Vor fast genau sechs Jahren, im März 2018, hat ein Gerichtsvollzieher im Rahmen einer Zwangsräumung in einem Keller eines großen Mietshauses in der Euerbacher Straße in Schweinfurt hochexplosive Chemikalien entdeckt – gelagert teils in Einmachgläsern. Der Gerichtsvollzieher erkannte die Gefahr, es folgte ein großer Polizei- und SEK-Einsatz, 100 Personen wurden in eine Turnhalle evakuiert – und ein Teil des hochgefährlichen Fundes gar nicht erst abtransportiert, sondern vorsichtshalber in größerem Abstand auf einer nahen Wiese kontrolliert gesprengt.
Der Chemie-Enthusiast mit Hang zum Selbstbau von Böllern, Raketen und Treibsatzstoffen wurde dann vom Schöffengericht Schweinfurt wegen unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen, Überlassens einer Schusswaffe und Sachbeschädigung zu zwei Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt. Ein Sachverständiger des LKA hatte damals gesagt, mit dem hochexplosiven Acetonperoxid (APEX) oder TATP, auch "Blitzknallsatz" genannt, von dem der 36-Jährige 750 Gramm im Keller gelagert hatte, könne man ein Haus in die Luft jagen.
Nun saß derselbe Mann, inzwischen 41 Jahre alt, wegen ähnlicher Delikte erneut vor demselben Vorsitzenden des Schöffengerichts – obwohl er laut Weisung weder Waffen noch explosionsgefährliche Stoffe besitzen durfte.
Internet-Bestellung ließ die Behörden angesichts der Vorgeschichte aufhorchen
Das Ergebnis der Verhandlung: Zwei Jahre Gefängnis. Das Gericht sieht den Angeklagten schuldig des Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen in drei Fällen, sowie des Verstoßes gegen das Waffenbesitzverbot der Stadt Schweinfurt und der Weisungen der Führungsaufsicht. Der Haftbefehl bleibt aufrecht. Gegen das Urteil ist Berufung oder Revision möglich.
Laut der neuen Anklage bestellte der Mann im August letzten Jahres via Internet bei Amazon ein Kilo Kaliumnitrat und 100 Gramm Schwefel, aus denen man zusammen mit Holzkohle Schwarzpulver herstellen könnte, so die Anklage. Ein "explosionsgefährlicher Stoff" also. Was der Gabelstaplerfahrer nicht wusste: Der Internethändler muss Besteller von Substanzen, die zu derlei Explosivem vermischt werden können, den Behörden melden. Und die wurden beim Angeklagten sehr hellhörig.
Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden sie neben dem Kaliumnitrat und Schwefel auch Silvesterböller, Feinwaagen, eine Pulvermühle und einen Mörser, Treibladungs- und Cellulosepulver, zwei als Waffen eingestufte verbotene Messer, einen PTB-Revolver, 68 Patronen Kartuschenmunition, 96 Platz- und 83 Gaspatronen.
Ein Teil davon befand sich in der Garage der Vermieterin. Im Anwesen seiner Mutter in einem Dorf im Landkreis Schweinfurt fanden die Ermittler zwei grundsätzlich erlaubnisfreie PTB-Revolver des 41-Jährigen, die dieser manipuliert habe, um sie "schussfertig zu machen", so der Staatsanwalt, ferner drei Armbrustwaffen und 45 Bolzen – versteckt auf dem Dachboden.
Waffenbesitzverbot wurde bereits im Jahr 2006 gegen den Mann ausgesprochen
Laut Führungsaufsichtsbeschluss vom Juni 2022 darf des 41-Jährige keinerlei Waffen (auch keine erlaubnisfreien) und explosionsgefährlichen Stoffe besitzen, nicht einmal Silvesterkracher. Zudem bestehe gegen ihn laut Anklage schon seit Oktober 2006 ein Waffenbesitzverbot der Stadt Schweinfurt. Warum wird bei ihm dennoch ein derartiges Arsenal gefunden?
Eine schlüssige Antwort darauf gibt der Angeklagte nicht. Die Anklagepunkte räumt er ein. Eine Gefahr wie 2018 im Mietkomplex der Euerbacher Straße habe hier zwar nicht bestanden, so der Staatsanwalt. Er beantragt dennoch zwei Jahre Haft – ohne Bewährung angesichts von 14 Vorstrafen und offenkundig wenig Einsehen und Reue beim Angeklagten. Sogar der Pflichtverteidiger mag sich dem nicht widersetzen: "Es ist einfach zu viel vorgefallen."