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Würzburg/Schweinfurt
10 Fragen zur Erbschafts- und Schenkungssteuer: Was sich zum 1. Januar wirklich ändert
Das geerbte Haus zwangsverkaufen, weil man die Steuer nicht bezahlen kann? Die Aufregung über die künftige Erbschafts- und Schenkungssteuer ist groß. Was Sie jetzt wissen müssen.
Beim Vererben und Schenken werden Steuern fällig. Künftig sollen Immobilien dabei mit ihrem 'echten' Wert bemessen werden. Und weil dieser nun häufig höher angesetzt wird, steigt auch der Steuerbetrag.
Foto: Jens Büttner, dpa | Beim Vererben und Schenken werden Steuern fällig. Künftig sollen Immobilien dabei mit ihrem "echten" Wert bemessen werden. Und weil dieser nun häufig höher angesetzt wird, steigt auch der Steuerbetrag.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:22 Uhr

Die Meldungen haben Immobilienbesitzer und ihre Familien aufgeschreckt: Mit der Jahreswende wird das Schenken und Vererben von Immobilien für viele teurer – wegen der fälligen Steuer. Die bayerische Staatsregierung warnt vor einer "Steuererhöhung durch die Hintertür" und fordert gesetzliche Änderungen. Ein Antrag dazu wurde in den Bundesrat eingebracht, noch ist das letzte Wort nicht gesprochen.

Wie die CSU spricht sich mittlerweile auch die FDP für eine Anhebung der Freibeträge aus. Was die Neuregelung konkret bedeutet und wen sie tatsächlich betrifft – die zehn wichtigsten Fragen dazu beantwortet Thomas Wolfrum, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht in Schweinfurt und Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer für Unter- und Oberfranken.

1. Was ändert sich bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer zum 1. Januar? Sind neben Immobilien auch andere Vermögen betroffen?

Nicht die Erbschaftssteuer als solche wird angehoben. Die ab 1. Januar 2023 geltenden Änderungen betreffen lediglich die Bewertung von Immobilien im Falle des Schenkens und Vererbens. Anderes Vermögen ist also aktuell nicht berührt. Die Neubewertung von Immobilien wird in das Jahressteuergesetz 2022 übernommen.

2. Warum erhöht sich die Steuer überhaupt? 

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits zweimal die Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt, weil Immobilienvermögen eklatant günstiger bewertet wurde als zum Beispiel Kapitalvermögen wie Aktien. Hintergrund sind die massiv gestiegenen Immobilienpreise seit der Jahrtausendwende. Schon in der Gerichtsentscheidung von 2006 wurden deshalb Anpassungen der Bewertung angemahnt. Dies ist nun – nach 16 Jahren – geschehen. Maßgeblich für die Steuerhöhe ist der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie.

3. Müssen Haus- und Wohnungserben ab 2023 in jedem Fall mehr Steuern bezahlen oder gibt es Ausnahmen? 

Das hängt ganz vom Einzelfall ab, erklärt Fachanwalt Wolfrum. Wird die vererbte Immobilie nicht selbst genutzt, liegen die Freibeträge – sollten sie nicht noch erhöht werden – bei 500.000 Euro für den Ehegatten oder Lebenspartner und bei 400.000 Euro für jedes Kind pro Elternteil. Ein Kind kann also eine gemeinsame Immobilie der Eltern bis zu einem Wert von 800.000 Euro steuerfrei übernehmen. Ein anderes Beispiel: Hat ein Erblasser einen Ehegatten oder Lebenspartner und zwei Kinder, kann er insgesamt eine 1,3 Millionen Euro steuerfrei vererben. "Betroffen ist meiner Einschätzung nach sicherlich nicht die Mehrheit der Bevölkerung", sagt der Steuerexperte.

4. Kann ich das eigene Wohnhaus auch ganz steuerfrei vererben oder verschenken?

Ja, das ist möglich. Wer vom Ehe- oder Lebenspartner ein Wohnhaus oder ein Apartment geschenkt bekommt oder erbt und selbst darin zehn Jahre wohnt, muss keine Steuern entrichten. Allerdings darf die Wohnfläche dabei 200 Quadratmeter nicht überschreiten. Was darüber liegt, muss versteuert werden. Gleiches gilt für ein Kind, das die Immobilie von den Eltern erbt – hier allerdings nur im Todesfall. "Man kann also eine Münchner Millionenvilla steuerfrei vererben, wenn dann dort Kind oder Ehegatte einzieht. Keiner, der dies tut, wäre gezwungen, die Immobilie wegen der Erbschaftssteuer zu veräußern", erklärt der Schweinfurter Fachanwalt. Auch gebe es weitreichende Befreiungen für die Landwirtschaft.

Thomas Wolfrum ist Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht in Schweinfurt und Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer für Unterfranken und Oberfranken.
Foto: Dietmar Amrhein | Thomas Wolfrum ist Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht in Schweinfurt und Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer für Unterfranken und Oberfranken.

5. Um wieviel erhöht sich die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer für Immobilien?

Die Änderungen betreffen zum einen den so genannten Sachwertfaktor, der sich erhöht. Er bildet die Marktlage ab und wird bei der Berechnung mit dem Restwert der Immobilie und dem Bodenwert multipliziert. Zweitens wurde die Nutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre angehoben und damit also der Restwert erhöht. Drittens gibt es nun einen Regionalfaktor, der in besonders boomenden Regionen obendrauf kommt. Nach Schätzung des Eigentümerverbandes "Haus & Grund" kann sich die Erbschafts- oder Schenkungssteuer durch die Neuregelung ab Januar um 20 bis 30 Prozent, in Einzelfällen auch um 50 oder gar 100 Prozent erhöhen.

6. Welche Rolle spielt die regionale Lage? Erhöht sich die Erbschaftssteuer für ein Haus in Würzburg mehr als in der Rhön?

Dort, wo die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren besonders angezogen haben, wird es nun auch für Erben teurer. Denn es geht um den realen Wert eines Hauses oder einer Wohnung – man könnte auch sagen: den Marktwert oder möglichen Verkaufspreis. Die Regionalfaktoren liegen zukünftig je nach Region bei 0,8 bis 1,8. Sie unterscheiden sich auch innerhalb Unterfrankens: In Würzburg (1,221) liegt der Faktor höher als in Rhön (1,040) oder in den Haßbergen (1,074). 

7. Betrifft die Neuregelung die Schenkung zu Lebzeiten in gleicher Weise?

Ja, beide Arten des Übergangs von Vermögen sind betroffen. Also die Schenkungs- wie die Erbschaftssteuer, die auch zusammen in einem Gesetz geregelt sind. Das Verschenken gewinnt bei größeren Vermögen dadurch an Bedeutung, dass man die Steuerfreibeträge mehrfach nutzen kann – nämlich nach zehn Jahren erneut. Steuerlich kann es also von Vorteil sein, das Vermögen gestückelt im Abstand von mindestens zehn Jahren zu übertragen.

8. Sollte ich jetzt noch schnell mein Eigenheim verschenken?

Da gehen die Meinungen auseinander. Fachanwalt Thomas Wolfrum hält das für überlegenswert: "Das Schenken kann man planen, den Vermögensübergang von Todes wegen kann man bekanntlich zeitlich schwer bestimmen." Andere Stimmen mahnen zur Vorsicht: Nur wegen der Steueränderung zum 1. Januar solle man nichts überstürzen, was vielleicht später für Konflikte innerhalb der Familie sorgt. Wo aber ohnehin die Überschreibung einer Immobilie ansteht, kann – je nach Vermögen und Freibeträgen – ein Notartermin noch vor dem 31. Dezember Steuern ersparen. Vor einer "Torschlusspanik" warnt indes auch Wolfrum. Viele seien von der höheren Erbschaftssteuer gar nicht betroffen.

9. Ist das Verschenken bis 31. Dezember so kurzfristig überhaupt noch möglich? Sind die Notare bereits ausgebucht?

Rein terminlich ist es durchaus möglich, eine Schenkung noch bis Jahresende unter Dach und Fach zu bringen. Aus Notariaten in der Region sei zwar zu hören, dass die Nachfrage nach Beurkundungsterminen gerade merklich wächst. "Aber bislang scheinen die Notare noch nicht ausgebucht zu sein", so die Beobachtung von Fachanwalt Wolfrum.

10. Habe ich ein Recht darauf, weiter im Haus zu wohnen, wenn ich es meinen Kindern frühzeitig übertrage?

Man kann sich bei einer Übertragung das Wohnrecht oder den so genannten Nießbrauch vorbehalten, so dass man die Immobilie weiter nutzen kann. Ein solches Wohnrecht mindert dann auch den Wert der Immobilie für den Beschenkten, er muss damit weniger Steuern bezahlen – falls der Freibetrag überschritten werden sollte.

 
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  • R. O.
    als abhängig Beschäftigter muß man Bruttolohn etwa 40 bis 45 % Steuer abführen. jedes Jahr werden zwischen 250 und 400 MilliardenEuro vererbt, da fallen gerade einmal 5 Mrd. Erbschaftssteuer an. hier ist eine Belastung von 1 bis 2%. es ist längst Überfällig, das Erbschaften mehr besteuert werden müßen, es ist einfach eine Sache der Gerechtigkeit.
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  • M. B.
    Was ist gerecht daran, dass der Staat an dem verdient was man sich als Arbeitnehmer hart erarbeitet hat um die Zukunft der eigenen Kinder zu sicher?
    Meine Haus, mein Eigentum aber der Staat hält die Hand auf, wenn ich das meinen Kindern schenken möchte?
    Der Staat verdient an mir doch schon genug durch die Steuern auf meinen Lohn....
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  • D. K.
    Fürs Häusle gibt’s Freibeträge.

    Es geht doch hier um ganz andere Dimensionen.
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  • L. W.
    @ tabima

    Es geht bei diesem Thema Erbschaftssteuer eher nicht um das was man sich selbst erarbeitet hat und seinen Kindern vererben möchte.

    Es geht darum, dass eine vermögende Oberschicht ihren Reichtum ungeschmälert an die nächste Generation weitergeben kann.

    Für "normale" Vermögen sind die Freibeträge im Erbrecht ausreichend und da braucht man auch weiterhin nichts befürchten.
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  • A. H.
    Aber sie haben schon mitbekommen, dass die Grundstücke und Häuser in Ihrem Wert neu bewertet und "angepasst" werden. Und ruckzuck gehört man auf einmal zur vermögenden Oberschicht. Kommt zwar auf die Gegend an, aber für mich ist das eine reine Steuererhöhung.
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  • K. K.
    Es geht um die Steuer für die Erben/Beschenkte, nicht um Ihre! Die Freibeträge sind sehr hoch und auch ausreichend. Denken Sie auch daran, wieviel "Erben" es gibt, die keinen Cent erben oder geschenkt bekommen. Jede neue Generation beginnt mit dieser Ungerechtigkeit.
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  • L. W.
    @ ropel

    Da wird sich aber unser Söder mit Händen und Füßen dagegen wehren. Denn schließlich stammt seine Frau aus einer Unternehmer Familie, in der es wirklich nicht um Kleingeld bei der Erbmasse geht.
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  • D. H.
    40-45%? Das stimmt so aber nicht.

    Um über einen Durchschnittssteuersatz von 40% zu kommen muss man im Jahr schon über fast 350.000 € zu versteuerndes Einkommen verfügen.
    Auf 45% kommt man rechnerisch sogar nie, egal wie hoch das Einkommen ist.
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  • R. O.
    hallo danann, Sie dürfen die Sozailabgaben nicht vergessen, Sie dürfen auch den hälftigen Beitragssatz des Arbeitgebers nicht vergessen. den überweist zwar der Arbeitgeber, aber der Beschäftigte muß diesen Arbeitgeberanteil dem Arbeitgeber erst einmal verdienen. der Arbeitgeber zahlt diesen hälftigen Beitragssatz nicht aus der Privatschatulle.
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