Überteuerte und intransparente Ticket-Preise, Steh- statt Sitzplatzkarten, nutzlose Garantien, ein schwer erreichbarer Kundenservice - die Liste der Beschwerden enttäuschter Verbraucher, die Tickets für Konzerte, Kultur- oder Sportveranstaltungen bei der Zweitmarktbörse Viagogo im Internet erworben haben und sich anschließend hilfesuchend an die Verbraucherzentrale Bayern wandten, ist lang. Jetzt haben die Verbraucherschützer das Schweizer Unternehmen vor dem Landgericht München verklagt. Ein Urteil wird Anfang Juni erwartet.
Auch Fans des Würzburger Africa Festivals meldeten sich bei den Veranstaltern, weil sie ihre bei Viagogo gekauften Karten "entweder nicht erhielten oder falls doch, nur zu völlig überhöhten Preisen", so Festival-Sprecher Etienne Oppl. Da die Karten offenbar vorher über Eventim-Vorverkaufsstellen aufgekauft und anschließend überteuert auf Viagogo weiterverkauft wurden, stoppten die Veranstalter den Vorverkauf über Eventim. Dem Pressesprecher von Eventim, Christian Steinhof, ist das Problem nicht neu: "Es ist sehr ärgerlich, wie auf dem Zweitmarkt vorgegangen wird, doch leider gibt es in Deutschland keine rechtliche Handhabe dagegen."
In Frankreich ist das anders. Dort hat der Veranstalter das Recht, den Handel mit Eintrittskarten zu verbieten. In Deutschland dagegen gelte ein Ticket als "beliebige Ware, die gekauft und weiterverkauft werden kann", sagt Johannes Ulbricht, Justiziar des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft. Zusammen mit den Verbraucherzentralen und dem Deutschen Fußballbund setze sich der Verband dafür ein, eine gesetzliche Regelung in Deutschland zu schaffen.
Viele Künstler personalisieren ihre Eintrittskarten
Wie sich Künstler wie Ed Sheeran, Rammstein oder Kylie Minogue in der Zwischenzeit zu helfen wissen: Sie personalisieren ihre Tickets oder verfügen, dass der gleiche Kunde nicht mehr als vier oder sechs Karten für ein Konzert erwerben darf. "Diese Methode wird immer populärer", sagt Eventim-Sprecher Steinhof. "In diesen Fällen können wir als Vorverkaufsplattform die Namen abgleichen und Mehrfachbestellungen auf die gleiche Adresse sofort stornieren. Denn für einen Künstler wie Ed Sheeran, der viele 16 und 17-jährige Fans hat, ist es nicht Image fördernd, wenn eine Karte auf einer Zweitmarktbörse für 400 Euro über den Tisch geht."
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Die Band Rammstein, deren Konzert innerhalb von vier Stunden im Internet ausverkauft war, ging sogar so weit, bei der Personalisierung der Tickets die Namen der Besucher darauf zu drucken. Die Folge: Fans, die ihre Karte auf dem Zweitmarkt, wie der Ticketbörse Viagogo, erworben hatten, wurden am Eingang nicht eingelassen. Denn auf ihrer Karte stand ein anderer Name.
Mit der Beschwerde enttäuschter Kunden und Africa Festival-Besucher konfrontiert, schreibt die Pressestelle von Viagogo: "Alle Tickets auf Viagogo sind gültig und mit der Viagogo-Garantie abgesichert." Viagogo selbst bestimme keine Preise, kaufe und verkaufe keine Tickets, sondern diene lediglich als Marktplatz für externe Ticketverkäufer. Diese "entscheiden selbst über die Preise, die unter oder über dem Originalpreis liegen können. Wenn große Nachfrage besteht und die Tickets begrenzt sind, steigen die Preise."
Außerdem garantiere Viagogo seinen Kunden, dass sie ihre Tickets rechtzeitig vor der Veranstaltung erhielten. In dem "extrem seltenen" Fall, dass etwas mit dem Ticket nicht stimme, ersetze Viagogo das Ticket oder erstatte den vollen Kaufpreis zurück. Da die Verkäufer erst ihr Geld bekämen, wenn die Tickets benutzt würden, gäbe es für sie auch keinen Anlass, falsche Karten zu veräußern.
Tatjana Halm, Leiterin des Rechtsreferats der Verbraucherzentrale Bayern, widerspricht: "Für den Käufer ist nicht erkennbar, dass er sich auf einer Börse befindet, also dass es sich nicht um eine offizielle Vorverkaufsstelle handelt. Auch das Garantieversprechen empfinden wir als nicht ausreichend. Hier wird mehr versprochen als letztendlich eingehalten werden muss." Private Verkäufer blieben dem Kunden in der Regel unbekannt. Auf Mehrkosten drohe der Kunde sitzen zu bleiben. Und auch wenn gar nicht erst geliefert werde, trage der Käufer ein Risiko.