
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar gelten Seniorinnen und Senioren als wichtige Wählergruppe. Was wünscht sich die ältere Generation von der neuen Bundesregierung, welche Themen treibt sie um? Wir haben drei Frauen und drei Männer aus Würzburg gefragt, was sie bewegt und was sich in der Bundespolitik ihrer Meinung nach dringend ändern müsste.
1. Barbara Sülzer (73) aus Würzburg: "Dass immer mehr Unternehmen aus Deutschland abwandern, muss gestoppt werden"

"Am wichtigsten ist mir, dass die neue Koalition, aus der die Regierung ja bestehen wird, gemeinsam agiert und kompromissbereit ist – es geht um die Demokratie! Außerdem sollte die neue Regierung gegen Altersarmut vorgehen: Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, müssen genügend Rente haben. Die durchschnittliche Rente muss angehoben werden.
Ein weiterer Wunsch wäre, dass die Mitglieder der neuen Regierung eine durchsichtigere Politik machen: Sie sollten aufzeigen, was sie machen wollen – und dann Rechenschaft ablegen, ob sie es wirklich getan haben. Wenn sie millionenschwere Projekte in den Sand gesetzt haben, sollten sie bis zu einem gewissen Grad persönlich haftbar gemacht werden können – wie etwa bei der geplatzten Pkw-Maut. Dass immer mehr Unternehmen aus Deutschland abwandern, muss gestoppt werden; ein Lösungsansatz könnten sinkende Energiepreise sein.
Wünschen würde ich mir außerdem die Abschaffung der Erbschaftssteuer und dass der Hype um E-Motoren gestoppt wird. E-Autos sind nicht CO2 -neutral, wir haben nicht genug Energie für sie und auch die Entsorgung der Batterien ist ein Problem."
2. Axel Salzsieder (68) aus Würzburg: "Am wichtigsten ist mir der Klimaschutz"

"Am wichtigsten ist mir der Klimaschutz – weil ich Kinder und Enkelkinder habe und möchte, dass auch sie noch gut auf unserem Planeten leben können. Ich wünsche mir, dass die neue Bundesregierung in diesem Bereich schnell Maßnahmen ergreift und nicht Gesetze wie das Verbrenner-Aus wieder verwirft. Auch Fristen für Klimaneutralität sollten nicht nach hinten verschoben werden – im Gegenteil, es sollte noch mehr für den Klimaschutz getan werden.
Von der neuen Bundesregierung erhoffe ich mir außerdem, dass sie gegen den Abbau von Demokratie, also gegen Faschismus, vorgeht und sich damit befasst, ob und inwieweit eine in Teilen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei verboten wird. Rechtsextreme Strömungen sollten ernst genommen und politisch vernünftig aufgearbeitet werden – nicht populistisch. Ich sehe unsere Gesellschaft als sehr stark gespalten. Dagegen könnte die neue Bundesregierung einiges tun – etwa das Bildungssystem stärken, bezahlbaren Wohnraum schaffen, Konzepte für die Integration von Geflüchteten entwickeln, Geflüchteten die Chance geben, früher ins Arbeitsleben einzutreten und konsequent gegen Kriminalität vorgehen."
3. Susanne Kolbert (64) aus Würzburg: "Die neue Regierung soll Fake News und Hassnachrichten bekämpfen"

"Meine dringendsten Wünsche an die Mitglieder der neuen Regierung sind: Stellen Sie sich entschlossen gegen Rechtspopulisten und Ideologen! Agieren Sie mutig und klug als Mediator im Dialog mit Nationalisten und Schwarz-Weiß-Malern. Propagieren Sie in der EU aktiv eine Übereinkunft der demokratisch gesinnten Länder als Gegenpol zu nationalistischen Tendenzen. Bekämpfen Sie Fake News und Hassnachrichten. Betreiben Sie eine Außenpolitik, die nicht naiv, aber dennoch auf Frieden ausgerichtet ist.
Legen Sie Klimaschutz als Priorität fest – nicht irgendwann, sondern jetzt. Schaffen Sie den gesetzlichen und finanziellen Rahmen für klimafreundliche, technologieoffene Lösungen für Verkehr, Bauen, Landwirtschaft und Energiegewinnung. Nehmen Sie bei Ihrer Umwelt-, Sozial- und Rentenpolitik mehr Rücksicht auf die junge Generation. Denken Sie über die nächste Legislaturperiode hinaus, um unseren Enkeln eine lebenswerte und sichere Zukunft zu hinterlassen.
Betreiben Sie eine humane Migrationspolitik unter Berücksichtigung der Interessen der Einheimischen. Verbessern Sie die Möglichkeiten der legalen Arbeitsmigration und der sicheren Beantragung von Asyl vom Ausland aus."
4. Franz Wohlfart (71) aus Würzburg: "Beim Thema Digitalisierung sollten Ältere nicht ausgegrenzt werden"

"Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung, dass sie gegen Altersarmut vorgeht, auch wenn ich selbst nicht betroffen bin. Ich bekomme aber mit, dass viele Menschen im Alter kämpfen müssen, um finanziell über die Runden zu kommen und dass sie dafür teils sogar Flaschen sammeln.
Auch die Diskriminierung älterer Menschen im Zusammenhang mit der Digitalisierung beschäftigt mich sehr. Gerade beim Thema Finanzen sind viele hilflos, wenn zum Beispiel nur noch Online-Banking möglich ist. Dass Digitalisierung wichtig ist, ist klar. Man sollte aber Ältere nicht ausgrenzen, weil sie die technischen Voraussetzungen nicht haben oder damit nicht mehr zurechtkommen. Die neue Regierung sollte auf die Banken einwirken, dass sie für die ältere Generation auch noch analoge Alternativen ohne zusätzliche Gebühren bereithält, zum Beispiel bei Überweisungen. Auch die Bahncard gibt es nur noch digital – das ist Ausgrenzung. Wünschenswert wäre auch, dass härter gegen Cyberkriminalität vorgegangen wird, zum Beispiel bei Phishing-Mails, die vorwiegend Senioren betreffen.
In Sachen Pflege und Gesundheit wünsche ich mir von der neuen Regierung ein Umdenken: Durch die Krankenhausreform geraten kleinere Einrichtungen in Schwierigkeiten und Reha-Einrichtungen werden immer weniger. Viele ältere Menschen sind aber auf eine Reha angewiesen, wenn sie zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt nicht direkt nach Hause können."
5. Renate Hess (85) aus Würzburg: "Wir brauchen eine Rückbesinnung darauf, was Demokratie ausmacht"

"Ich wünsche mir, dass unser Land nach der Wahl wieder eine gewisse Stabilität gewinnt. Der jetzige Zustand ist sehr ungut: viel Fanatismus und Politiker verschiedener Parteien, die sich gegenseitig angehen und sich in Besserwisserei und Selbstüberschätzung übertreffen. Ich wünsche mir, dass die Mitglieder der neuen Regierung die Gesamtsituation wieder in ein gutes Fahrwasser bringen können.
Wir alle müssen versuchen, Demokraten zu bleiben und etwas für die Demokratie zu tun. Die Mitglieder der neuen Regierung sollten mit gutem Beispiel vorangehen: einander zuhören, auch mal eine Meinung revidieren, einsichtig sein. Die neue Regierung sollte sich außerdem dafür einsetzen, dass der Ukraine-Krieg möglichst schnell zu einem Ende kommt. Das setzt auch die Geschlossenheit Europas voraus.
Wünschenswert ist auch, dass die neue Regierung die Werte, die unser Land ausmachen, erhält und fördert – angefangen im Kindergarten, bis hin zum Seniorenkreis. Bildung spielt dabei eine sehr wichtige Rolle."
6. Jochen Scheidemantel (71) aus Würzburg: "Die neue Koalition muss auf sozialen Ausgleich bedacht sein"

"Zunächst wünsche ich mir, dass eine neue Bundesregierung nach der Wahl zügig zusammentritt, in einer Koalition des Ausgleichs, ohne Maximalforderungen von Seiten der Parteien.
Es darf keine Klientelpolitik geben, sondern die Koalition muss auf sozialen Ausgleich bedacht sein. Das gelingt nur mit gegenseitiger Perspektivenübernahme, also sich in den Anderen zu versetzen: nicht nur in der nationalen Politik, sondern auch im Gespräch im persönlichen Umfeld – und zur Verständigung zwischen den Staaten (zum Beispiel beim Ukraine-Krieg). Anstatt nach der Wahl im Wahlkampfmodus zu verharren, sollten alle Menschen mit Einfluss die Stimme gegen die 'Ich zuerst'-Mentalität erheben.
Für vordringlich halte ich, den öffentlichen Dienstleistungssektor zu stärken – insbesondere die Altenpflege –, und die Ausplünderung der Staaten durch das Großkapital zu stoppen. Der Welthandel muss dahingehend reguliert werden, dass Produkte, die aus Sklaverei-ähnlicher Arbeit entstehen, oder unter Produktionsbedingungen, die die Umwelt zerstören, nicht mehr gehandelt werden dürfen."
Ich möchte mit Respekt behandelt werden und nicht wie ein Sozialschmarotzer!
Die Rente ist die Gegenleitung, für die von mir lange erbrachten Beiträge und die von mir erbrachte Lebensleitung. Die Rentenversicherung zählt, so auch die Arbeitslosenversicherung, zwar zu den Sozialversicherungen, die Inanspruchnahme ist aber KEINE Sozialleistung!
Herr Lindner (z. B.) sagte am FDP-Parteitag 27/28.04.2024 (nachzuhören u. a. Bericht NTV 28.04.24): "Ob Bürgergeld oder Rente, wir sollten nicht mehr zahlen, für Leute die nicht arbeiten!". Dies ist eine Beleidigung der Menschen die wie ich mehr als 45 Jahre in eine Rentenversicherung einzahlten, sondergleichen!