Vor vielen Geschäften in der Würzburger Innenstadt haben sich Schlangen gebildet. Passantinnen und Passanten kramen in ihren Taschen, ziehen Dokumente hervor und öffnen Covid-Zertifikate auf ihren Smartphones. "Für die Ungeimpften ist das nicht fair, finde ich", sagt Jennifer Bauer, "dass die jetzt dann gar nichts mehr dürfen".
Die 31-Jährige kommt gerade aus einem Modegeschäft in der Schönbornstraße. Sie selbst sei geimpft und störe sich deshalb nicht an den Kontrollen. Im Gegenteil: "Es ist jetzt entspannter, weil weniger los ist", sagt sie. Lange Schlangen vor Geschäften würden sie aber abschrecken. "Wenn ich irgendwo anstehen müsste, dann würde ich nicht reingehen."
Seit Mittwoch gilt auch in Teilen des Würzburger Einzelhandels die 2G-Regel. Betroffen sind Läden, die keine Waren des täglichen Gebrauchs wie Lebensmittel oder Kosmetika verkaufen. Hier haben jetzt nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt.
Würzburger Einzelhändler fürchten leere Innenstädte
Für betroffene Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sei das mitten im Weihnachtsgeschäft eine Katastrophe, meint Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketing-Vereins "Würzburg macht Spaß". "Damit wird die ohnehin schon spärlicher als sonst vorhandene Kauflust der Kunden noch weiter vergällt", sagt er.
Die Passantenzahlen in der Würzburger Innenstadt seien im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie "ohnehin schon im Keller" und könnten durch die 2G-Regelung nun weiter sinken, befürchtet er. Schon jetzt fehlen dem Einzelhandel in der Innenstadt etwa 60 000 Menschen wöchentlich, so Weier.
Auch Ralf Ludewig, unterfränkischer Bezirksvorsitzender des Handelsverbands Bayern, sieht die Existenz vieler Einzelhändlerinnen und Einzelhändler gefährdet. "Solche Maßnahmen verschärfen das Dilemma noch weiter", sagt er, "ich rechne damit, dass nicht jeder Einzelhändler, der jetzt noch da ist, das überleben wird".
Kontrollen stellen Würzburger Händlerinnen und Händler vor große Herausforderungen
Dass die 2G-Kontrollen Kundinnen und Kunden abschrecken könnte, fürchten viele der Einzelhändlerinnen und Einzelhändler. "Viele Leute sagen, dann gehen sie nicht mehr in die Stadt, das tun sie sich nicht an", sagt Heide Eggermann, Inhaberin des Spielwarengeschäfts "Hampelmann".
Auch im Wohnaccessoire-Geschäft "Eckhaus" spüre man den Rückgang der Kundenzahlen bereits deutlich, sagt Inhaberin Birgitt Oechsner. "Die Frequenz in der Stadt hat total abgenommen", sagt sie. Sie fürchtet, dass die durch die Kontrollen verursachten Wartezeiten Passantinnen und Passanten vom Besuch ihres Ladens abhalten könnten. "Aber es ist immer noch besser als wieder zumachen zu müssen", sagt sie in Bezug auf den Lockdown im vergangenen Jahr.
Aber nicht nur das Wegbleiben der Kundinnen und Kunden könnten für den Einzelhandel zum Problem werden. Für die Durchführung der Kontrollen bräuchte es mehr Personal, sagt Weier. Das sei jedoch knapp und gerade kleinere Läden könnten sich das kaum leisten. "Die Kontrollpflichten werden auf den Händler abgeladen", sagt er, "da stößt man schnell an Grenzen".
Für die Kontrollen fehlt es an Personal
"Die Kosten für mehr Personal wären immens", sagt Sande Thomé, Leiterin des Geschäfts "einrichten-design Citystore" in der Spiegelstraße. In ihrem Laden arbeiten zwei Personen, eine davon müsste in Zukunft zusätzlich die Einlasskontrolle übernehmen. "Das wird eine Herausforderung", sagt Thomé. Sie rechnet auch mit Unverständnis der Kundinnen und Kunden. "Es gibt ja jetzt schon Diskussionen wegen der FFP2-Masken".
Aber nicht bei allen stoßen die Maßnahmen auf Unverständnis. "Ich finde es super", sagt Simon Marx. Er ist zum Frühstücken in der Stadt unterwegs und hat sich zur Sicherheit im Vorfeld auch testen lassen. "Lieber mehr Sicherheit und dafür ein bisschen warten", sagt er zu den Einlasskontrollen.
Die Kontrollpflicht lösen die Einzelhändlerinnen und -händler mit unterschiedlichen Mitteln. Vor vielen Geschäften hängen Hinweisplakate, teilweise wurden mit Aufstellern Bereiche für Warteschlangen abgetrennt und Absperrungen errichtet, vor denen die Kundinnen und Kunden warten.
Auch vor dem Bekleidungsgeschäft Quartier 97 in der Marktgasse stehen Infotafeln. Inhaber Michael Sagert muss die Kontrollen zusätzlich zum Tagesgeschäft komplett alleine stemmen. Um das Prozedere zu beschleunigen, hat er sich die "CovPassCheck-App" heruntergeladen. Das Problem des Einzelhandels sieht er aber nicht in der 2G-Regelung. "Ein richtiges Problem wird es, wenn die Gastro wieder schließen muss", sagt er, "dann ist kein Leben mehr in der Innenstadt und uns fehlen die Kunden".
Um einen erneuten Lockdown zu vermeiden, nehme man die Maßnahmen natürlich in Kauf, sagt Ralf Ludewig. "In den sauren Apfel müssen wir jetzt beißen", sagt er, "besser als ein Lockdown, sonst sieht es für viele zappenduster aus".
So wird das nichts!
Wenn die Einzelhändler die Maßnahmen jetzt nicht konsequent umsetzen, und sowohl Zertifikat, als auch den dazu gehörigen Ausweis kontrollieren, habe ich kein Bedauern dafür, wenn die Politik sagt: "Diese Maßnahme funktioniert einfach nicht!", und einen weiteren kompletten Lockdown verhängt.