Bei vielen Familien brennen zur Weihnachtszeit wieder mehr Kerzen zu Hause: Vielleicht nicht mehr am Christbaum, aber doch am Adventskranz oder auch die eine oder andere zusätzliche Duftkerze. Und seit der Energiekrise glimmen vermehrt wieder die Kachelöfen in den Häusern. Was aber, wenn die Kleinsten dazwischen herumhüpfen und gar die funkelnde Flamme anfassen wollen? Wir haben nachgefragt, ab welchem Alter und wie sich Kindern der Umgang mit Feuer erklären lässt.
Experte Dirk Wiesner beantwortet dazu die wichtigsten Fragen – und verrät im Anschluss noch Übungen, die zu Hause nachgemacht werden dürfen; zusammen mit Erwachsenen natürlich. Wiesner ist seit 25 Jahren aktiv im Einsatz für die Feuerwehr in Gramschatz bei Rimpar (Lkr. Würzburg). Außerdem arbeitet er beruflich mit Kindern: Er ist Erzieher im Katholischen Schultagesheim Vinzentinum im Würzburger Stadtteil Grombühl. Mit Kursen zur Brandschutzerziehung in Kindergärten und Grundschulen bringt er "quasi Beruf und Berufung unter einen Hut". Für die Kurse hat er immer auch Handpuppe "Fix" dabei, ein Miniatur-Feuerwehrmann.
Wie erklärt man Kindern Feuer?
Das erklärt Wiesner erst den Grundschulkindern. "Da gibt es klassischerweise ein Branddreieick", sagt der Erzieher. Das besteht aus etwas Brennbarem, aus einer Wärmequelle und aus Luft bzw. Sauerstoff. "Das geht dann auch in Richtung Feuer löschen: Wenn ich eins von den drei wegnehme, geht Feuer aus."
Ab wann ist es sinnvoll, Kinder an das Thema Feuer heranzuführen?
"Grundsätzlich gibt es für Kindergärten den sogenannten Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan", sagt Wiesner. Darin sei verortet, Kindern Gefahren klarzumachen; das Nutzen der Schere beispielsweise. "Die Feuergeschichte würde ich eher gegen Ende des Kindergartens legen", sagt er – also ab fünf oder sechs Jahren. Der Umgang mit Feuerzeugen und Streichhölzern ist allerdings erst ab zwölf Jahren erlaubt, weiß Wiesner aus der "Verordnung über die Verhütung von Bränden". Daher müssen alle Übungen unbedingt immer mit Erwachsenen gemacht werden.
Was sollte man Kindern unbedingt zeigen?
Abstand zu halten von allem, was heiß ist. Von Kerzen, vom Holzofen und vom Lagerfeuer, aber auch vom Backofen, so der Experte. "Dann zu sagen: Stopp, das ist ein Feuer. Feuer ist heiß und tut weh."
Was sollte man auf gar keinen Fall machen?
"Nicht mit dem Thema Angst spielen", sagt Wiesner. Er rät dazu, Respekt vor Feuer zu vermitteln, aber dadurch keine Angst vor Feuer oder vor der Feuerwehr entstehen zu lassen. "Ja, ich halte Abstand von Feuer. Aber ich muss an sich vor einer Kerze oder vor einem Backofen, vor einem guten Feuer, keine Angst haben."
Wie lässt sich Kindern die Angst vor dem Feuer nehmen?
Wenn Kinder oder Jugendliche einen größeren Brand miterlebt haben, rät Wiesner zu professioneller Hilfe. Drücken kleine Kinder beispielsweise Angst vor einer Kerzenflamme aus, lasse sich wieder üben: Ein "gutes Feuer" sei erst einmal nicht gefährlich, sofern man alles richtig macht.
Sollten Kinder Interesse an Feuer zeigen und etwas ausprobieren wollen, nicht grundsätzlich verneinen: "Dann lieber dem Kind bewusst zeigen, wie es funktioniert, anstatt dass jemand heimlich das Zündeln anfängt." Ansonsten gebe es keine Diskussion: "Feuer ist für Kinder verboten", sagt Wiesner. Und natürlich Streichhölzer oder Feuerzeuge immer außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren.
