
Es ist nur ein Satz in der städtischen Einladung zur Sitzung des Stadtrats-Ferienausschusses an diesem Donnerstag (Beginn 15 Uhr), doch er markiert eine Zäsur in der Geschichte der Würzburger Stadtratssitzungen: "Diese Sitzung kann man erstmals auch im Internet verfolgen", heißt es in der E-Mail aus dem Rathaus, dazu gibt es noch den Hinweis auf den entsprechenden Link zu YouTube. Erstmals also können Bürgerinnen und Bürger live im Netz bei einer Würzburger Stadtratssitzung dabei sein.
Wie Rathaus-Sprecher Georg Wagenbrenner gegenüber der Redaktion mitteilte, ist die Zellinger Firma MEGAphon zunächst für die beiden Ferienausschuss-Sitzungen am 19. August und am 9. September mit der technischen Umsetzung des Livestreams beauftragt worden. Demnach würden eine oder mehrere Kameras hinter den Stadtratsmitgliedern aufgebaut. Wie Julian Patzak von MEGAphon sagte, würden die technischen Details zurzeit aber noch mit der Stadt geklärt.
Laut Stadtsprecher Wagenbrenner soll es auch nach der Sommerpause Livestreams geben - dann von den Sitzungen des Gesamt-Stadtrats. Für die Sitzungen der Stadtrats-Ausschüsse sei zunächst keine Übertragung vorgesehen.
Entscheidung für Livestream hat eine lange Vorgeschichte
Auch wenn die Entscheidung für einen Livestream am Montag eher beiläufig mitgeteilt worden war, so gibt es dazu eine lange Vorgeschichte. Im Stadtrat hatte es in der Vergangenheit gleich mehrere Anläufe für eine Übertragung aus dem Sitzungssaal gegeben. Vor sieben Jahren, im Oktober 2014, hatte so Linken-Stadtrat Sebastian Roth bereits die "schnellstmögliche Einrichtung eines audiovisuellen Livestreams für alle öffentlichen Sitzungen" beantragt.
Der Antrag war damals nicht weiterverfolgt worden, gleich mehrere Gegenargumente hatte die Verwaltung seinerzeit ins Feld geführt: Alle Mitglieder des Stadtrats müssten schließlich mit einer Übertragung einverstanden sein, auch dürfe der Bereich der Zuschauerinnen und Zuschauer nicht abgebildet werden. Außerdem sei die technische Umsetzung im Ratssaal schwierig, weil man mehrere Kameras installieren müsste. "Insgesamt wird die Auffassung vertreten, dass die Einrichtung eines Livestreams die Diskussionen im Stadtrat eher hemmen würde", so die Verwaltung damals.
2017 scheiterte ein interfraktioneller Antrag von Linken, ZfW und ÖDP, bei dem es um eine Übertragung des Tonprotokolls der Sitzung gegangen war. Ebenfalls ohne Erfolg blieb im April 2020 ein Grünen-Antrag vom Jahr zuvor, der ein Konzept von Online-Übertragungen zum Ziel gehabt hatte. Denkbar knapp mit acht zu acht Stimmen abgelehnt wurde noch im Juni 2020 im Hauptausschuss ein neuer interfraktioneller Livestream-Antrag von Linken, Grünen, ZfW und FDP.
Stadtrat beschloss im April Möglichkeit hybrider Ratssitzungen
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie kam wenig später dann aber doch Bewegung in die Sache. Im April dieses Jahres beschloss der Stadtrat die Möglichkeit hybrider Stadtratssitzungen bei einer Corona-Inzidenz ab 100. Ein Teil der Ratsmitglieder würde dann online zugeschaltet, zugleich würden die öffentlichen Teile der Sitzungen live im Internet übertragen. Hybrid-Sitzungen fanden dann aber wegen der Inzidenzentwicklung nicht statt. Dafür sollen nun aber ab der Ferienausschuss-Sitzung am Donnerstag praktische Erfahrungen mit Live-Übertragungen gesammelt werden.
"Wir wissen ja nicht, wie sich die Corona-Pandemie im Herbst entwickelt, deshalb wollen das jetzt schon mal ausprobieren", sagte OB Christian Schuchardt gegenüber der Redaktion. Über die Erfahrungen aus den ersten Übertragungen würde dann im Stadtrat berichtet werden.
Linken-Fraktionschef Sebastian Roth zeigte sich am Montag überrascht und erleichtert zugleich, dass sein Antrag von vor sieben Jahren nun doch umgesetzt wird: "Ich bin erfreut, aber auch ein bisschen verwundert, dass so eine Sache sieben Jahre lang gebraucht hat." Nun sei er auf die Umsetzung gespannt.
Den Livestream aus dem Ferienausschuss des Stadtrates gibt es am Donnerstag ab 15 Uhr unter https://www.wuerzburg.de/livestreaming-stadtrat.
Die Sitzungen werden sicher länger und für den Steuerzahler teuerer.