert. Nach jedem Hochwasser spült der Main neuen Unrat ans Ufer, erklärt er. "Das Wasser geht zurück. Aber der Müll, der vorher im Main war, bleibt am Ufer liegen."
"Maincleanup" ist auch in den sozialen Medien aktiv
Auf Facebook und Instagram posten die Bausenweins über ihre Aufräumaktionen. "Ich möchte die Leute damit sensibilisieren. Es muss nicht jeder so viel machen wie wir", sagt der 45-Jährige. "Aber es ist schon viel geholfen, wenn man den eigenen Müll wieder mitnimmt."
Ob Kloschüssel oder eine Armlehne aus dem Auto, die jemand ins Gebüsch geworfen hat – manchmal müsse man schon über seltsame Funde schmunzeln, so Julie. Doch neben den Kuriositäten sei ab und an auch gefährlicher Abfall dabei, sagt der Höchberger. Einmal habe er in einem Gebüsch abseits des Weges benutzte Spritzen gefunden. "Das ist vor allem für kleine Kinder und Hunde wahnsinnig gefährlich."
Glasscherben am ganzen Ufer verteilt
Mittlerweile sind die Bausenweins am Ende des Weges angelangt. Am Ufer vor der Mainschleuse Randersacker liegt der größte Müllberg. Es sieht aus, als hätte dort jemand eine Party mit mehreren Leuten veranstaltet.
Neben gut einem Dutzend Pfandflaschen sind die Scherben einer Wodkaflasche im Umkreis von mehreren Metern am gesamten Ufer verteilt. Julie muss ganz genau hinsehen, denn die meisten davon liegen zwischen den Steinen und Pflanzen.
Manchmal verlieren die Leute ihren Müll, ohne dass sie es merken, sagt Bausenwein. Der Müllberg an der Schleuse sei jedoch absichtlich zurückgelassen worden, davon ist der 45-Jährige überzeugt. "Das ist einfach nur eine Frechheit, das ärgert mich wirklich." Das Vater-Tochter-Gespann macht sich daraufhin mit neuem Tatendrang daran, den letzten Teil des Weges zu säubern.
Nach rund zwei Stunden treten die beiden den Rückweg zum Auto an. Der ehemals leere Bollerwagen ist gefüllt mit drei Müllsäcken zu je 120 Litern und einer Wäschewanne, randvoll mit dem Unrat anderer Leute.
Die gefüllten Säcke entsorgen die Bausenweins nach der Aufräumaktion zusammen mit einem beschrifteten Pappkarton. Darauf steht, dass der Müll ehrenamtlich gesammelt wurde und nicht wahllos entsorgt wird. Der Erlös der Pfandflaschen komme der Würzburger Tafel zu Gute, so Robert Bausenwein.
An welchem Ort die nächste "Maincleanup" Aktion stattfindet, wissen die beiden noch nicht. Für den Sommer sei ursprünglich geplant gewesen, das Landesgartenschaugelände mit Hilfe von Freiwilligen von Zigarettenstummeln zu befreien. Ob das klappt, sei wegen Corona allerdings noch nicht sicher. An diesem Nachmittag aber ist Julie mit der Ausbeute des Tages zufrieden: "Es ist ein gutes Gefühl, zu gehen und zu wissen, dass man etwas Gutes für die Umwelt getan hat."
Hinweis: In einer vorherigen Version des Artikels war in der Überschrift von einer Würzburger Familie die Rede. Wir haben das angepasst.
Macht das wirklich Sinn, den Dreck anderer Leute wegzuräumen?
Gehört Höchberg nun zu Würzburg oder kommt die Familie vielleicht doch aus Heidingsfeld?
Und vor allem: Gab es das MHD tatsächlich schon in den 1960-er Jahren?
So alt bin ich nicht, aber ich meine, dass es erst in den 80-er Jahren eingeführt wurde.
Aber leider genieße ich dieses Privileg nicht und muss wieder mal feststellen, dass Ironie hier nicht funktioniert: Wahrscheinlich muss man da Smileys druntersetzen, aber das ist dann genauso, wie wenn man einen Witz erzählt und selbst am lautesten lacht, damit jeder weiß, wie es gemeint ist.
Super die zwei, Vater und Tochter, sollte sich der Würzburger OB schon mal notieren. Es muss ja kein großer Orden sein, aber zumindest eine nette Geste wäre angebracht. Übrigens: Hab ich da was nicht mitbekommen? Im Text sind die beiden Müllsammler Höchberger und in der Überschrift eine Würzburger Familie, das liest sich, als wär Höchberg ein Würzburger Stadtteil...
vielen Dank für den Hinweis, wir haben die Überschrift geändert.
Freundliche Grüße
Silke Albrecht
Online Redaktion
...haben die doch gar nicht...
Am Main fährt seit Jahren ein älterer Herr am Main mit dem Fahrrad rum, und sammelt mit Tüten Müll.
Schreibt doch bitte über diesen Mann auch mal einen Artikel. Er hätte es verdient.
Aber gleichzeitig ist es doch sehr traurig, dass diese Familie überhaupt in diesem Bereich aktiv werden muss, schafft es doch ein asoziales Gesindel nicht, selbst für Sauberkeit zu sorgen und ihren Müll, den sie produzieren, wieder mit zu nehmen!
Vor allem bei so einem Projekt meiner Meinung nach sehr sinnvoll Ob das in der MP (und sonst wo) nötig ist, ist Geschmacksache. Wie so vieles...