Vom Schweinfurter Gefängnis zum Gericht sind es wenige hundert Meter. Pünktlich brachte die Polizei den Angeklagten trotzdem nicht zu seinem Verfahren am Donnerstagmorgen. Er fehlte als einziger um 9 Uhr, eine Demo war offenbar wichtiger. Die Vorsitzende der Großen Strafkammer musste telefonieren lassen, um den Prozess eröffnen zu können.
Um 9.23 Uhr wurde der Angeklagte dann in Handschellen vorgeführt. Ihm wird vorgeworfen, unter Missachtung eines kurz vorher ergangenen absoluten Kontaktverbotes in der Nacht des 27. Juli letzten Jahres in das Haus seiner getrennt lebenden Partnerin in einem Dorf im Landkreis Rhön-Grabfeld eingebrochen zu sein, um sie zu töten und zu "entsorgen". Genau so soll er es ihr wörtlich gesagt haben.
Ihr Glück könnte gewesen sein, dass sie durch ein Geräusch wach geworden war, Licht sah und sofort befürchtete, es könnte ihr Ex sein. Sofort verständigte die Verkäuferin die Polizei, die sich mit drei Streifenwagen auf den Weg in das Dorf machte.
Polizisten traten die Tür der Wohnung ein
Im Flur sah die Frau erst einen Schatten und dann tatsächlich ihren Ex-Gefährten, als dieser seine Stirnlampe anknipste. Dann habe er sie auf den Boden und sich auf sie geworfen, seine Hand auf ihren Mund gepresst und gesagt "Halt bloß die Fresse" – plus eine ordinäre Beleidigung.
So schildert es die Frau, die als Nebenklägerin auftritt, vor dem Landgericht Schweinfurt. Weil sie bei dem Angriff ins Katzenfutter gefallen war, habe der 52-Jährige ihr befohlen: "Jetzt räumst du das auf, machst alle Spuren weg, dann entsorge ich dich."
"Ich hab' extra langsam gemacht und gehofft, dass die Polizei endlich kommt", sagt die Geschädigte. Als ihr Ex mitbekam, dass Streifenwagen draußen anhielten, habe er sie im Eingangsbereich des Hauses erneut auf den Boden geworfen, ihr mit einer Hand den Mund zugehalten und mit der anderen den Hals zugedrückt.
Polizisten retteten dem Opfer das Leben
Die Anklage formuliert es so: Angesichts der eintreffenden Beamten habe sich der 52-Jährige entschlossen, "seine Tötungsabsicht sofort in die Tat umzusetzen". Das Opfer aber konnte so laut um Hilfe rufen, dass es die Polizisten hörten, umgehend zu zweit die Tür eintraten und den Mann festnahmen. Nur dadurch konnte die Frau "vor dem vom Angeklagten beabsichtigten Versterben gerettet werden", heißt es in der Anklageschrift. Hämatome, Prellungen und Schürfungen habe das Opfer erlitten und "unter Panik und Todesangst gestanden".
Sieben Wochen davor soll der Angeklagte seine Partnerin, mit der er 14 Jahre lang in deren Haus zusammenlebte, beim Streit körperlich attackiert und ihr Handy zerstört haben, worauf sie ein gerichtliches Kontaktverbot erwirkte, das ihn zur sofortigen Räumung der Wohnung verpflichtete.
Täter war für die Polizei kein Unbekannter
Der Mann war der Polizei in der Rhön auch durch andere aggressive Auftritte bekannt. So soll er seinen Nachbarn bedroht und beleidigt haben: Er werde ihn "umbringen, zerschneiden", habe er gesagt und auf sein Teppichmesser gezeigt. Seine Familie wolle er "verbrennen". Das bestätigte der Nachbar, der die Aussage verweigern wollte, nach eindringlicher Ermahnung durch die Vorsitzende schließlich im Zeugenstand.
Anfang Mai 2022 löste der Angeklagte beim Jubiläum des Motoradclubs "The Lions MC Rhön" einen größeren Polizeieinsatz aus. Weil er nach aggressivem Auftritt bei der Feierlichkeit dem Platzverweis des MC-Präsidenten nicht gefolgt war, rief dieser die Polizei, die den erheblich Alkoholisierten am Ende mit fünf Beamten fesseln musste, um den Platzverweis durchzusetzen und den Mann in Gewahrsam zu nehmen. Das bestätigten die eingesetzten Beamten als Zeugen. In derselben Nacht wurde der Angeklagte noch in eine psychiatrische Klinik gebracht.
Angeklagt wegen Bedrohung, Beleidigung und versuchtem Totschlag
Insgesamt listet die Anklage mehrere Bedrohungen, Beleidigungen und Körperverletzungen, ferner Hausfriedensbruch, einen Verstoß gegen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz und schließlich versuchten Totschlag auf.
Einen Teil der Vorwürfe lässt der Angeklagte durch seine Verteidigerin einräumen und für seine Ausfälle beim Motorradclub sogar eine Entschuldigung abgeben. Ansonsten schweigt er bisher und folgt dem Geschehen mit sehr tief gesenktem Kopf.
Am Rosenmontag, 20. Februar, 9 Uhr, wird der Prozess fortgesetzt. Dann sollen die psychiatrische Sachverständige und die Rechtsmedizinerin ihre Gutachten vorstellen.