zurück
Würzburg
Absage: Würzburgs Partnerstadt Suhl will keine Städtepartnerschaft mit ukrainischer Stadt – das sagen Beteiligte
Würzburgs thüringische Partnerstadt Suhl hat die Tür für eine Partnerschaft mit dem ukrainischen Podilsk zugeschlagen – und das mit ziemlicher Wucht.
Klare Entscheidung gegen eine Städtepartnerschaft mit einer ukrainischen Stadt: Blick auf das historische Rathaus von Würzburgs thüringischer Partnerstadt Suhl. 
Foto: Martin Schutt, dpa | Klare Entscheidung gegen eine Städtepartnerschaft mit einer ukrainischen Stadt: Blick auf das historische Rathaus von Würzburgs thüringischer Partnerstadt Suhl. 
Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 16.11.2024 02:34 Uhr

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine unterstützt Deutschland das angegriffene Land nicht nur mit Waffen und Hilfsgütern, auch viele Kommunen üben Solidarität – über Städtepartnerschaften. So unterhält auch Würzburg seit Februar 2023 eine Partnerschaft mit dem westukrainischen Lwiw sowie eine Städtefreundschaft mit der Stadt Luzk. 

Derzeit gibt es laut Deutschem Städtetag 210 Partnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Städten – deutlich mehr als vor Kriegsbeginn im Februar 2022, damals waren es nur 75. In diesen Tagen hätten zumindest die Weichen für eine weitere Städtepartnerschaft gestellt werden können, doch dazu kommt es nun nicht. Würzburgs thüringische Partnerstadt Suhl hat kürzlich einer Partnerschaft mit dem ukrainischen Podilsk eine klare Absage erteilt. Die 40.000-Einwohner-Stadt liegt rund 170 Kilometer nordwestlich von Odessa.

Wie das "Freie Wort" in seiner Suhler Lokalausgabe berichtet, hatten sich in der Stadtratssitzung am 30. Oktober lediglich neun Ratsmitglieder für die Aufnahme von Gesprächen mit Podilsk ausgesprochen. Insgesamt hat der Suhler Stadtrat 36 Mitglieder, die stärksten Parteien sind CDU und AfD mit 13 bzw. neun Sitzen. Für Kontakte mit der ukrainischen Stadt hätten Ratsmitglieder der Linksfraktion, von Freien Wählern und Grünen sowie zwei von der CDU (OB André Knapp und Fraktionschef Lars Jähne) gestimmt. 

Anzeige für den Anbieter Mapcreator über den Consent-Anbieter verweigert

Suhl unterhält seit 1969 eine Städtepartnerschaft mit dem russischen Kaluga

"Es lag eine Anfrage des Bürgermeisters von Podilsk vor", sagt Georg Vater, Leiter der "Freies Wort"-Lokalredaktion Suhl/Zella-Mehlis, gegenüber der Redaktion. Die Anfrage sei zunächst nichtöffentlich in Ausschüssen beraten worden. In der öffentlichen Stadtratssitzung sei die Ablehnung dann "ohne große Diskussionen" erfolgt, sagt Vater und ordnet die Entscheidung ein: "So unverständlich, wie es vielleicht aus Würzburger Perspektive erscheinen mag, hat nach meiner Kenntnis der Gemengelage hier in Suhl der Stadtrat mit seiner Entscheidung die deutliche Mehrheit der Bevölkerung hinter sich."

Suhl unterhält bereits seit 1969 eine Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Kaluga. Dass die Entscheidung gegen Podilsk gefallen sei, weil man die – derzeit ruhende – Partnerschaft mit Kaluga nicht gefährden wolle, weist man im Suhler Rathaus von sich. Einer der CDU-Stadträte, die gegen die Aufnahme von Gesprächen mit Podilsk gestimmt hatten, ist Matthias Gering. Er sitzt dem Suhler Kulturausschuss vor, der das Thema mit vorberaten hatte. Das Nein zu Podilsk habe "eher weniger" mit Kaluga zu tun, das werde von den Medien "jetzt so hingestellt"sagt er im Gespräch mit der Redaktion und führt andere Gründe an: "Ich habe nichts gegen eine Städtepartnerschaft, aber im Moment ist mir das zu einseitig. Eine Partnerschaft muss von den Bürgern ausgehen. Das ist jetzt mit der Ukraine schwer."

