Leicht war es nicht, in dem Prozess um Zwangsarbeit, Nötigung, möglicher Schwarzarbeit (oder auch nicht) und vorenthaltener Beiträge zur Sozialversicherung den Überblick zu behalten. Nachdem die wichtigsten Zeugen vernommen sind, lichtet sich der Nebel jedoch langsam.
Es kommt zum Vorschein, dass es sicher keine Zwangsarbeit war, die sechs Asylbewerber erleiden mussten, als sie Ende 2016 bis Anfang 2017 für "ihre" Sprachkurslehrerin (46) und deren Mann (48) nach der Schule öfters in einem geplanten Ladengeschäft Renovierungsarbeiten verrichteten.
Denn erstens haben die beiden Angeklagten nach Aussage der meisten erwachsenen Sprachschüler keinen Zwang ausgeübt. Zweitens erscheint unklar, ob sie in einer Arbeitnehmersituation waren, als sie dort renovierten, oder eher künftige Partner eines gemeinsamen Geschäftes – also baldige Mitinhaber. So zumindest sei es vier der sechs Sprachschülern aus dem Nahen Osten in Aussicht gestellt worden, sagten diese als Zeugen. Die Sprachlehrerin sei wohlwollend, teils wie eine Mutter zu ihnen gewesen, der man gerne geholfen habe, so der Tenor.
Behandelt wie Sklaven?
Zwei der Zeugen aber fühlten sich als Arbeitskräfte ausgenutzt, "verarscht". Schwarz hätten sie arbeiten sollen, ohne Bezahlung. "Sie hat uns behandelt wie Sklaven", sagte ein heute 36-Jähriger über die Sprachlehrerin nun am vierten Verhandlungstag vor dem Schweinfurter Schöffengericht. Wie die Sklavenhaltung konkret ausgesehen haben soll, wo dort doch auch gemeinsam gefeiert wurde, konnte er nicht konkret beschreiben.
Bezüglich Dauer und Häufigkeit der Arbeitseinsätze im künftigen Laden sind die Angaben der Zeugen recht unterschiedlich. Den Ehemann der Lehrerin betreffen diese Ladenarbeiten kaum, die als "Projekt" zum praktischen Spracherlernen und Integration gedacht gewesen sein sollen – allerdings wohl mit eigennützigen Nebenwirkungen.
Was geschah mit 17.000 Euro?
Nur die 46-Jährige betrifft der Anklagevorwurf, sie habe die Asylbewerber auch in ihrem Betrieb "Ausbildungsinitiative Wiederaufbau Syrien" als Reinigungskräfte eingesetzt, ohne sie zu entlohnen. Und, besonders gravierend: Sie soll dem Freund eines Sprachschülers versprochen haben, ihm bei der Suche eines Ladengeschäfts und der Eröffnung einer Shisha-Bar zu helfen und von diesem dafür 17.000 Euro entgegen genommen haben. Eine Geschäftseröffnung habe sie damit aber nicht in die Wege geleitet, sondern das Geld für eigene Zwecke behalten und erst nach mehrfacher Aufforderung und langer Zeit zurückbezahlt.
Wegen dieser beiden Vorwürfe muss sich die Sprachkursleiterin weiter vor Gericht verantworten. Das Verfahren gegen ihren Ehemann wurde dagegen am Dienstag ohne Auflagen eingestellt. Vom Verbrechensvorwurf der "Zwangsarbeit" spricht dagegen keiner der Verfahrensbeteiligten mehr – auch nicht der Staatsanwalt.
Der Prozess wird am Montag, 9. Januar, 9 Uhr, fortgesetzt. Dann könnten die Plädoyers folgen und auch das Urteil verkündet werden.