Dass die Unterfranken-CSU ihren Bezirksparteitag in Sömmersdorf (Lkr. Schweinfurt) ausgerechnet auf einer Bühne abhält, wo sonst das Leiden Jesu Christi im Mittelpunkt steht, ist Corona geschuldet. Im weiten Zuschauer-Rund lassen sich die notwendigen Abstandsregeln eben besonders gut einhalten. Aber irgendwie ist Politik ja in der Regel auch eine Art Passion – Leiden und Leidenschaft gleichermaßen, mit Hauptdarstellern wie dem Messias, den treuen Jüngern oder Judas, dem Verräter. Parallelen zu aktuellen Persönlichkeiten darf sich da jeder selbst suchen.
Markus Söder fällt an diesem Abend nur auf, dass es der Redner auf der Bühne ist, der im Falle eines Sturms im Regen steht, während die 160 Delegierten unterm Dach geschützt sind. Ein Gag natürlich, denn der Ministerpräsident steht unangefochten an der Spitze seiner Partei. Das Ringen um die Kanzlerkandidatur mit CDU-Chef Armin Laschet, dessen Name an diesem Abend kein einziges Mal fällt, hat ihn auch an der Basis in Unterfranken noch einmal gestärkt.
In seiner 35-minütigen Rede verzichtet der Ministerpräsident auf allzu scharfe Töne. Annalena Baerbock, die angeschlagene grüne Kanzlerkandidatin, nennt er bei aller Kritik am Umgang mit den eigenen Ansprüchen, eine "respektable Persönlichkeit". Verbal austeilen tut er ein wenig auch gegen die bürgerliche Konkurrenz ("jede Stimme für FDP oder Freie Wähler ist eine verschenkte Stimme") und dann sehr deutlich – da ist Söder mittlerweile klar wie nie zuvor – gegen die AfD. Deren Versuche, nach dem Messerangriff von Würzburg, "Teile der Bevölkerung gegen andere aufzuhetzen", müsse man die "rote Karte" erteilen: "So etwas wollen wir in Bayern nicht haben."
Es sei die CSU, die den Freistaat, es sei die Union, die Deutschland zusammenhalte, formuliert Söder seinen Führungsanspruch. Eine Mischung aus Bodenständigkeit und Weltoffenheit, aus Tradition und Modernität sei gefragt. Selbstverständlich sei der Klimawandel ("Unterfranken ist ein Dürregebiet") eine große Herausforderung , aber es gelte zu verhindern, "dass aus der ökologischen eine neue soziale Frage" werde. Ehrgeizige Klimaziele und Wohlstand dürften sich nicht ausschließen, sagt der Ministerpräsident. Statt Verzicht und Verbote zu fordern, bräuchte es Anreize für Bürger und Unternehmen, auch steuerlicher Art.
98,7 Prozent für Gerhard Eck
In seiner Rede spart Markus Söder nicht mit Lob für die Anwesenden. Unterfranken sei längst die "eigentliche Hochburg der CSU". Garant dafür sei Gerhard Eck., "ein Super-Staatssekretär und loyaler Teamplayer". Die Worte wirken. Der 61-Jährige aus Donnersdorf (Lkr. Schweinfurt), der seit zehn Jahren an der Spitze des Bezirksverbands steht, wird später in geheimer Wahl mit 98,7 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Eck betont in seinem Rechenschaftsbericht unter anderem, dass es gelungen sei, die CSU auf Bezirksebene bei den Mandatsträgern und in den Führungsgremien weiblicher und jünger aufzustellen. Gleichwohl liegt das Durchschnittsalter der 15 100 Mitglieder in Unterfranken bei 61,8 Jahren, nur 22 Prozent sind Frauen.
Bei der Wahl der stellvertretenden Bezirksvorsitzenden setzen sich erneut Winfried Bausback (Aschaffenburg), Anja Weisgerber (Schwebheim), Thomas Bold (Bad Kissingen) und Karoline Ruf (Theilheim) durch, neu hinzu kommt Thorsten Schwab (Hafenlohr). Das beste Stimmergebnis erzielt mit 84,7 Prozent Ex-Justizminister Bausback.
Hohe Auszeichnung für Michael Glos
Das erste Präsenz-Treffen seit langem nutzt die CSU Unterfranken auch, um eine ihrer erfolgreichsten Persönlichkeiten mit der "Goldenen Ehrenraute" auszuzeichnen. Sichtlich gerührt nimmt der 76-jährige Michael Glos die Ehrung durch Eck und Söder entgegen. 37 Jahre, von 1976 bis 2013, vertrat der Müllermeister aus Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen) den Wahlkreis Schweinfurt im Bundestag, von 2005 bis 2009 war er Bundeswirtschaftsminister. Den meisten Einfluss hatte Glos, als er zwischen 1993 und 2005 Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag war.
Gestört wird die CSU-Harmonie an diesem Abend derweil von rund 50 Bauern, die mit ihren Traktoren nach Sömmersdorf gekommen sind, um am Rande des Parteitags gegen die Agrarpolitik der CSU zu protestieren. Entgegen der Aussagen im Wahlkampf stimme auch die CSU regelmäßig "neuen Auflagen" zu, die die Landwirtschaft belasteten, sagt Claus Hochrein, Sprecher der Initiative "Land schafft Verbindung". Zuletzt sei dies beim "Insektenschutzpaket" der Fall gewesen. Der Weiterbestand vieler Höfe in der Region sei gefährdet, sagen die Bauern.
CSU-Abgeordnete wie die Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber und der Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab zeigen im Gespräch mit den Landwirten Verständnis für deren Sorgen, die Verantwortung für die neuen Gesetze aber schieben sie lieber auf ihre Koalitionspartner, die SPD in Berlin und die Freien Wähler in in München. Die CSU habe hier eher "Schlimmeres für die Bauern" verhindert, so Weisgerber. Hochrein überzeugt das nicht: "Da wird doch nur der schwarze Peter hin- und hergeschoben."