CDU-Fraktionschef hatte "Solidaritätspartnerschaft" ins Spiel gebracht

Auch CDU-Fraktionschef Lars Jähne, der Kontakte mit Podilsk befürwortet hatte und sich zugleich seit vielen Jahren in der Städtepartnerschaft mit Kaluga engagiert, will von einem Zusammenhang mit den Beziehungen nach Russland nichts wissen. Er habe eine mögliche Städtepartnerschaft mit Podilsk auch skeptisch gesehen, "weil mir der Inhalt gefehlt hat". Allerdings: "Ich war dagegen, Gespräche aus Prinzip abzulehnen. Die Gespräche hätte der Oberbürgermeister führen können. Danach hätte man immer noch entscheiden können: Es funktioniert oder es funktioniert nicht."

Jähne hatte im Stadtrat noch eine auf zunächst drei Jahre beschränkte "Solidaritätspartnerschaft" ins Spiel gebracht, war damit aber auch nicht auf offene Ohren gestoßen. Das Signal, das jetzt von Suhl ausgeht, sieht der CDU-Mann kritisch: "Nicht miteinander zu reden, egal welche Ansichten man hat, halte ich für den größten Fehler."

Suhls OB Knapp findet Entscheidung "befremdlich"

Würzburgs OB Christian Schuchardt (CDU) wollte gegenüber der Redaktion die Entscheidung in Thüringen nicht bewerten: "Das ist eine Angelegenheit des Suhler Stadtrates." Klar sei, dass eine Städtepartnerschaft letztlich auch von der Bevölkerung getragen werden müsse. Für Würzburg freue er sich, dass der Stadtrat 2022 die Zusammenarbeit mit Lwiw und Luzk einstimmig beschlossen habe.

Suhls OB Knapp war am Montag terminbedingt für die Redaktion nicht zu sprechen. Im Beitrag des "Freien Wort" wird Knapp zitiert, dass er es "befremdlich" finde, dass ihm der Stadtrat noch nicht einmal eine Gesprächsoption mit seinem Podilsker Amtskollegen einräume. "Wenn wir uns im Krieg befänden und um Hilfe bitten würden, was wäre dann wohl unsere Erwartung an andere Länder und Staaten?", so Knapp laut dem Zeitungsbericht im Stadtrat. Gespräche zwischen Suhl und Podilsk wären zumindest "ein gutes Signal an die ukrainische Stadt gewesen, und zwar unabhängig, was letztlich dabei herausgekommen wäre". In Suhl soll die formelle Absage an Podilsk nun in diesen Tagen formuliert werden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Torsten Schleicher
Alternative für Deutschland
CDU
CDU-Fraktionschefs
Christian Schuchardt
Freie Wähler
Freies Wort
Partnerstädte
Stadt Würzburg
Stadträte und Gemeinderäte
Ukraine-Russland-Krieg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Paula Werthmann
    Hat die AfD ihr Ziel erreicht? Oder ist diese Stadt moskautreu?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Marc Stürmer
    Die Suhler sehen einfach wegen ihrer Vergangenheit gewisse Sachen eben anders.

    Und dass nicht jede Stadt diese komische Mode des letzten Jahres mitmachen will, einfach irgendeine "Partnerstadt" aus der Ukraine haben zu wollen, zu der es vorher niemals Kontakte gab, ist verständlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lutz Saubert
    Der Kontakt zu Kaluga bestand auch erst seit 1969 ohne vorherige Kontakte. Er war von oben verordnet und ging auch nicht von der Bevölkerung aus.
    Mit der Suhler Vergangenheit haben Sie allerdings Recht. Als Standort einer Militärhochschule der NVA und Bezirksstadt ist es immer noch eine SED-Hochburg.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten