Ein Ticket für die Bayreuther Festspiele für 22 897 Euro? Wer bereit ist, für Karten einer Sport,- oder Kulturveranstaltung viel mehr Geld auszugeben als diese tatsächlich wert sind, wird bei der Internet-Ticketbörse Viagogo fündig. Doch ob er das bekommt, wofür er bezahlt hat, ist fraglich.
Veranstalter des Africa Festivals stoppten Vorverkauf über Eventim
Diese Erfahrung machten Fans des Würzburger Africa Festivals, die Tickets für eines der Abendkonzerte erworben hatten. Sie meldeten sich bei den Veranstaltern, weil sie ihre bei Viagogo gekauften Karten "entweder nicht erhielten oder falls doch, nur zu völlig überhöhten Preisen", so Etienne Oppl, Sprecher des Africa Festivals. Die Recherche des Festivalteams habe ergeben, dass die Ticketbörse Karten über Eventim-Vorverkaufsstellen aufgekauft hatte und diese anschließend überteuert auf der eigenen Seite weiterverkaufte. Die Veranstalter stoppten daraufhin den Vorverkauf über Eventim.
Ähnliche Erfahrungen hat Matthis Frankenstein, Leiter Marketing und Ticketing bei den Würzburger Kickers, gemacht. Für ein Spiel der Kickers gegen 1860 München verkaufte Viagogo Eintrittskarten zu einer Zeit, als es überhaupt noch keine für dieses Spiel gab - zu einem Preis von 95 Euro. Obendrein signalisierte man dem Käufer, dass es nur noch wenige Tickets gäbe. Als der offizielle Verkauf ein Dreivierteljahr später im Fanshop in Würzburg startete, kostete die Karte gerade mal 27 Euro. Da die Tickets in Würzburg sehr schnell vergriffen und die Viagogo-Mitarbeiter offenbar zu langsam waren, bekam der Kunde für seine teure Viagogo-Karte am Ende: nichts.
Ein Stehplatz bei den Würzburger Kickers kostete bei Viagogo 70 Euro
Ein anderes Mal zahlte ein Fan für einen Stehplatz bei den Würzburger Kickers im Wert von zwölf Euro bei Viagogo stolze 70 Euro. "Wir distanzieren uns ganz klar von Viagogo", sagt Frankenstein. Doch eine Handhabe habe man leider nicht. "Würden wir die Tickets sperren, würden wir dem Kunden doppelt weh tun." Denn er hätte viel Geld für eine wertlose Karte bezahlt. Deshalb habe man, wenn man so etwas mitbekomme, den verärgerten Kunden zu einem nachfolgenden Spiel eingeladen.
Die Verbraucherzentrale Bayern warnt vor der Ticketbörse und hat das Schweizer Unternehmen vor dem Landgericht München verklagt. Das Urteil wird Anfang Juni erwartet. Die Verbraucherschützer wollen außerdem mit einem Stand auf dem Africa Festival über die Geschäftspraktiken von Viagogo aufklären, die weltweit stattfindende Events genauso betreffen wie kleine regionale Veranstaltungen: vom Ed Sheeran-Konzert in New York bis zur Oper im Würzburger Mainfrankentheater. "Der Verbraucher kann nicht erkennen, dass er sich auf einer Börse und nicht auf einer offiziellen Vorverkaufsstelle befindet", sagt Tatjana Halm, Leiterin des Rechtsreferats der Verbraucherzentrale. Auch die Garantieversprechen sieht sie kritisch: Dort werde mehr versprochen, als eingehalten wird.
Falsche oder gar keine Tickets werden zugeschickt
Bei der Verbraucherzentrale hagelt es schon lange Beschwerden unzufriedener Viagogo-Kunden. Die Preise seien viel zu hoch. Teilweise werden andere als die bestellten Tickets zugeschickt, in einer schlechteren Kategorie oder Steh- statt Sitzplätze. Tickets kommen verspätet oder überhaupt nicht an. Viele Künstler, die verhindern wollen, dass Viagogo im großen Stil dem Originalmarkt die Tickets entzieht und zu überhöhten Preisen weiterverkauft, personalisieren inzwischen ihre Eintrittskarten und kontrollieren am Eingang. In der Folge wird Besuchern mit Viagogo-Karten der Eintritt verwehrt.