
Die Tafel in Würzburg: tagein, tagaus werden Mengen an Lebensmitteln aus Supermärkten und Großbetrieben gerettet und an Menschen gebracht, die diese Unterstützung dringend brauchen. Und ohne sie läuft gar nichts: die Ehrenamtlichen; 280 zählt die Tafel aktuell. Sie stellen jeden Tag aufs Neue einen halben Supermarkt auf die Beine und machen das Leben vieler Menschen damit ein Stückchen besser – und das ganz ohne Bezahlung. Fünf Ehrenamtliche sprechen über ihr Engagement bei der Tafel, warum die Arbeit so unerlässlich ist und was sich verändert hat.
1. Susanne Kolbert (66), Vorsitzende und seit 16 Jahren Mitarbeiterin der Tafel

"Die Arbeit bei der Tafel ist sehr viel greifbarer als das, was die meisten von uns in ihrem Job machen", findet Susanne Kolbert, Vorsitzende der Tafel, die schon seit 16 Jahren dort mitwirkt. "Es geht nicht darum, Verhungern zu vermeiden", betont sie. "Wir wollen den Menschen mehr finanziellen Spielraum verschaffen für eine Teilhabe am sozialen Leben. Für die einen ist es das Bier in der Kneipe, für die anderen ein Stück Kuchen – Mini-Luxus im Alltag." Sie sei froh, einen solchen Ausgleich schaffen zu können. Die Arbeit bei der Tafel sei schlichtweg befriedigend "an jedem einzelnen Tag", sagt sie.
Als eine der Betriebsältesten beobachtet die 66-Jährige auch die Entwicklung der letzten Jahre. "Die größte Änderung brachte der Ukraine-Krieg", erklärt sie. "Wir haben seitdem ein Drittel mehr Kunden und sind derzeit am Limit." Umso wichtiger seien die Warenspenden, um den täglichen Betrieb aufrechterhalten zu können. Auch diese fielen immer kleiner aus. Geldspenden spielten eine kleinere Rolle, sagt Kolbert und betont, die Tafel würde keine Spenden auf der Straße sammeln. Es seien andere, die in der Stadt vermeintlich im Namen der Tafel Menschen um Geldspenden bäten.
2. Benvinda Eckardt (77), seit acht Jahren Mitarbeiterin der Tafel

Benvinda Eckardt ist seit 2016 Tafelmitarbeiterin – und das mit großer Leidenschaft. "Es macht mir unheimlich viel Freude, wenn ich herkomme", sagt sie. Die 77-Jährige mag die Arbeit bei der Tafel, weil sie gerne das Haus verlässt, etwas unternimmt, verschiedene Menschen trifft und ins Gespräch kommt. Ihr seien die Menschen auch ans Herz gewachsen. "Ich mache das so lange, wie es geht", sagt sie. Auch wenn der Alltag der Tafel in den vergangenen acht Jahren anstrengender geworden sei: "Es kommen viel mehr Menschen als früher; zudem sind sie anspruchsvoller", erklärt Eckardt. "Manchmal ärgert man sich." Trotzdem gehe sie am Ende des Tages immer mit einem guten Gefühl nach Hause.
3. Jürgen Weigand (61), seit einem Jahr Mitarbeiter im Tafel-Team

Jürgen Weigand zählt mit 61 Jahren zu den eher Jüngeren im Tafel-Team. Als ehemaliger Mitarbeiter der Telekom konnte er in den vorzeitigen, sogenannten "engagierten Ruhestand" gehen. Ein Konzept, das soziales Engagement als Bedingung stellt – 1000 Stunden an der Zahl, erklärt Weigand. Er engagiert sich inzwischen seit über einem Jahr bei der Tafel, hebt dreimal die Woche Kisten, sortiert Gemüse und gibt Lebensmittel heraus.
Das alles möchte er auch nach dem Ende der 1000 Stunden nicht missen. "Ich komme mit vielen Leuten in Kontakt – immer mit den gleichen wäre ja auch langweilig", sagt er und lacht. "Aber vor allem ist es etwas Sinnvolles", da er den enormen Bedarf in Würzburg sehe. Zirka 140 Menschen suchten allein in der Zellerau täglich die Tafel auf. "Überwiegend Geflüchtete, vor allem Ukrainer", berichtet Weigand. Auch er bemerke, dass die Kisten mit Lebensmitteln immer weniger gefüllt seien. "Es reicht nicht mehr für alle. Die Letzten kriegen schon weniger."
4. Lena Amend (24), seit einem Jahr bei der Tafel engagiert

"Ich wollte mich ehrenamtlich engagieren, etwas Sinnvolles machen, mich finden", erzählt Lena Amend über ihren Entschluss vor knapp einem Jahr, sich bei der Tafel zu engagieren und ihre Zeit zwischen Jobs zu nutzen. Dreimal die Woche arbeitet die 24-Jährige bei der Tafel und möchte das, wenn möglich, auch neben dem nächsten Job noch weiter tun. "Es muss Leute geben, die das machen, damit das System Tafel funktioniert." Die Arbeit sei wichtig, meint sie. "Wenn Leute, die nicht so viel Geld haben, etwas bei den Lebensmitteln einsparen, können sie auch mal Geld beiseitelegen, Unternehmungen machen oder etwas Ausgefalleneres kochen."
5. Robert Meusert (80), arbeitet seit fünf Jahren bei der Tafel mit

Robert Meusert stellt sich als der "Kartoffelmann" vor: Die Kartoffeln seien seit mittlerweile fünf Jahren sein Spezialgebiet – er habe ein Händchen dafür, die Kartoffeln so zu verteilen, dass es für alle reiche, scherzt er. Natürlich hilft Meusert auch an anderer Stelle. Jede zweite Woche am Freitag erwarte ihn durch sein ehrenamtliches Engagement eine Aufgabe und eine Herausforderung, sagt der 80-jährigen Rentner. Außerdem sei es ein Ausgleich für ihn. "Ich freue mich schon, wenn wieder Freitag ist und ich mich auf's Rad setzen und hierherfahren kann. Und dann bin ich hier den ganzen Tag beschäftigt."
Am Samstag, 13. Juli, von 12 bis 18 Uhr, feiert die Tafel ihr 25-jähriges Bestehen am Jugendzentrum in der Zellerau, Weißenburgerstraße 43. Alle Interessierten sind eingeladen, mitzufeiern.