Das Ganze nur ein Buch zu nennen, wäre stark untertrieben. Der rot gebundene Band mit dem Titel „Zur Freiheit berufen“ ist mehr: Ein Porträt Sennfeld, des ehemals freien Reichsdorf. Es ist aber auch ein Wegweiser: Es zeigt, den Leuten, die jetzt am Friedensfest am Plan stehen, Tracht tragen und die hergebrachten Worte sprechen, warum sie das eigentlich tun.
Und das Buch, erschienen im Athena-Verlag, herausgegeben von Theologieprofessor Richard Riess und Altbürgermeister Emil Heinemann, ist eine Herzenssache. „Um zu wissen, wohin wir gehen, müssen wir wissen, woher wir kommen“, sagt Emil Heinemann bei der Vorstellung des Buches bei einem Festakt in der Dreieinigkeitskirche.
Der Wunsch nach Freiheit, unumstößlicher Glaube: Für Emil Heinemann zeichnet das die Vorfahren aus, die dafür gekämpft haben, nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder reichsfrei zu werden. Die Vergangenheit müsse man lebendig erhalten, respektieren, nicht vergessen, davon ist er überzeugt. „Wir müssen das unseren Kindern und Kindeskindern weitererzählen“, dazu soll das Buch beitragen.
Dankbarkeit und Respekt
Unvergessliche Vorbilder sind für ihn die Kämpfer für die Wiedererlangung der Reichsfreiheit: Staunen, Dankbarkeit, Respekt hat er für sie. Freiheits sei ein hohes Gut, das dürfe man nie vergessen. Genauso wenig, wie man die Kraft des Glaubens vergessen sollte.
Das Buch ist aber auch ein echtes Gemeinschaftswerk, diesen Aspekt betont Erich Schneider, Gründungsdirektor des Fränkischen Landesmuseums Würzburg. „Frieden und Freiheit sind der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält“, betont Schneider. Tradition und gleichzeitig Fortschritt zu leben, dafür stehe Sennfeld. Für Schneider ist „Zur Freiheit berufen“ aber auch ein Heimatbuch im besten Sinn. Heimat, seine Wurzeln zu kennen und zu schätzen, das sei wichtig.
Brief an die Kinder
Schneider erinnert sich an seine Jugend, als der Begriff Heimat belastet war, auch irgendwie altmodisch war. Er sieht jetzt langsam einen Paradigmen-Wechsel. Ganz besonders gut gefällt ihm der Beitrag von Paul Eichhorn. Ein Brief an die Kinder und Kindeskinder mit dem Titel „Warum Sennfeld meine Heimat war, ist und bleiben wird.“ Diesen Brief hätte ich mir von meinem Vater auch gewünscht, sagt Schneider.
Mit dem Thema „Der Glaube als Heimat“ beschäftigt sich Oberkirchenrat Ernst Dietrich Bezzel. Jeder braucht eine Heimat, sagt er. Er erinnert an Zeiten, in denen Menschen vor der Entscheidung standen: Glaube oder Heimat. Heimatlose, Flüchtlinge, tragen die gleiche Sehnsucht in sich. „Wohl dem, er eine Heimat hat“, zitiert er Friedrich Nietzsche. Dass viele Menschen in Kirche und Glauben keine Heimat mehr finden, macht ihn betroffen.
Geschichte ist Heimat
Leichtfertig und kurzatmig sind seiner Beobachtung nach oft die Gründe für einen Kirchenaustritt. Gleichzeitig sieht der ehemalige Regionalbischof eine universale Heimatlosigkeit. Geschichte ist Heimat, sagt er. „Keine Zukunft ohne Herkunft.“
Im Kampf der Sennfelder für ihre Freiheit im 17. Jahrhundert sieht er Vorboten und Kennzeichen einer Zivilgesellschaft: Soziale Ordnung, Solidarität, Wahl der eigenen Konfession: Das sei wegweisend gewesen – und Wert, in Erinnerung zu bleiben.
Vor 475 Jahren ist Sennfeld, wie Gochsheim, das zweite ehemals Freie Reichsdorf, evangelisch geworden. Das Buch ist auch Teil des Lutherjahres. Heinemann und Helmut Heimrich, damals amtierender Bürgermeister, erinnern an die vielen Veranstaltungen in diesem Jubeljahr und natürlich an das Unesco-Siegel für die Friedensfeste in Sennfeld und Gochsheim. Und bedankten sich wie Verleger Rolf Duscha für den Einsatz vieler, die das Gemeinschaftswerk ermöglicht haben. Auch ein schönes Symbol für die Geschichte des ehemals Freien Reichsdorfes.
Zur Freiheit berufen: Erschienen im Athena Verlag, 272 Seiten, 29,90 Euro. Das Buch ist auch im Sennfelder Rathaus erhältlich.