Am Anfang steht ein großer Betrug: Vor acht Jahren schaffte eine Mitarbeiterin des städtischen Bafög-Amtes mit 41 Überweisungen knapp 300.000 Euro auf das eigene Konto und das ihres Ehemannes. Als es auffiel, wurde ihr neu gebautes Haus durchsucht, sie wurde 2018 zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Strafe hat die heute 34-Jährige längst verbüßt.
Doch kurz nachdem der Betrug im Frühjahr 2016 aufgeflogen war, soll ihr Würzburger Strafverteidiger auf die Idee gekommen sein, den Zugriff der geschädigten Stadt Schweinfurt auf den einzig wertvollen Vermögensanteil seiner untreuen Ex-Angestellten zu verhindern. Dazu sollte sie zunächst ihre Haushälfte im Wert von 180.000 Euro an ihren Ehemann übertragen. Ziel: Das Zuhause retten, damit das Ehepaar mit zwei kleinen Kindern nicht auf der Straße sitzen würde. Also wurde der Gatte Alleineigentümer und ließ sich eine Eigentümerbriefgrundschuld im Grundbuch eintragen.
Zugriff der Stadt vereiteln
Zusätzlich soll der Anwalt eingefädelt haben, dass der Ehemann einer GmbH für "Debitorenmanagement", betrieben von ehemaligen Mandanten, ein notarielles Schuldanerkenntnis über 200.000 Euro abgab – ohne jede Leistung und Rechtfertigung dafür. So sollte nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft der Zugriff der Stadt Schweinfurt auf das Vermögen seiner Ex-Mitarbeiterin im Rahmen einer Pfändung endgültig unmöglich gemacht werden. Die Stadt stellte Strafantrag, es kam zum Verfahren gegen den Anwalt wegen Beihilfe zum Vereiteln der Zwangsvollstreckung.
Vor dem Amtsgericht Schweinfurt gab es Ende Januar 2021 aber einen Freispruch, den neben dem Verteidiger sogar der Staatsanwalt beantragt hatte. Grund: Die Eheleute hatten als Zeugen ausgesagt, sie hätten nie die Absicht gehabt, die Stadt zu schädigen. Sie hätten auch gar nicht verstanden, wozu die Verschiebung einer Haushälfte von ihr auf ihn und dann noch das Schuldanerkenntnis für die GmbH nötig waren. Sie hätten gedacht, auf diese Weise wolle die GmbH den Schaden der Stadt Schweinfurt regulieren, etwa durch die Vereinbarung von Ratenzahlungen. Als sich ewig nichts getan habe, hätten sie selbst über einen Makler den Verkauf des Hauses in die Wege geleitet, das sei längst geschehen.
Freispruch ja – Berufung auch
Da kein Vorsatz zum Verhindern der Zwangsversteigerung vorlag, könne es dazu auch keine Beihilfe gegeben haben, war man sich am Amtsgericht am Ende einig: Also Freispruch, wenn auch der Vorsitzende die Ratschläge des Anwalts als "erheblich grenzwertig" monierte. Die Staatsanwaltschaft überlegte es sich dann doch anders und ging in Berufung. Zwei Zeugen seien nicht gehört worden, deren Aussagen zu einem anderen Ergebnis führen könnten: eine Juristin, die damals für den angeklagten Anwalt und gleichzeitig als Justiziarin für die GmbH tätig gewesen sei, an die das grundlagenlose Schuldanerkenntnis ging.
Diese Zeugin meinte jetzt vor der Berufungskammer, nicht der Angeklagte habe zur Verschiebung des Hausanteils von der Frau an den Ehemann geraten, sondern letzterer habe Angst um den Verlust des Hauses geäußert. Der Vorsitzende hielt ihr dann ihre Aussage als Zeugin vor dem Arbeitsgericht vor. Da habe sie gesagt, der Strafverteidiger der untreuen Bafög-Mitarbeiterin habe ihr dazu geraten – der Angeklagte also.
Der Prozess wird am 8. August fortgesetzt. Zwei Zeugen sollen noch gehört werden, darunter der Geschäftsführer jener GmbH, die sich damals die grundlose 200.000-Euro-Schuldanerkenntnis hat geben lassen. Dann ist auch mit Plädoyers und Urteil zu rechnen.