Ihren Job im Rathaus der Stadt Schweinfurt, wo sie von April 2013 bis zum Eintritt in ihre Elternzeit im Oktober 2015, für die Bearbeitung von Antragen zur elternunabhängigen Ausbildungsförderung zuständig war, hat eine heute 30-Jährige weidlich ausgenutzt um sich erkleckliche Summen auf ihr eigenes oder das Konto ihres Mannes zu überweisen.
Wegen 41 solcher Fälle, bei denen zusammen 295 000 Euro zu ihren Gunsten aber völlig unberechtigt überwiesen wurden, hat sie sich nun vor der Großen Strafkammer des Landgerichts in Schweinfurt zu verantworten. Mitangeklagt ist ihr 41-jähriger Ehemann. Der soll, so die Anklageschrift, zumindest von den strafbaren Überweisungen gewusst und diese billigend in Kauf genommen haben.
Personen erfunden und hinterher versucht, die Überweisungen zu verschleiern
Die Vorgehensweise der Angeklagten war immer ähnlich. Sie legte Förderanträge nicht existenter Antragsteller an, oder veränderte Daten tatsächlich bestehender Anträge. Waren die Vorgänge erst einmal angelegt, die Stamm- und Vorgangsdaten generiert, dann ging alles seinen Gang bis schließlich die Überweisung veranlasst wurde. Immer dabei im manipulierten Paket war neben der monatlichen Bafög-Zahlung eine ansehnliche Nachzahlung, die auch schon einmal über 10 000 Euro liegen konnte.
Als die Steuernummern kamen flog alles auf
Um hohe Nachzahlungssummen zu verschleiern, löschte oder änderte die Angeschuldigte auf den ausgedruckten Banken- und Auszahlungslisten die Summen der Nachzahlungen. Oft wurde zum Beispiel die Tausenderstelle gestrichen, so wurde etwa aus einer Nachzahlung von 9675 Euro eine von 675 Euro. Auch für die bevorstehende Elternzeit sorgte die Angeklagte vor, indem sie auch für diese Zeit Überweisungen veranlasste. Herausgekommen waren die Straftaten, als im Februar 2016, wie damals vom Gesetzgeber verlangt, die Steuernummern der Studenten nachgetragen werden mussten und dabei auffiel, dass völlig unterschiedliche Vorgänge auf immer das gleiche Handvoll Konten floß.
Angeklagte voll geständig – Angst vor Armut als Grund
Vor Gericht räumte die Frau die Taten vollumgänglich ein. Von Existenz- und Verarmungsängsten sei sie getrieben gewesen. Eine große Rolle habe dabei der gemeinsame Hausbau in einer Landkreisgemeinde, wofür man einen Kredit von 300 000 Euro aufgenommen habe, gespielt. Ihr Mann habe von all dem nichts gewusst. Geldangelegenheiten rund um den Hausbau seien alleine ihre Angelegenheit gewesen während der Mann neben seiner Arbeit jede freie Stunde auf der Baustelle verbracht habe um mit anzupacken und Kosten zu sparen.
Vier-Augen-Prinzip geschickt umgangen
Es sei auch nicht weiter schwer gewesen, das Vier-Augen-Prinzip, das für die Bewilligung der Anträge vorgeschrieben ist, zu umgehen. Bei Urlaubsengpässen habe man auch mal das Passwort der Kollegein verwendet um Anträge zügig weiterbearbeiten zu können. Der Prozentsatz der Fälle, der gesetzlich vorgeschrieben und systemimmanent gegenkontrolliert werden musste, sei mit fünf Prozent relativ niedrig gewesen.
Versuche, das Haus zu retten
Um Schadenswiedergutmachung gegenüber der Stadt Schweinfurt sei sie bemüht, so die Angeklagte, weswegen zum Beispiel das Haus verkauft werden soll. Aber das ist nicht so einfach. Offenbar gab es seitens der Hausbesitzer auch nach Aufdeckung der Straftaten noch Versuche, das Haus für sich selbst zu retten. So wurde zunächst das halbe Eigentum der Frau auf den Mann überschrieben, außerdem existiert ein Grundschuldbrief, der zu Rettung des Hauses an Dritte abgetreten wurde. Hürden, die, so die Ansicht von Staatsanwalt und Gericht, errichtet wurden um den Verkauf und damit die Befriedigung der finanziellen Ansprüche der Stadt Schweinfurt zu erschweren.
Gemeinsam wird dem Ehepaar vorgeworfen, rund 120 000 Euro aus dem ergaunerten Geld für sich verwendet, zumeist in das Haus gesteckt zu haben. Da durfte es dann gerne auch mal die teurere Küche und die hochwertigeren Haushaltsgeräte sein. Weitere rund 100 000 Euro, die sich noch auf Konten der Frau befanden, wurden gepfändet. Der Gatte, der zunächst zu den Vorwürfen schwieg, sich im Laufe der Verhandlung aber doch zu den Vorwürfen einließ, betonte, von allem nichts gewusst zu haben. Mit Einsparungen, die man durch die Eigenleistungen erzielt habe, seien ihm die möglichen Mehrausgaben in anderen Bereichen von seiner Frau erklärt worden.
Die Lücken im Sicherheitssystem
Vertreter der Behörde, die in Schweinfurt für die Ausbildungsförderung zuständig sind und die als Zeugen geladen waren, gaben Einblicke in die Arbeitsweise ihres Amtes. Arbeitsweisen, die bayernweit gleich zu sein haben. Mit den damals gültigen Sicherheitsmechanismen seien die manipulierten Überweisungen nicht zu verhindern gewesen. Inzwischen wurde bayernweit die Zahl der zwingend doppelt und dreifach zu kontrollierenden Anträge auf 20 Prozent erhöht. Zudem galt die Mitarbeiterin als kompetent und vertrauenswürdig. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.