Übung 1: Wie können Kinder "gutes Feuer" von "gefährlichem Feuer" unterscheiden?
Dafür hat Wiesner Comic-Bilder von einem Ofen, einer Kerze oder einem Grill. "Ist das gut oder ist das schlecht?", fragt er die Kinder. Dann kämen die Kinder darauf: "Feuer ist eigentlich etwas Gutes, weil Feuer macht Licht, macht Wärme, macht uns etwas zu essen – aber wenn man einen Fehler macht, dann wird Feuer gefährlich." Auch dafür hat Wiesner Bilder: Etwa ein Streichholz, das in den Papiermüll geworfen wird oder eine Kerze, die direkt unter einem Ast des Weihnachtsbaums brennt.
Übung 2: Wie können Kinder sicher ein Streichholz anzünden?
Der Erzieher packt für diese Übung eine Box mit Streichhölzern aus: Verschieden groß, teils abgebrannt oder abgebrochen. Jedes Kind bekommt sogar eines in die Hand. "Kann man das Streichholz noch verwenden?", sei dann die Frage an die Kinder. Die Kinder sollen das erst einmal selbst einschätzen – aufregend, denn zu Hause dürften die meisten keine Streichhölzer anfassen.
So lernen die Kinder, abgebrannte oder abgebrochene Streichhölzer nicht mehr zu verwenden. Und wer ein intaktes Streichholz in der Hand hat und sich traut, darf sogar eine Kerze anzünden: "In der 1:1-Situation, Erwachsener mit Kind. Es muss jedem Kind klargemacht werden: Alleine darf ich das nie machen." Dabei kommt es auf die Details an: Streichholz herausnehmen, Schachtel auch wieder schließen, vom Körper weg anreißen und gerade halten.
Übung 3: Wie sollen Kinder im Brandfall reagieren?
Eine knallorangene "Fluchthaube" holt Wiesner dafür aus seiner Materialsammlung. Damit retten die Feuerwehrleute Personen aus Brandräumen. Die Haube lässt er Kinder aufsetzen und übt den Ernstfall. Aber auch ohne die Haube lasse sich das Verhalten bei einem Brand proben: In einem mit Rauch gefüllten Raum sollten Kinder sich klein machen und nach Möglichkeit auf dem Boden herauskriechen, weil der Rauch nach oben steigt. "Das kann ich auch Kindern schon erklären", sagt Wiesner. Wichtig dabei: "Ich mache mich klein, ohne mich zu verstecken."
Übung 4: Können Kinder einen Notruf absetzen?
Auch das übt Wiesner mit den Gruppen schon im Kindergarten. Mit der Hand zeigt Wiesner die Zahlen 1-1-2, damit die Kinder sich die Notrufnummer merken können. Sein Trick: Er nutzt ein Spielzeugtelefon. So soll den Kindern klar sein, dass die Simulation kein echter Anruf ist. Im Rollenspiel werden dann der Name, der Vorname und die Wohnadresse abgefragt. "Kurz vor Schuleintritt sollte ein Kind das schon wissen", sagt Wiesner. Auch mit dem Handy lasse sich ein Notruf üben. Wiesner betont allerdings, dass Kindern klar sein muss, warum der Notruf am echten Telefon nicht einfach zum Spaß gewählt werden darf.
Übung 5: Was macht eigentlich die Feuerwehr?
Diese Übung macht Wiesner eher mit Grundschulkindern. Mithilfe von Bildern zeigt er ihnen, warum sie die Feuerwehr nicht nur bei Bränden sehen, sondern auch bei Unfällen oder beim Auspumpen von Kellern etwa. "Da wähle ich bewusst Bilder aus", sagt er. Der Erzieher legt nahe, Kindergartenkinder auch zu Hause nicht mit Einsatzbildern zu konfrontieren, sondern Bilder einer Feuerwehrübung zu zeigen, zum Beispiel. Im echten Leben ebenfalls nicht die Konfrontation suchen: "Da brennt es oder da ist ein Unfall, wir gehen da mal hin und gucken das an – nein, machen wir nicht", sagt Wiesner.