
Es war ein Streit um Macht und Besitz, der Giebelstadt und Eßfeld aus dem Dunkel der Geschichte treten ließ. Kein allzu freudiger Anlass also, aber nach 1200 Jahren allemal ein Grund zum Feiern. Das ganze Jahr 2020 steht im Zeichen dieses Jubiläums.
Der Würzburger Bischof Wolfger hatte sich an Kaiser Ludwig den Frommen gewandt, weil Graf Radulf ihm die kirchlichen Besitzungen in „Gibulestat“ und „Eichesfeld“ streitig machte. Kaiser Ludwig ließ den Fall untersuchen und sprach ein Machtwort zugunsten des Bischofs. Dass die beiden Siedlungen vor 1200 Jahren schon existierten, steht also außer Zweifel, aber die Urkunde, ausgefertigt am 20. Januar 820 in der Kaiserpfalz zu Aachen, markiert die offizielle Geburtsstunde.
Ortsgeschichte auf 420 Seiten
Nachzulesen ist das alles in einem Beitrag von Gemeindearchivarin Friederike Langeworth in der neuen 420-seitigen Gemeindechronik. Druckfrisch wird sie beim Neujahrsempfang der Gemeinde am Donnerstag, 9. Januar, in der Mehrzweckhalle der Öffentlichkeit vorgestellt. "Ein gewaltiges Werk", sagt Marketingleiterin Annette Barreca, in deren Büro im Rathaus die Fäden für die vielen Veranstaltungen während des Jubiläumsjahrs zusammenlaufen. 20 Autoren haben an der Chronik mitgewirkt. Darüber hinaus trafen sich Dutzende von Bürgern regelmäßig in verschiedenen Arbeitskreisen, um das Jubiläum vorzubereiten.

Das Eßfelder Gegenstück zur Chronik ist eine umfangreiche Festschrift, die Hobby-Geschichtsforscher Lukas Lesch erarbeitet hat. Sie wird erst im Juni öffentlich vorgestellt, zeitgleich mit einer Fotoausstellung. Mit dem "Höfe-Spektakel" begeht Eßfeld im Juni auch den Höhepunkt des Jubiläumsjahrs. Bei dem Dorffest steht vor allem die landwirtschaftliche Tradition des Ortsteils im Vordergrund.
Auf ungewöhnliche Art stellen sich die Florian-Geyer-Festspiele im Juli in den Dienst des Jubiläums. Um Ritter Florian Geyer, den berühmtesten Sohn des Ortes, geht es in diesem Jahr nicht. Stattdessen zeigen die Festspiele mit "Zobels Zoff" eine schräge Komödie, in der das Mittelalter nur den Rahmen für eine ebenso skurrile wie frei erfundene Handlung bildet.
Zur Reise durch 1200 Jahre Ortsgeschichte soll der "Markt der Epochen" Anfang September werden. Zwischen Geyer-Ruine und Friesenheimer Schloss widmen sich der Markt und sein Rahmenprogramm vier für Giebelstadt prägenden Zeiträumen: dem Mittelalter, der Barockzeit, dem Übergang zur Industrialisierung und der Zeit des Wirtschaftswunders.
Darüber hinaus ist der Kalender gefüllt mit weiteren Kulturveranstaltungen rund um das Jubiläum. Das Schultheater der Grundschule mit seiner "Zeitreise – vor 1200 Jahren in Gibulestat" zählt ebenso dazu wie das mittelalterliche Konzert der "Capella Antiqua Bambergensis" mit zeitgenössischen Instrumenten in der Eßfelder Pfarrkirche oder der Auftritt des Coro Teatro di Padova aus dem italienischen Padua.
Paraballooning erstmals auf dem Giebelstadter Flugplatz
Besonders freut sich Annette Barreca, dass es gelungen ist, im Jubiläumsjahr Landkreis-Veranstaltungen nach Giebelstadt zu holen. Dazu zählt beispielsweise die Eröffnungsveranstaltungen für die Seniorenwochen des Landkreises und den "Tag der offenen Gartentür" im Garten des Zobel-Schlosses.
Zu einem besonderen Höhepunkt sollte das "3. Fränkische Paraballooning" des Fallschirmspringerclubs Oberhausen werden. Zweimal bereits zog der ungewöhnliche Wettbewerb im Zusammenspiel von Ballonfahrern und Fallschirmspringern Tausende von Zuschauern an, bis der Springerclub sein Vereinsgelände in Oberhausen aufgeben musste und in Rothenburg eine neue Bleibe fand. Ende Mai findet das Paraballooning erstmals auf dem Giebelstadter Flugplatz statt, und Annette Barreca hofft, dass sich die spektakuläre Veranstaltung dort auch auf Dauer etabliert.

Insgesamt hat der Gemeinderat für die Veranstaltungen rund um das Jubiläum ein Budget von 150 000 Euro zur Verfügung gestellt. Per Saldo rechnet Annette Barreca mit einem Zuschussbedarf von 80 000 Euro. Größte Nutznießer werden dabei die Giebelstadter Vereine sein, die ihre Einnahmen aus den Veranstaltungen für sich behalten dürfen.
Rund zwei Jahre lang haben die Vorbereitungen in den verschiedenen Arbeitsgruppen gedauert. Und Annette Barreca ist beeindruckt, mit wie viel Engagement die Beteiligten dabei zu Werke gegangen sind. "Wir hätten noch mehr machen können, aber man will sich ja nicht selber Konkurrenz machen", sagt sie. Das Festjahr verbucht sie deshalb als Erfolg, bevor es richtig angefangen hat. "Es ist durch das Jubiläum unheimlich viel Gemeinschaftsgefühl entstanden", sagt sie.