
"Freilich tut's mir weh", sagt Anna Maria Lazzaris mit deutlichem italienischen Akzent und zieht an ihrer Zigarette. In einem bunten Rock und einer türkisen Fleccejacke steht sie vor dem Eiscafé Lazzaris in der Ochsenfurter Altstadt. Jahrzehnte lang hat die 78-Jährige hier die Eismaschine bedient, den Laden dekoriert und Kindern das Eis über den Tresen gereicht. Doch damit ist jetzt Schluss.
Im vergangenen Herbst hat Lazzaris das Eiscafé, das ihre Familie im Jahr 1964 eröffnet hat, verkauft. Lange habe sie bereits mit dem Gedanken gespielt, das Café abzugeben und in ihr Heimatland zurückzukehren, sagt sie. Allerdings sei die Eisdiele für sie eine Herzensangelegenheit, die Entscheidung damit umso schwerer.
Erste Eisdiele der Familie 1937 eröffnet
"Meine Familie fragt schon seit Jahren, wann ich endlich zurückkomme", sagt die gebürtige Italienerin, die aus dem Ort Spresiano im Nordosten des Landes stammt, doch seit Jahrzehnten in Deutschland lebt. Und nun ist es so weit. "Mit 18 Jahren bin ich gegangen und mit 78 Jahren komme ich zurück", sagt sie und lächelt kurz. Trotzdem solle der Abschied nicht für immer sein. Ihre Wohnung über der Eisdiele wolle sie für Besuche behalten – schließlich habe sie über die Jahre viele Kontakte vor Ort geknüpft.
Das Eiscafé in Ochsenfurt ist nicht das einzige, das die Familie Lazzaris in der Gegend betrieben hat. "Mein Schwiegervater ist schon vor dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gekommen", sagt Lazzaris. Die erste Eisdiele habe er 1937 in Fulda eröffnet.

Auch in Würzburg gab es früher in der Kaiserstraße, der Semmelstraße und neben dem Mainfranken-Theater Filialen. "Ich erinnere mich noch genau daran, wie wir damals hunderte Liter Eis gemacht haben", berichtet Anna Maria Lazzaris aus den vergangenen Zeiten. Genau wie ihr Mann Enzo habe sie damals in Würzburg gearbeitet. Anfangs nur hinter der Theke, später auch an der Eismaschine.
Nach Ochsenfurt sei sie im Jahr 1990 gekommen, sagt sie. Zuvor habe ihre älteste Tochter gemeinsam mit einigen Angestellten die Filiale betrieben. "Das war eine andere Zeit", sagt die 78-Jährige. "Die Leute hatten kein Handy." Stattdessen habe das Eiscafé vielen als Treffpunkt gedient, erinnert sich die Italienerin. "Ab Mittag war es hier voll."
Für sie und ihre Familie Fluch und Segen zugleich: Denn die Arbeit sei oft auch mit Stress verbunden gewesen, sagt Lazzaris rückblickend. Gleichzeitig habe sie viel Freude daran gefunden. Obwohl ihr Mann, der vor neun Jahren gestorben ist, jedes Jahr vorgeschlagen habe, einige Monate in Italien zu verbringen, sei sie in der Regel hier geblieben, sagt sie. "Es hat mir Spaß gemacht." Dennoch freue sie sich nun darauf, zu gärtnern und Zeit mit ihrer Familie und ihren Hunden zu verbringen.
Gelernter Konditor und Eismacher übernimmt das Eiscafé
Eis wird es im Eiscafé Lazzaris trotzdem weiterhin geben. Denn mit Hamayoon Mohammadi hat ein gelernter Konditor und Eismacher den Laden übernommen. "Das Eis soll so bleiben, wie die Leute es kennen", kündigt Mohammadi an. Einmal in der Woche stehe er dafür im Keller an der Eismaschine. Diesmal: Pistazie.
Blassgrüne cremige Masse kommt dort aus der Maschine und füllt nach und nach einen Plastikbehälter. "Verkaufen können wir es so noch nicht. Dafür ist es noch zu weich", sagt er und stellt das frische Pistazieneis in den Gefrierschrank.
"Es war schon immer mein Ziel, selbstständig zu sein", sagt der Konditor. "Es ist zwar mehr Stress, aber dafür ist es meins." Der erste eigene Laden ist das Eiscafé Lazzaris für ihn nicht. Nach seiner Ausbildung habe er zuletzt gemeinsam mit einem Freund das Stadtcafé nur wenige hundert Meter weiter betrieben, sagt Mohammadi, der 2011 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen ist.

Die ersten Tage nach der Eröffnung Mitte April seien gut gelaufen, sagt der 35-Jährige zufrieden. Allerdings hänge vieles vom Wetter ab und da gebe es noch Luft nach oben. Im Großen und Ganzen will Mohammadi dem Stil des Eiscafés Lazzaris treu bleiben. Lediglich kleine Veränderungen in der Einrichtung, plane er, sagt er. Außerdem wolle er das Sortiment unter anderem um Kuchen und Bubble-Waffeln erweitern. "Mir war es wichtig, jemanden zu finden, der jung ist und sich mit Eis auskennt", sagt Anna Maria Lazzaris. So könne sie die Eisdiele mit gutem Gefühl abgeben.