Nach dem deutschlandweit ersten Fall der afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg ist die Sorge vor einer Ausbreitung groß, auch in Unterfranken. Während die Seuche für den Menschen ungefährlich ist, gilt das hochinfektiöse ASP-Virus für Schweine als lebensbedrohlich. Mit hohen Hygienestandards versuchen Züchter in der Region, eine Übertragung auf Hausschweinbestände zu verhindern.
Nach Fällen u.a. in Tschechien, Polen und Belgien haben Fachleute mit dem Auftreten der Schweinepest auch in Deutschland gerechnet. Nun wurde das Virus bei einem verendeten Wildschwein nahe der polnischen Grenze nachgewiesen.
"Es war keine Frage des Ob, sondern nur des Wann", sagt Karoline Schramm vom Fachzentrum Schweinezucht und -haltung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Würzburg. Das Fachzentrum ist zuständig für die Schweinehalter in Unterfranken. Im Bezirk halten laut Amt an die 300 Ferkelerzeuger rund 22 000 Zuchtsauen und 1300 Schweinemäster durchschnittlich 200 000 Mastschweine (Stand 2018).
Importverbote und Preisverfall trifft auch unterfränkische Schweinehalter
Dass Deutschland nun nicht mehr als ASP-frei gilt, sei für die Landwirte in Unterfranken beunruhigend, so Expertin Schramm. Noch mehr als durch die eigentliche Seuche sind die Züchter durch Absatzprobleme betroffen. Die Befürchtung: Wichtige Märkte wie in Asien könnten wegbrechen.
Nach Südkorea hat am Wochenende auch China einen Einfuhrstopp für Schweinefleisch verhängt. Nach schwierigen letzten Jahren sei das Risiko eines Preisverfalls für einige Landwirte ein weiterer Grund, die Schweinehaltung möglicherweise ganz aufzugeben, befürchtet Schramm.
Sorgenfalten auch beim unterfränkischen Bauernverband. Die Corona-Krise habe bereits zu einem Preisverfall von 20 Prozent geführt, sagt Fachberater Alfons Baumann. Weitere Einbußen durch die Schweinepest "können für Schweinehalter zur Katastrophe werden." Umso mehr gelte es, eine ASP-Ausbreitung in Deutschland zu verhindern.
Die Hygienestandards bei den Züchtern seien bereits sehr hoch. Um ein Eindringen von Wildtieren zu verhindern, seien Zäune um größere Ställe vorgeschrieben. Das Veterinäramt hat laut Baumann bereits im vergangenen Jahr eine Taskforce für den Ernstfall gegründet. Bayernweit gibt es einen Rahmenplan aus dem Umweltministerium zur Bekämpfung der Seuche.
Größere Gefahr in Nordbayern durch Nähe zu Brandenburg?
Kultus-Staatssekretärin Anna Stolz (Freie Wähler) aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart) warnt zur erhöhten Achtsamkeit in Nordbayern, das näher am Fundort des infizierten Wildschweins liege als die südlichen Landesteile. Eine Unterscheidung, der die Fachleute nur bedingt Bedeutung beimessen. Zwar liegt Unterfranken geografisch näher am Fundort im Spree-Neiße-Kreis, eine Verschleppung sei aber in ganz Bayern gleichermaßen möglich.
"Eine große Gefahr ist der Mensch", erklärt Karoline Schramm vom Fachzentrum in Würzburg. Reisende könnten jederzeit auch in Südbayern über Nahrungsmittel die Seuche einschleppen – und dies über hunderte Kilometer. Eine belastete Salami ist zwar für den Menschen ungefährlich. Werden Reste aber in die Natur geworfen, ist eine Ausbreitung der Seuche auf Wildschweine möglich. Deshalb appelliert Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber an Reisende, auf das Mitbringen von Fleisch und Wurst zu verzichten.
Kaniber appelliert an Schweinehalter und Reisende
In der Verantwortung sieht sie aber auch die Schweinehalter. Sie sollten die Hygiene-Sicherheitsmaßnahmen in ihren Betrieben nochmals überprüfen und weiterhin strikt einhalten. "Eine Übertragung in die Hausschweinbestände muss unbedingt verhindert werden."
Mehr als über die örtliche Nähe zum Fundort ist Unterfranken über seinen hohen Wildschweinbestand, der höchste in Bayern, durch die afrikanische Schweinepest gefährdet. Der Bauernverband bekräftigt deshalb seine Forderung an die Jäger, noch mehr Wildschweine zu schießen.
Enno Piening, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Jagdverbandes aus Bad Kissingen, hält die Jäger für einen wichtigen Partner in der Seuchenbekämpfung. Nur sie hätten zum Beispiel die wichtigen Revierkenntnisse, um nach verendeten Wildschweinen zu suchen. Beim Abschuss allerdings seien Unterfrankens Jäger praktisch am Limit, auch Nachtsichtgeräte seien mittlerweile fast flächendeckend genehmigt.
Jagdverband: Wildschwein-Ausbreitung kaum zu stoppen
Nirgends sonst im Freistaat, so Piening, würde so viel Schwarzwild erlegt wie in Unterfranken –25 000 bis 40 000 Wildschweine pro Jahr. Wegen "idealer Ernährungsbedingungen" durch den hohen Laubwaldanteil sowie Weizen und Mais in der Flur sei dies aber ein "Kampf gegen Windmühlen" und die weitere Vermehrung von Wildschweinen kaum zu stoppen. Landwirtschaftsministerin Kaniber verweist darauf, dass im Jagdjahr 2019/20 mit 112 000 Wildschweinen in Bayern so viele erlegt wurden wie nie zuvor.