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Würzburg
Ärger über Corona-Tests: Würzburger Arzt wollte seine Praxis schließen
Tägliche Corona-Tests für die Mitarbeiter in Arztpraxen wurden im Infektionsschutzgesetz festgesetzt. Einem Arzt aus Würzburg war das zu viel. Er schrieb ans Gesundheitsamt.
Dr. Mathias Vescovi wollte seine Arztpraxis in Würzburg schließen, weil er die vielen behördlichen Forderungen nicht mehr erfüllen konnte.  
Foto: Vescovi | Dr. Mathias Vescovi wollte seine Arztpraxis in Würzburg schließen, weil er die vielen behördlichen Forderungen nicht mehr erfüllen konnte.  
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 14.02.2024 03:28 Uhr

Vor einer Woche ist dem Würzburger Familienarzt Mathias Vescovi beinahe der Kragen geplatzt. Der Grund: Das neue Infektionsschutzgesetz wurde veröffentlicht. Eine Änderung betrifft dabei besonders Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen.  Ab Mittwoch, 24. November, so hieß es zunächst, müssen Arbeitgeber, Beschäftigte, Besucher und Besucherinnen einen tagesaktuellen Antigentest vorlegen. Patienten sind davon ausgenommen.  

Für Dr. Vescovi war dies "eine weitere Gängelei, der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Noch am gleichen Tag schrieb er an das Würzburger Gesundheitsamt: "Leider können wir der täglichen Corona-Antigentestung unser aller geimpften und auch geboosterten Mitarbeiter und der zweiwöchentlichen Meldepflicht der Testergebnisse nicht nachgehen. Wir bitten Sie daher höflichst um die offizielle Erlaubnis zur Schließung der Praxis." 

Massiver Protest aus den Arztpraxen

Die neue Regelung ärgerte viele Ärzte in der vergangenen Woche. Für Kinderärzte hätte die Änderung bedeutet, dass sie jede Mutter, jeden Vater, testen müssten, der mit einem Kind in die Sprechstunde kommt. Und auch für die Familienpraxis von Dr. Vescovi in der Würzburger Virchowstraße hätten die Tests einen immensen Mehraufwand für 15 Beschäftigte bedeutet. Zumal Corona-Tests gerade auch schwierig zu beschaffen sind. "Am Anfang der Pandemie gab es keine Masken, jetzt keine Tests", schildert der Arzt die schwierige Situation. 

Freilich war sein Brief ans Gesundheitsamt eine Provokation, räumt er ein. Weil "wir die aktuellen behördlichen Forderungen nicht erfüllen können und somit wohl eine Gefahr für die tägliche medizinische Grundversorgung der Bevölkerung Würzburgs sind", wollte er seine Praxis schließen. Dass es nicht soweit kommen muss, liegt an einem "massiven Protest der Praxen", schreibt Axel Heise, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) auf Nachfrage.  

Viele Ärzte waren von der Gesetzesänderung überrascht 

Die Standesvertretung aller für die ambulante Versorgung zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern sei ebenso von der Änderung im Infektionsschutzgesetz überrascht gewesen. "Völlig unvorbereitet für die Praxen und für uns als KVB seien die Änderungen durch den Bundestag und Bundesrat gepeitscht worden", so Heise. Alle seien darüber "wütend, ärgerlich und fassungslos" gewesen. 

Es hat nicht lange gedauert, da wurde die Testpflicht wieder kassiert. Die Gesundheitsministerkonferenz unter Vorsitz des Bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek hat sich eingeschaltet. Der Bund wurde aufgefordert, klarzustellen, dass für die immunisierten Beschäftigten in den Praxen und Gesundheitseinrichtungen zwei Tests in der Woche ausreichend sind. In Bayern und anderen Bundesländern ist auch die umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflicht ausgesetzt. 

Eine große Erleichterung für Dr. Vescovi. In seiner Praxis werden dienstags und donnerstags zwischen 80 bis 100 Personen geimpft. Dazu kommen gerade viele Infekte, die behandelt werden müssen, darunter viele Coviderkrankte und Grippeschutzimpfungen. Vescovi war einer von zwei Hausärzten, die im Frühling 2020 von der Stadt Würzburg verpflichtet wurden, die Versorgung von Patienten im Nikolausheim zu übernehmen. "Eineinhalb Jahre macht mein Team eine Sondersituation durch. Das geht an die Substanz - und solche zusätzlichen Verpflichtungen kosten zusätzlich Zeit", sagt er und ist heilfroh darüber, dass die tägliche Test-Pflicht doch nicht so kommt, wie beschlossen.  

 
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Kommentare
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  • R. B.
    Herr Dr. Vescovi, das liegt daran, dass in diesem Land die Entscheidungsträger Leute sind, welche zum Teil in ihrem Leben noch nie gearbeitet haben und in einer Filterblase leben, welche weit entfernt vom normalen Leben der Menschen ist. Ein Sparkassenangestellter, welcher zum Gesundheitsminister ernannt wurde, zeigt sich in der Pandemie nicht unerwartet völlig überfordert. Man könnte zig Beispiele nennen wie Verkehrsminister Scheuer, Bildungsminister Piazolo u.v.a., welche katastrophale Ergebnisse abliefern, da sie von der Materie ihres Ministeriums wenig bis gar nichts verstehen. Solche Posten werden nicht selten über Vetternwirtschaft, weniger nach Kompetenz vergeben. Corona hat deutlich gemacht, in welch` desaströsem Zustand sich unsere Behörden und deren Mitarbeiter befinden. Sie und Ihre Angestellten sind Opfer einer völlig unkoordinierten Politik, in der es den Handelnden in erster Linie darum geht, sich in der Öffentlichkeit gut zu positionieren.
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  • A. H.
    gehts jetzt besser?
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  • R. R.
    Am liebsten hätte ich Ihnen 100 Punkte Zustimmung gegeben. Stimmt alles 1:1
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  • M. R.
    Ein entschiedenes Jein!

    Alles den Spitzen zu zuschieben stimmt nicht ganz!

    In den letzten 75 Jahren hat sich parallel ein Dickicht von Selbsterhaltendem und vermehrendem Bürokraten in Ministerien und Behörden entwickelt die auch schlanke Gesetze mit so einem Ausführungsverordungsdschungel versehen, dass spätestens dort nichts mehr wirklich umsetzbar ist und jedes unternehmerisches gerade für kleine Teams wie Arztpraxen und Kleinunternehmer abwürgt!

    Amazon, Helios und anderen Großkonzerne gefällt das!
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